Während die ZSC Lions ihren Aufwärtstrend unter Trainer Marc Crawford zum Auftakt der Playoff-Viertelfinals fortsetzen, muss der HC Davos nach der 1:4-Niederlage in Zürich Dämonen vertreiben.
«Time to Hunt», die Jagd beginnt, so lautet das Motto der ZSC Lions in diesen Playoffs. Vor Beginn der Saison von vielen als Titelfavorit Nummer 1 gehandelt, quasi als die Gejagten, rufen die stolzen Zürcher nun selbst zur Jagd auf ihren zehnten Meistertitel auf, nachdem sie diesen im letzten Jahr nach einer 3:0-Führung im Final gegen den EV Zug verspielt haben.
In der Qualifikation vermochten die Lions nur selten zu überzeugen, fanden nie zu Konstanz und landeten auf Platz 4. Doch nach Spiel 1 der Viertelfinalserie gegen den HC Davos kann festgehalten werden: Gut gebrüllt, Löwe. Das trifft vor allem auf Chris Baltisberger zu. Mit seinem Siegtor zum 2:1 und dem entscheidenden Zuspiel zum ersten und vierten Zürcher Treffer war der Powerflügel am Mittwoch im Löwenkäfig so etwas wie der König der Löwen.
Fans als Energiequelle
Für Baltisberger ist schnell klar, wem die Mannschaft den super Start zu verdanken hat: Den Fans, die im ersten Playoff-Spiel im mit 12'000 Zuschauern ausverkauften neuen Stadion für eine «bombastische Stimmung» gesorgt haben. «Sie haben uns viel Energie gegeben, das hat uns geholfen, dass wir gleich im ersten Powerplay (1:0 nach knapp fünf Minuten) zuschlagen konnten. Danach kamen wir ins Rollen.»
Sein wegweisendes Goal zum 2:1 mag der Stürmer mit der Nummer 14 im Interview mit Keystone-SDA nicht überbewerten. «In den Playoffs ist es wichtig, dass jeder seinen Job macht. Ein Tor ist cool und schön, aber Schüsse blocken oder einen Check machen sind gerade so wichtig», sagt Baltisberger, ein emotionaler Leader, der oft dort hingeht, wo es wehtut. Das kann einer Mannschaft wie den ZSC Lions, die mit viel Talent gesegnet ist, nur gut tun.
Zu alter Stärke zurückgefunden
Noch im Dezember war nicht klar, ob der auslaufende Vertrag mit Baltisberger verlängert wird. Unter dem damaligen Trainer Rikard Grönborg war der 31-Jährige in der Stürmer-Hierarchie weit zurückgefallen, Verletzungen setzten ihm zu. Der Verein zögerte, die Fans protestierten und forderten mit Vehemenz den Verbleib ihrer Identifikationsfigur. Wenige Wochen später folgte die Einigung: Das ZSC-Urgestein bleibt dem Klub bis 2025 erhalten.
Nun scheint der ältere der beiden Baltisberger-Brüder unter dem kanadischen Trainer Marc Crawford wieder zu alter Stärke zurückgefunden zu haben. An der Seite der NHL-erfahrenen Alexandre Texier und Topskorer Juho Lammikko blüht er wieder auf. Das gilt ganz allgemein für den ZSC, der nach einer schwierigen Phase kurz nach dem Trainerwechsel (sechs Niederlagen in Serie im Januar) die Spielphilosophie von Crawford nun immer besser umzusetzen vermag. Aus den letzten sechs Partien resultierten fünf Siege.
Wie gefestigt die Lions sind, wird sich am Freitag in Davos zeigen. «Der erste Schritt ist gemacht. Es wird wieder enorm wichtig sein, dass wir einen guten Start erwischen», weiss Baltisberger und fügt an: «Wir sind hungrig wie Löwen.» Für den ZSC ist auch in diesem Jahr nur der Titel genug, noch ist es aber ein weiter Weg.
Strafen machen Unterschied
Die Davoser Startniederlage birgt einer gewissen Logik, wenn man bedenkt, dass die Bündner seit dem Viertelfinal-Out gegen den EHC Biel (2:4) in der Saison 2017/18 nie mehr ein Startspiel einer Playoff-Serie gewinnen konnten. Dazu steht dem HCD mit dem ZSC die wohl grösste Herausforderung gegenüber, endeten die letzten 17 von 18 Duelle dieser beiden Teams doch mit einem Sieg der Zürcher – allerdings allesamt in der Qualifikation.
Die Davoser zeigten am Dienstag in Zürich keine schlechte Leistung, waren bei 5 gegen 5 Feldspieler mindestens ebenbürtig. Ihr konsequentes Forechecking trug ihnen zahlreiche Puckgewinne ein, führte aber zu wenig Ertrag. Auf der Gegenseite nutzte der ZSC die Undiszipliniertheiten der Gäste eiskalt aus. Zwei Gegentore kassierte der HCD, der in der Qualifikation das mit Abstand beste Unterzahlspiel der Liga gestellt hatte, mit einem Mann weniger auf dem Eis. Zählt man das 0:1 unmittelbar nach Ablauf einer weiteren Strafe dazu, sind es sogar deren drei.
Für Chris Egli, der nach einem Haken und Stockschlag selbst zwei Mal auf der Strafbank Platz nehmen musste, ist deshalb klar: «Wir haben viel zu viele Strafen kassiert. Das müssen wir unbedingt abstellen.»
Mut machen dürfte dem Rekordmeister, dass er im letzten Playoff-Duell mit dem ZSC, im Final 2015, zu Beginn ebenfalls in Zürich den Kürzeren zog, danach aber mit vier Siegen hintereinander zum 31. und letzten Mal den Meistertitel holte. Die Jagd wird am Freitag fortgesetzt.