Aufstieg wieder verpasst Der EHC Kloten wird zum HSV des Schweizer Eishockeys

Von Marcel Allemann

29.4.2021

Die totale Leere: Ramon Knellwolf (vorne) und seine Klotener Kollegen nach dem verpassten Aufstieg gegen Ajoie.
Die totale Leere: Ramon Knellwolf (vorne) und seine Klotener Kollegen nach dem verpassten Aufstieg gegen Ajoie.
Bild: KEYSTONE

Trotz der erleichterten Aufstiegsbedingungen in Corona-Zeiten hat der EHC Kloten den Aufstieg erneut in den Sand gesetzt. Es nimmt allmählich tragische Formen an. Eine Analyse.

Von Marcel Allemann

29.4.2021

2018 stieg der Hamburger SV aus der deutschen Fussball-Bundesliga ab. Seither versuchen die Hanseaten vergebens dorthin zurückzukehren, wo sie als Traditionsverein und sechsmaliger deutscher Meister eigentlich hingehören. 2019 war der HSV auf Kurs, verspielte aber mit einer desaströsen Rückrunde alles. Auch letzte Saison verlor der einstige «Bundesliga-Dino» im Saisonfinale die Nerven und stand am Ende mit leeren Händen da. In der laufenden Spielzeit droht der HSV sein ultimatives Ziel trotz glänzender Resultate in der ersten Saisonhälfte erneut zu verpassen, zuletzt ging es in der Tabelle von 1 auf 3 runter.

Die Beschreibung der letzten drei HSV-Jahre dürfte bei den Fans des EHC Kloten ein unliebsames Déjà-vu auslösen. Auch die Zürcher Unterländer sind ein Traditionsverein, vor dem Abstieg 2018 waren sie 56 Jahre im Hockey-Oberhaus, fünf Meistertitel haben sie auf ihrer Visitenkarte stehen. Wie der HSV strebt auch der EHC Kloten seither jedes Jahr mit Vehemenz den Aufstieg an und scheitert dabei krachend.

Abstieg, Corona-Abbruch und jetzt Druck nicht gewachsen

In der Saison nach dem Abstieg war nach einer schwachen Qualifikation und grossen Problemen im ersten Swiss-League-Jahr bereits im Viertelfinal gegen Langenthal Endstation. Vor einem Jahr wurden die Klotener zum Opfer der Corona-Pandemie. Nach dem Gewinn der Qualifikation und einem souveränen 4:1-Erfolg im Viertelfinal gegen die GCK Lions wurde die Saison abgebrochen. Und danach Klotens Antrag auf einen Aufstieg am grünen Tisch von der Ligaversammlung abgeschmettert. Dafür bekamen die Flughafenstädter für die Saison 2020/21 den erleichterten Aufstieg serviert: Der Swiss-League-Meister darf direkt aufsteigen und muss sich diesen nicht mehr via mühseliger Ligaqualifikation erarbeiten. Doch auch diese massive Erleichterung konnte der EHC Kloten nun nicht nutzen.

Noch schmerzvoller, bis fast schon grotesk gestaltet das erneute Scheitern für die Klotener, dass Gegner HC Ajoie doch tatsächlich bis in der Nacht vor dem entscheidenden sechsten Playoff-Finalspiel am Mittwoch gar nicht wusste, ob er einen allfälligen Aufstieg überhaupt annehmen kann oder will. Erst zu diesem letztmöglichen Zeitpunkt wurde durch Zusagen von Sponsoren das Budget von 7 Millionen Franken für die National League vereinsintern abgesegnet. 

Kommt nun Rappis Jeff Tomlinson als neuer Trainer?

Während der ganze Kanton Jura nun euphorisch den dritten Aufstieg von Ajoie ins Hockey-Oberhaus feiert, beginnt in Kloten einmal mehr das grosse Wundenlecken. Eine womöglich für längere Zeit letzte Chance bekommt der Traditionsverein noch einmal 2022. Auch in einem Jahr kann der Swiss-League-Meister direkt aufsteigen, danach könnte die dann 14 Teams umfassende National League jedoch vorerst geschlossen werden. Kleiner wird der Druck für die Mannschaft dadurch nicht, der nächste Anzug muss definitiv sitzen.  

Genau dieser Druck dürfte Kloten gegen das unbeschwerte Ajoie indes schon in diesem Jahr gelähmt haben. Von ihrem Leistungspotenzial waren zu viele Schlüsselspieler zu weit entfernt. Und auch Trainer Per Hanberg erwies sich nicht als der erhoffte ruhende Pol, sondern wurde bei Gegenwind hektisch. Ständig stellte er die Blöcke um und für die kapitale Heimniederlage in Finalspiel 5 kippte er mit Eric Faille und Dominic Forget auch noch zwei Leistungsträger aus dem Line-up. Im Nachhinein war das ein verhängnisvoller Entscheid, die Mannschaft verlor sich zusehends irgendwo im Nirgendwo.

Hanberg sprach unmittelbar nach dem Scheitern davon, dass Kloten nun eben in einem Jahr am Zug sei. Allerdings nicht mehr mit ihm. Die Vereinsleitung wird nach dem verpassten Aufstieg auf der Trainerposition erneut einen Wechsel vornehmen. Zum siebten Mal in den letzten fünf Jahren. Als Nachfolger wird der Kanadier Jeff Tomlinson heiss gehandelt, der schon die Rapperswil-Jona Lakers in die National League zurückgeführt hat und zuletzt mit der Playoff-Halbfinal-Qualifikation der St. Galler für Furore sorgte, aber bei ihnen trotzdem keinen neuen Vertrag mehr erhält.