Keine zwei Minuten nach Anpfiff gelingt Leipzigs Sesko das 1:0 gegen Real Madrid – doch der Treffer zählt nicht wegen Abseits. Während Real-Star Toni Kroos die Wut der Leipziger verstehen kann, halten sein Trainer und Experten dagegen.
Ein Tor nach 97 Sekunden im Achtelfinale der Champions League, Traumstart gegen Real Madrid – doch der Treffer von Benjamin Sesko für RB Leipzig zählte nicht. Zum grossen Unverständnis von Sportdirektor Rouven Schröder. «Ich weiss nicht, was wir verbrochen haben, dass wir das Tor nicht bekommen, das war eine Fehlentscheidung. Es wäre mit dem 1:0 ein ganz anderes Spiel geworden», schimpft der 48-Jährige.
Das Schiedsrichter-Gespann aus Bosnien-Herzegowina um Irfan Peljto entschied in der Szene auf Abseits und wurde auch von Video-Schiedsrichter Pol van Boekel aus den Niederlanden nicht korrigiert. Dabei stand Sesko bei seinem Kopfball nicht im Abseits – und Benjamin Henrichs war im Rücken von Goalie Andrij Lunin nicht wirklich involviert. Coach Marco Rose meint nach der 0:1-Niederlage am Dienstagabend: «Keine Ahnung, was gepfiffen wurde – es war kein Abseits, es war kein Foul.»
Der 47-Jährige wollte dennoch «keine Schiri-Story draus machen». Wichtig sei ihm viel mehr die Einsicht. «Wenn er sich es anguckt, dann gesteht er sich den Fehler ein. Wenn er es macht, dann bin ich auch fein damit. Ich mache auch Fehler, manchmal zwei, drei am Tag. Wichtig ist, dass man dazu steht.» Möglicherweise sei der Unparteiische bei seiner Premiere in einer K.-o.-Runde in der Königsklasse etwas aufgeregt gewesen, fügt Rose süffisant an.
Toni Kroos kann die Wut der Leipziger nachvollziehen. «Was soll ich sagen? Ich denke, er pfeift am Ende Abseits, weil er ihn behindert. Aber der Torwart erreicht niemals den Ball, wo er hinkommt. Von daher war es ein Tor, das hätte man geben müssen», räumte der Mittelfeldstratege der Königlichen bei Prime Video (via Kicker) ein und konnte auch mit der Real-Brille keine Gründe finden, dieses Tor nicht zählen zu lassen: «Da komme ich jetzt nicht raus, da finde ich keine Argumente.»
Ancelotti, Meier, Reif und Henry finden Entscheid richtig
In den Fussball-Studios findet man dann aber doch Argumente. blue Sport Schiri-Experte Urs Meier erklärt, weshalb für ihn der Entscheid korrekt ist: «Ein Spieler, der im Offside ist, der darf nicht aktiv werden. Und er wird halt mit dieser Aktion – er läuft in den Torhüter – aktiv», betont der Aargauer.
Auch Marcel Reif findet mehr Gründe dafür, den Treffer abzuerkennen, auch wenn im Strafraum per se viel Bewegung herrsche. «So fürchterlich aktiv wird er nicht, aber er wird aktiv – und wenn das gesehen wird, dann tut es halt ‹Aua›.» Der 74-Jährige resümiert: «Für mich ist es zu 70 Prozent richtig entschieden, zu 30 Prozent hätte man eventuell mit einem Leipziger Auge durchgehen lassen können.»
Real-Trainer Carlo Ancelotti sieht hingegen keinen Spielraum: «Der Spieler hat ihn geschoben, was dann meiner Meinung nach ein ziemlich klares Abseits war.» Kurzum: Torhüter-Behinderung.
Seine Meinung revidieren musste Thierry Henry, der als Experte bei «CBS» im Einsatz stand. Der Franzose glaubt zwar ebenfalls nicht, dass die Heinrich-Aktion eine Auswirkung auf den Ausgang der Aktion gehabt hätte. «Aber wenn man sich in einer Abseitsposition befindet und in den Weg des Torhüters läuft, wird es als Abseits gewertet.»
Der frühere Weltklasse-Stürmer führt aus: «Es gibt eine Regel, die wir alle kennen: Wenn man sich in einer Abseitsposition befindet und sich nicht einmischen will, einfach die Hände hochnehmen oder sich nicht bewegen.»
Sein Fazit ist klar: «Es ist kein massiver Stoss, aber er hat aus einer Offside-Position heraus gehandelt.»