Die letzten Duelle gegen Deutschland Als die Fäuste flogen, Blut floss und Patrick Fischer um seinen Job bangen musste

Von Marcel Allemann

2.6.2021

Beim Prestige-Duell Schweiz - Deutschland geht es oft hart zur Sache: Hier geraten an den Olympischen Spielen 2018 Thomas Rufenacht (r) und Christian Ehrhoff aneinander.
Beim Prestige-Duell Schweiz - Deutschland geht es oft hart zur Sache: Hier geraten an den Olympischen Spielen 2018 Thomas Rufenacht (r) und Christian Ehrhoff aneinander.
Bild: Keystone

Das Prestigeduell entscheidet in Riga über den Einzug in die WM-Halbfinals. So verliefen die letzten fünf Duelle an grossen Turnieren zwischen der Schweiz und Deutschland.

Von Marcel Allemann

2.6.2021

Olympische Spiele 2018 in Pyeongchang, Achtelfinal, Schweiz – Deutschland 1:2 n.V.

Deutschland sollte für die Schweiz eigentlich bloss eine Durchgangsstation sein, die Nati hegte damals olympische Medaillenträume. Doch es kam anders: Nach einer enttäuschenden Leistung musste die Nati in Südkorea die Koffer packen. Die Partie begann schon miserabel, nach nur neun Sekunden kassierte Cody Almond für einen völlig unnötigen und brutalen Check gegen den Kopf von Christian Ehrhoff einen Restausschluss. Den daraus resultierenden 0:1-Rückstand konnte die Schweiz durch Simon Moser noch ausgleichen, doch in der Endphase der Partie baute die Nati massiv ab und erhielt nach nur 26 Sekunden in der Verlängerung die Quittung. Yannic Seidenberg beendete die Schweizer Träume.

Für Patrick Fischer war das bis zum heutigen Tag seine grösste Niederlage in seiner fünfeinhalbjährigen Amtszeit als Nationaltrainer. Er geriet nach dem missglückten Olympia-Abenteuer unter Druck und hätte er drei Monate später auch noch die WM in Kopenhagen in den Sand gesetzt, wäre er seinen Job vermutlich los gewesen. Doch stattdessen führte Fischer die Schweiz in Dänemark zum zweiten Silberwunder nach 2013, ist seither nicht nur ein erfolgreicher, sondern auch ein äusserst anerkannter und beliebter Nati-Trainer und kann in Ruhe arbeiten.

Grosse Enttäuschung am Olympia-Turnier 2018: Im Hintergrund jubeln die Deutschen, die Schweizer Genoni, Hiller, Schlumpf und Loeffel (v.l.n.r.) sind bedient.
Grosse Enttäuschung am Olympia-Turnier 2018: Im Hintergrund jubeln die Deutschen, die Schweizer Genoni, Hiller, Schlumpf und Loeffel (v.l.n.r.) sind bedient.
Bild: Keystone

Vom aktuellen WM-Team waren in Pyeongchang neben Fischer und seinen Assistenztrainern Tommy Albelin und Christian Wohlwend elf Spieler mit von der Partie: Leonardo Genoni, Enzo Corvi, Andres Ambühl, Raphael Diaz, Tristan Scherwey, Fabrice Herzog, Gregory Hofmann, Romain Loeffel, Vincent Praplan, Tristan Scherwey und Ramon Untersander. Sie dürften allesamt grosse Lust haben, diese offene Rechnung nun zu begleichen. Deutschland sorgte nach dem Sieg gegen die Schweiz anschliessend am Olympia-Turnier für eine Sensation, indem es die Silbermedaille gewinnen konnte.

WM 2015 in Prag, Vorrunde, Schweiz – Deutschland 1:0

Wegen einer Startpleite gegen Österreich war die von Glen Hanlon gecoachte Nati im zweiten Spiel gegen Deutschland schon massiv unter Zugzwang. Schliesslich erlöste Denis Hollenstein nach schöner Vorarbeit von Damien Brunner in der 53. Minute die Schweizer Fans. Vom derzeitigen WM-Team waren damals Andres Ambühl und die beiden Goalies Leonardo Genoni und Reto Berra in Prag dabei. Genoni stand gegen Deutschland im Tor und feierte einen Shutout.

