In der Gruppe B aspirieren mit Spanien, Italien und Kroatien drei Teams auf den ersten Platz. Albanien ist in der Rolle des Spielverderbers.
Nach der Auslosung war die Bezeichnung für die Gruppe B schnell gefunden. Die «Todesgruppe» vereint Mitfavorit Spanien mit Titelverteidiger Italien und den Kroaten, die an den letzten beiden WM-Turnieren den Titel nur knapp verpasst haben. Albanien hätte sich für die zweite EM-Teilnahme wohl ein einfacheres Los gewünscht. Aber das Team vom Balkan hat Potenzial, einen Grossen ins Straucheln zu bringen.
Spanien: Auch die neue Generation kann Titel gewinnen
Die goldene spanische Generation, die zwischen 2008 und 2012 zweimal Europameister und einmal Weltmeister wurde, ist längst Geschichte. Dass aber auch die jetzigen Spieler der «La Roja» zu den besten des Kontinents gehören können, zeigte die Mannschaft von Luis de la Fuente in der Nations League. Nach der Gruppenphase, in der die Spanier unter anderen die Schweiz hinter sich liessen, besiegten sie im Halbfinal erst Italien, ehe sie sich gegen Kroatien im Penaltyschiessen den Titel holten.
Nach der Enttäuschung an der WM in Katar, als das Turnier gegen Überraschungsteam Marokko ungeplant früh in den Achtelfinals zu Ende ging, war der Triumph am Finalturnier in der Niederlande eine kleine Genugtuung – und eben ein Signal an die Konkurrenz, dass Spanien auch nach Iker Casillas, Sergio Ramos, Sergio Busquets und David Villa Titelkandidat sein kann. Rodri und Pedri sollen im Mittelfeld die Fäden ziehen, Ferran Torres und Alvaro Morata für Tore sorgen. Und dann ist da noch das 16-jährige Supertalent Lamine Yamal, das beim FC Barcelona entzückt und zum jüngsten EM-Teilnehmer der Geschichte werden könnte.
Spanien in Zahlen. – Einwohner: 48 Mio. – Hauptstadt: Madrid. – FIFA-Ranking: 8. – Bisherige Teilnahmen an EM-Endrunden (11): 1964, 1980, 1984, 1988, 1996, 2000, 2004, 2008, 2012, 2016, 2021. – Bestes EM-Resultat: Sieger (1964, 2008 und 2012). – Beste Torschützen in der EM-Qualifikation: Joselu und Alvaro Morata (je 4 Tore). – Rekordspieler: Sergio Ramos (180 Spiele). – Rekordtorschütze: David Villa (59 Tore). – Bekannteste Spieler: Dani Carvajal, Pedri, Rodri, Alvaro Morata und Lamine Yamal. – Trainer: Luis de la Fuente (ESP, seit 2023).
Kroatien: Mit dem WM-Gesicht an die EM
An Weltmeisterschaften waren die Kroaten zuletzt mehrmals nahe am ganz grossen Coup. Nach dem verlorenen Final 2018 sicherte sich Kroatien an der letzten WM in Katar Rang 3. An Europameisterschaften fand der Kampf um Medaillen bisher ohne die Kroaten statt. Zweimal schafften sie es an einer EM in die Viertelfinals. Seit dem letzten Vorstoss unter die besten acht Teams 2008 blieb Kroatien jedoch entweder in der Gruppenphase oder den Achtelfinals hängen.
Nach der WM war über einen Rücktritt von Captain Luka Modric spekuliert worden. Doch der bald 39-jährige Mittelfeldstratege von Real Madrid ist im Ensemble von Trainer Zlatko Dalic nach wie vor ein wichtiger Bestandteil. Wobei die Kroaten angesichts ihrer alternden Stars immer auf der Suche sind nach der perfekten Mischung zwischen aufstrebenden Talenten wie Josko Gvardiol und erfahrenen Routiniers wie Andrej Kramaric.
Kroatien in Zahlen. – Einwohner: 4 Mio. – Hauptstadt: Zagreb. – FIFA-Ranking: 10. – Bisherige Teilnahmen an EM-Endrunden (6): 1996, 2004, 2008, 2012, 2016, 2021. – Bestes EM-Resultat: Viertelfinal (1996 und 2008). – Bester Torschütze in der EM-Qualifikation: Andrej Kramaric (4 Tore). – Rekordspieler: Luka Modric (174 Spiele). – Rekordtorschütze: Davor Suker (45 Tore). – Bekannteste Spieler: Luka Modric, Andrej Kramaric, Josko Gvardiol, Mateo Kovacic und Ivan Perisic. – Trainer: Zlatko Dalic (CRO, seit 2017).
