Champions League Nagelsmann vs. Tuchel – der Stift und sein Meister

Tobias Benz

18.8.2020

Julian Nagelsmann (l.) und Thomas Tuchel arbeiteten einst zusammen in der 2. Mannschaft des FC Augsburg. Nun treffen sie im Halbfinale der Champions League aufeinander.
Julian Nagelsmann (l.) und Thomas Tuchel arbeiteten einst zusammen in der 2. Mannschaft des FC Augsburg. Nun treffen sie im Halbfinale der Champions League aufeinander.
Bild: Keystone

Das Duell zwischen Julian Nagelsmann und Thomas Tuchel im Champions-League-Halbfinale ist mehr als nur das Aufeinandertreffen zweier deutscher Trainer. Es ist ein Wiedersehen zwischen Mentor und Schützling.

Julian Nagelsmann will die alten Geschichten aus Augsburg nicht mehr hören. Die gemeinsame Historie mit seinem grossen Halbfinal-Konkurrenten Thomas Tuchel von Paris Saint-Germain nervt den Trainer von RB Leipzig fast schon ein bisschen. «Ich war sein Spieler, mehr nicht. Es wird mehr Hype darum gemacht und spektakulärer dargestellt, als es war», sagt der 33-Jährige am Vorabend des Showdowns um den Einzug ins Endspiel der Fussball-Königsklasse gegen seinen früheren Trainer und heutigen PSG-Coach Thomas Tuchel.

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Wenige Stunden zuvor hatte jener Thomas Tuchel auf dem gleichen roten Stuhl im Estádio da Luz von Lissabon gesessen, seinen gebrochenen Fuss hoch gelegt und eine ungewöhnliche Lobesrede auf seinen einstigen Zögling gehalten. «Es ist schwer, weil wir wissen, dass Julian gerne die Taktik ändert, dass sie die Taktik von Spiel zu Spiel und auch während des Spiels ändern. Es ist schwerer, ein Spiel gegen RB vorzubereiten als gegen Atlético Madrid. Es ist eine Herausforderung», sagte Tuchel.

Sollte Paris Saint-Germain deswegen am Dienstagabend in Schwierigkeiten geraten, muss sich der 46-Jährige die Schuld selber in die Schuhe schieben – trägt er doch grossen Anteil daran, dass dieses Duell überhaupt erst stattfindet.

Thomas Tuchel geht derzeit an Krücken.
Thomas Tuchel geht derzeit an Krücken.
Bild: Getty

Gemeinsame Vergangenheit bei Augsburg

Ein bisschen mehr als Tuchels Spieler war Nagelsmann in Augsburg nämlich schon. Als der heutige Leipzig-Coach mit 20 Jahren seine Fussballkarriere aufgrund einer schweren Knieverletzung aufgeben muss, hat er noch nicht im Sinne, Trainer zu werden. Aber das ändert sich schnell.

Tuchel sieht grosses Potenzial bei seinem verletzten Innenverteidiger und befördert ihn aufgrund seines Spielverständnisses und seiner analytischen Fähigkeiten kurzerhand in den Trainerstab der 2. Mannschaft. Nagelsmann soll für ihn die nächsten Gegner in der Regionalliga Bayern beobachten.

«Das war witzig, am Anfang bin ich mit meiner heutigen Frau zu den Spielen der Gegner gefahren. Sie hat mit der Handkamera gefilmt, und ich habe parallel dazu Notizen gemacht. Zettel, Stift und Handkamera – mehr gab es nicht», erinnert sich der heute 33-Jährige im «Spiegel». 

Nagelsmanns Analysen kommen bei Tuchel sehr gut an, und der Trainer gibt seinem Schützling einen Stoss: «Nachdem ich ein paar Mal die Gegner gescoutet hatte, sagte Thomas zu mir, ich solle doch Trainer werden, wenn ich nicht mehr spielen könne. Er glaube, dass ich talentiert sei dafür – durch die Art und Weise, wie ich ticke und wie ich spreche. Ich solle das auf jeden Fall probieren.»

«Hatten nie ein inniges Verhältnis»

Wenig später heuert ein wissbegieriger Nagelsmann bei 1860 München als Co-Trainer der U-17 an. Von da an nimmt die Karriere ihren Lauf – und wie. Bereits im Alter von 28 Jahren übernimmt er als jüngster Bundesliga-Trainer der Geschichte bei Hoffenheim und führt die vom Abstieg bedrohte Mannschaft zum Klassenerhalt. 

Fünf Jahre später gelingt Nagelsmann mit RB Leipzig der Einzug ins Halbfinale der Champions League und damit der absolute Durchbruch als Elite-Trainer. Als nächste Prüfung steht das Duell mit seinem ehemaligen Mentor an. «Thomas Tuchel hat immer eine Idee vom Fussball und kann die seiner Mannschaft vermitteln», so der Leipzig-Coach vor dem Aufeinandertreffen. «Es wird sehr spannend, wie wir diesen Speed wegkriegen und den Gegner so bearbeiten, dass wir selber Torchancen erspielen.»

Eine spezielle Verbindung haben die beiden Trainer aber nicht mehr. Zu lange sei es her, meint Nagelsmann. «Ich bin im Tagesgeschäft, genau wie er. Wir hatten noch nie ein extrem inniges Verhältnis. Er ist ein normaler Kollege, wie alle anderen auch.»

Das Duell RB Leipzig – Paris Saint-Germain können Sie ab 21:00 Uhr live auf Teleclub mitverfolgen.


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