Es war eine schwierige WM unter Glen Hanlon, aber gegen Deutschland reichte es zu einem knappen 1:0-Sieg.
Es war eine schwierige WM unter Glen Hanlon, aber gegen Deutschland reichte es zu einem knappen 1:0-Sieg.
Bild: Keystone

WM 2014 in Minsk, Vorrunde: Schweiz – Deutschland 3:2

Der Start in die letzte WM unter Sean Simpson, der im Vorjahr das erste Silberwunder möglich gemacht hatte, missriet völlig. Nach drei Niederlagen zum Auftakt geriet die Nati kurzzeitig gar in Abstiegsgefahr und die Partie gegen Deutschland wurde zum Schicksalsmatch. Schliesslich setzte sich die Schweiz in einem Zitterspiel auf tiefem Niveau knapp durch, Damien Brunner, Denis Hollenstein und Kevin Romy waren die Torschützen. Vom aktuellen WM-Team waren damals in Weissrussland Andres Ambühl, Leonardo Genoni und Reto Berra im Einsatz.

Der Schweizer Verteidiger Dominik Schlumpf (l.) versucht sich gegen den deutschen Jungstar Leon Draisaitl zu behaupten, letztlich reichte es zu einem 3:2-Sieg.
Der Schweizer Verteidiger Dominik Schlumpf (l.) versucht sich gegen den deutschen Jungstar Leon Draisaitl zu behaupten, letztlich reichte es zu einem 3:2-Sieg.
Bild: Keystone

WM 2010 in Mannheim, Viertelfinal: Schweiz – Deutschland 0:1

Mathias Seger (l.) und Goalie Martin Gerber wehren sich gegen Deutschlands Marcel Goc, letztlich vergebens.
Mathias Seger (l.) und Goalie Martin Gerber wehren sich gegen Deutschlands Marcel Goc, letztlich vergebens.
Bild: Keystone

Die Schweiz flog im ersten Turnier unter Sean Simpson durch das Turnier und gewann ihre ersten vier Spiele. Entsprechend galt sie für den Viertelfinal gegen Deutschland als leichter Favorit. Doch es kam anders, der WM-Gastgeber gewann diesen Abnützungskampf durch ein Tor von Philip Gogulla 1:0. Nach dem Schlusspfiff kam es zu wüsten Szenen, so gerieten unter anderem der Schweizer Verteidiger Timo Helbling und der deutsche Assistenztrainer Ernst Höfner aneinander, es flogen die Fäuste und es floss Blut. Vom WM-Team 2021 erlebte dies einzig Andres Ambühl hautnah mit.

WM 2009 in Bern, Vorrunde: Schweiz – Deutschland 3:2 n.V.

An der Heim-WM mussten die Eisgenossen in einem Spiel mit vielen Emotionen eine Extraschicht einlegen, um zum Sieg zu kommen. Roman Wick und Mathias Seger trafen in der regulären Spielzeit für die von Ralph Krueger gecoachte Nati, den zusätzlichen Punkt in der Verlängerung fuhr schliesslich Mark Streit mit einem abgefälschten Distanzschuss ein. Damals von der aktuellen WM-Mannschaft schon dabei: Natürlich WM-Weltrekordmann Andres Ambühl.



Fazit: Eine ganz enge Kiste war es in den Spielen gegen Deutschland immer, mehr als ein Tor Unterschied gab es an den grossen Turnieren in den letzten 15 Jahren nie! Genau so könnte es daher auch im WM-Viertelfinal am Donnerstag in Riga (15:15 Uhr Schweizer Zeit) kommen, wenn es für die beiden Teams um alles oder nichts geht. 

Der Schweizer Stürmer Ryan Gardner bejubelt an der Heim-WM den Treffer von Mark Streit (nicht im Bild) zum 3:2-Sieg gegen Deutschland.
Der Schweizer Stürmer Ryan Gardner bejubelt an der Heim-WM den Treffer von Mark Streit (nicht im Bild) zum 3:2-Sieg gegen Deutschland.
Bild: Keystone