Italien: Titelverteidiger in neuem Gewand
Eigentlich könnte die Ausgangslage für die Italiener nicht viel besser sein. Nach der verpassten WM 2018 triumphierten die Azzurri an der EM 2021. Danach blieben sie in der Qualifikation zur WM 2022 hängen. Geht die Reihe weiter, wird Italien am 14. Juli in Berlin den dritten EM-Titel bejubeln können.
Im Vergleich zum Team, das 2021 im Londoner Wembley Gastgeber England im Penaltyschiessen in die Knie zwang, gab es bei den Italienern jedoch schon Veränderungen. Mit Giorgio Chiellini und Leonardo Bonucci sind beispielsweise zwei frühere Eckpfeiler der Verteidigung weg, und Roberto Mancini trainiert mittlerweile in der saudiarabischen Wüste. Mancinis Nachfolger Luciano Spalletti hat den Generationenwechsel weiter vorangetrieben, sodass der ganz grosse Coup wie vor drei Jahren unwahrscheinlich scheint.
Eine Statistik lässt die Titelverteidigung zudem auch nicht realistischer erscheinen: In der Geschichte der 16 bisherigen EM-Turniere ist es mit Spanien (2008 und 2012) erst einem Team gelungen, die Trophäe zweimal in Folge zu holen.
Italien in Zahlen. – Einwohner: 60 Mio. – Hauptstadt: Rom. – FIFA-Ranking: 9. – Bisherige Teilnahmen an EM-Endrunden (10): 1968, 1980, 1988, 1996, 2000, 2004, 2008, 2012, 2016, 2021. – Bestes EM-Resultat: Sieger (1968 und 2021). – Bester Torschütze in der EM-Qualifikation: Davide Frattesi (3 Tore). – Rekordspieler: Gianluigi Buffon (176 Spiele). – Rekordtorschütze: Gigi Riva (35 Tore). – Bekannteste Spieler: Gianluigi Donnarumma, Riccardo Calafiori, Nicolò Barella, Jorginho und Federico Chiesa. – Trainer: Luciano Spalletti (ITA, seit 2023).
Albanien: Abrashi als Sinnbild
Die Albaner holten sich zum zweiten Mal nach 2016 ein Ticket für ein grosses Turnier. Und die Mannschaft aus dem Balkan tat dies, indem sie sportlich überzeugte. Zum ersten Mal überhaupt schloss Albanien nämlich eine Qualifikation auf Platz 1 ab. Den favorisierten Tschechen blieb Rang 2, Polen musste gar den Umweg über die Playoffs nehmen. Entsprechend gross ist die Hoffnung im Land, dass diesmal die Gruppenphase überstanden werden kann.
Gecoacht werden die Albaner seit Anfang 2023 vom Brasilianer Sylvinho, der in seiner Aktivzeit unter anderem für Arsenal und den FC Barcelona gespielt hat. Der 50-Jährige hält grosse Stücke auf Amir Abrashi. Der GC-Captain ist der einzige Spieler im Aufgebot, der schon 2016 dabei war. Mit seinen Eigenschaften und seinem Mut repräsentiere Abrashi den Geist dieses Teams am besten, lobte Sylvinho unlängst. Ausserdem werde er mit seiner Erfahrung sehr wichtig sein.
Albanien in Zahlen. – Einwohner: 2,8 Mio. – Hauptstadt: Tirana. – FIFA-Ranking: 66. – Bisherige Teilnahmen an EM-Endrunden (1): 2016. – Bestes EM-Resultat: Gruppenphase (2016). – Bester Torschütze in der EM-Qualifikation: Nedim Bajrami und Jasir Asani (je 3 Tore). – Rekordspieler: Lorik Cana (93 Spiele). – Rekordtorschütze: Erjon Bogdani (18 Tore). – Bekannteste Spieler: Arlind Ajeti, Berat Djimsiti, Amir Abrashi und Kristjan Asllani. – Trainer: Sylvinho (BRA, seit 2023).