International gehört die Schweiz im Eishockey zu den Besten. Doch auch national hat die Meisterschaft der National League einiges zu bieten. Die wichtigsten Fragen vor dem Saisonstart am Dienstag.
Wer ist der Topfavorit?
So ausgeglichen die höchste Schweizer Liga sein mag, auf dem Papier kann es nur einen Favoriten geben: die ZSC Lions. Der Titelverteidiger aus Zürich ist offensiv wie defensiv nach wie vor top besetzt. Im Vergleich zur Meistersaison musste Sportchef Sven Leuenberger nur ganz wenige Veränderungen im Kader vornehmen. Mit dem Finnen Santtu Kinnunen ist ein spielstarker Verteidiger dazugestossen. Abgänge von gestandenen Akteuren wie Simon Bodenmann (Rücktritt), Reto Schäppi (zu Kloten) und Phil Baltisberger (SCL Tigers) wurden mit Talenten aus dem eigenen Nachwuchs aufgefangen. Die wenigen Wechsel im Team bergen auch die Gefahr eines Meisterblues. Trainer Marc Crawford wird jedoch alles daran setzen, diesen nicht aufkommen zu lassen. Ein grosses Plus nebst der immensen Qualität im Team ist die Routine: Das aktuelle ZSC-Kader verfügt über die Erfahrung von fast 2000 NHL-Spielen.
Wer sind die grössten Herausforderer?
In der letzten Saison wurde der ZSC im Playoff-Final bis aufs Letzte vom Lausanne HC herausgefordert. Die Waadtländer setzen nach dem Abgang von Connor Hughes mit Kevin Pasche (21) und Thibaut Fatton (22) auf ein junges Schweizer Goalie-Duo und beweisen damit Mut. Mit gleich fünf neuen Ausländern hat sich das Gesicht des Teams stark verändert, nicht aber die Ansprüche, die nach wie vor hoch sind. Dies gilt auch für den EV Zug, den Meister der Saisons 2021 und 2022, der nach einem Umbau im Team wieder ganz oben mitspielen will. Auch mit Genève-Servette und Fribourg-Gottéron ist in dieser Saison wieder zu rechnen. Während die Genfer nach der Meisterpremiere 2023 eine schwierige letzte Saison erlebten und nach dem Gewinn der Champions Hockey League sogar die Playoffs verpassten, ist in Freiburg die Sehnsucht nach dem ersten Meistertitel nach wie vor gross. Servette muss wegen der Renovation der Les-Vernets-Halle seine ersten acht Spiele in der Fremde austragen.
Was verspricht der Strichkampf?
Weil aufgrund des Play-in gleich zwei Mal ein Trennstrich (nach sechs und zehn Teams) gesetzt wird, hat die Qualifikation zusätzlich an Spannung gewonnen. Während Davos, Lugano, Biel und Bern erneut beweisen möchten, dass sie gut genug sind für die Playoffs, wollen die Rapperswil-Jona Lakers, Ambri-Piotta und die SCL Tigers unbedingt dorthin zurück. Die letzte Playoff-Qualifikation der Leventiner und der Emmentaler liegt bereits fünf Jahre zurück. Am schwierigsten dürften es Ajoie und Kloten haben. Die letzten beiden Aufsteiger streben den nächsten Schritt in der Entwicklung an.
Wer setzt auf einen neuen Trainer?
Mit Kloten und Biel haben in der vergangenen Saison zwei Klubs ihren Trainer entlassen. Nach Interimslösungen starten beide mit einem neuen Headcoach in die Meisterschaft. Kloten tritt neu unter der Leitung des früheren finnischen Nationaltrainers Lauri Marjamäki auf, Biel vertraut mit Martin Filander auf einen Schweden. Filander soll im Seeland nach den Abgängen von zahlreichen Schweizer Leistungsträgern und dem Rücktritt von Beat Forster (neu Assistenztrainer) den grossen Umbruch dirigieren. In Freiburg gab es nur wenig Bewegung im Kader. Nach der Trennung von Christian Dubé steht mit dessen bisherigem Assistenten Patrick Emond aber auch dort ein neuer Chef an der Bande. Emond ist wie sein Vorgänger Kanadier.
Mit Christian Wohlwend (Ajoie), Thierry Paterlini (SCL Tigers), Luca Gianinazzi (Lugano), Jan Cadieux (Servette), Luca Cereda (Ambri-Piotta) und dem kanadisch-schweizerischen Doppelbürger Josh Holden (Davos) verfügen derzeit sechs Cheftrainer in der National League über einen Schweizer Pass. Cereda ist ausserdem der dienstälteste Trainer der Liga (seit 2017/18 im Amt), Gianinazzi mit 31 Jahren der jüngste.
Welche neuen Attraktionen erwartet die Fans?
Nebst den hiesigen Stars wie Denis Malgin oder Calvin Thürkauf wird auch das ausländische Personal in den kommenden Monaten wieder für reichlich Spektakel auf Schweizer Eis sorgen. Über viele Jahre wurde die Liga «geflutet» mit Kanadiern; einige wie etwa (der streitbare) Todd Elik haben hierzulande grosse Popularität erlangt. Doch der Trend ist längst vorbei. Von den 94 Ausländern kommen nur noch 13 aus dem Land des Rekordweltmeisters. Das sind 12 weniger als in der Vorsaison. Bestens ins Bild passt dabei der SC Bern, der erstmals seit der Saison 1969/70 keinen einzigen Kanadier in seinen Reihen hat. Am meisten Importspieler stellen Schweden und Finnland mit je 30. Bei den Rapperswil-Jona Lakers setzt man gleich auf ein schwedisches Sextett, davon sind vier Neuzugänge.
Zusammengezählt haben die 14 Klubs 36 neue ausländische Spieler verpflichtet. Ambri ist mit der (temporären) Rückkehr des tschechischen Weltmeisters Dominik Kubalik ein später Coup gelungen. Zur grossen Attraktion könnten der finnische Wirbelwind Jerry Turkulainen wie auch dessen Landsmann Oula Palve (zuletzt Liga-Topskorer in seiner Heimat) werden, die beide neu für Ajoie auflaufen. Bei Bern kündigt sich mit dem schwedischen Hünen Victor Ejdsell ein echter Sniper an. Oder bei Lausanne gibt es den langjährigen KHL-Verteidiger David Sklenicka zu bestaunen.