Kommentar Die Schweiz muss aufpassen, den Anschluss an die Spitze nicht zu verpassen

S10B

21.11.2018

Niedergeschlagene Zuger nach der gestrigen Niederlage gegen Red Bull München.
Niedergeschlagene Zuger nach der gestrigen Niederlage gegen Red Bull München.
Bild: Keystone

Die Viertelfinals der Champions Hockey League gehen gänzlich ohne Schweizer Beteiligung über die Bühne. Mit Bern, Lugano, Zug und den ZSC Lions scheitern alle vier Teams in der ersten K.o.-Runde. Eine Spurensuche für den Misserfolg.

Nur einmal, in der Premieren-Saison 2014/2015 war keine Schweizer Mannschaft in die Top 8 vorgestossen. Vor einem Jahr hatten mit Bern und den ZSC Lions zwei Schweizer Teams in den Viertelfinals gestanden.

So bleibt dem Schweizer Eishockey ein weiterer historischer Erfolg wie 2009 verwehrt: Damals haben die ZSC Lions rund um Goalie Ari Sulander die erste Ausgabe der Champions League für sich entscheiden können. Der Triumph der europäischen Klubmeisterschaft, bei der sich 14 europäische Spitzenteams beteiligt hatten, war einer der grössten Erfolge im Schweizer Mannschaftssport. 

National League doch nicht so gut?

Zwar gab es nur ein Jahr später die europäische Klubmeisterschaft bereits nicht mehr, die Jubelbilder aus Rapperswil – das Hallenstadion war  anderweitig besetzt – bleiben den einheimischen Hockey-Fans trotzdem unvergessen. 

Der Hockey Champions League wurde 2014 neues Leben eingehaucht. Das Teilnehmerfeld besteht inzwischen aus 32 Teams aus 14 Ländern. Abgesehen von den KHL-Teams sind alle europäischen Spitzenteams vertreten.  Das Schweizer Eishockey nimmt für sich in Anspruch, eine der besten Ligen hinter der NHL und KHL zu sein. 

Im Liga-Ranking ist die Schweiz hinter Schweden momentan auf dem 2. Platz. Höchstwahrscheinlich werden wir mit den gestrigen Resultaten zwei Plätze verlieren und uns auf dem 4. Platz einreihen. Gestern haben es also unsere Schweizer Vertreter leider verpasst, unsere Spitzenposition zu konsolidieren.

Aktuelles Liga-Ranking

Bild: championshockeyleague

Dabei war die Ausgangslage vor den Spielen für drei von vier Schweizer Mannschaften gut. Nur der SC Bern hatte sich im Hinspiel mit einem 1:4 eine (zu) grosse Hypothek eingefangen. Dabei haben die Berner auf dem Papier – zusammen mit den ZSC Lions – das wohl stärkste Kader im Land. Umso enttäuschender war ihr Abschneiden gegen Malmö. Es ist wettbewerbsübergreifend bereits die dritte Niederlage in Serie für die Mützen. 

Der SC Bern kämpft gegen Malmö auf verlorenem Posten.
Der SC Bern kämpft gegen Malmö auf verlorenem Posten.
Bild: Keystone

Die ZSC Lions und der HC Lugano hatten beide im Hinspiel zuhause Unentschieden gespielt. Die Meisterschaftsfinalisten vom letzten Jahr können gestern sogar gegen ihre Widersacher in Führung gehen, beide kassieren aber wenige Minuten vor dem regulären Spielende den entscheidenden Gegentreffer. Fast noch bitterer ist das Aus vom EVZ. Die Innerschweizer verspielen in der Bosshard-Arena ihren 3:2-Vorsprung aus dem Hinspiel. Auch die Zuger erhalten den spielentscheidenden Gegentreffer wenige Minuten vor Abpfiff.

Schmaler Grat

Die ganze Sache einfach mit Pech abzutun, wäre zu einfach. Grosse Teams können mit Drucksituationen umgehen. Natürlich sind die Gegner in einem Viertelfinale keine Pappnasen. Speziell die Skandinavier sind uns offensichtlich immer noch einen Schritt voraus. Nichtsdestotrotz fehlen bei den Schweizer Teams Führungsspieler, die in den wichtigsten Momenten eines Spiels Verantwortung übernehmen (wollen). Dieser unbedingte Siegeswille fehlte bei allen Schweizer Teams.

In unserer Liga dürfen Stars wie Lino Martschini und Gregory Hofmann ihre Kreise ziehen, bevor sie aus der Halbdistanz abziehen können. International sieht da die Situation schon etwas anders aus. Im wichtigsten Couloir, sprich vor dem Tor, krankt es dann bei den einheimischen Teams oft an Durchsetzungsvermögen. Dabei ist es häufig die vielversprechendste Variante, dem Goalie bei der Schussabgabe die Sicht zu nehmen. Aber es ist mühsam und kostet halt viele blaue Flecken. Dafür holt man sich hier die internationalen Siege. Die Schweizer Profis müssen also lernen, mehr Zug zum Tor zu entwickeln und im Slot präsenter zu sein.

Ob ihnen diese Eigenschaft – wie in der letzten Ligasitzung gefordert – ein zusätzlicher Ausländer gelehrt hätte, darf bezweifelt werden. Viel wichtiger für die Zukunft des eidgenössischen Eishockey ist es, dass viele Schweizer in den wichtigen Momenten auf dem Eis stehen und die richtige Mentalität entwickeln. Was erfreulich ist: Viele Junge versuchen sich heutzutage in Nordamerika durchzubeissen. Dort lernt man schnell, in jedem Training und in jedem Einsatz das Maximum zu geben. Und nur mit dieser Einstellung kann und darf sich die Schweizer Liga weiterhin zur europäischen Spitze zählen. Denn die anderen Nationen schlafen nicht. Das mussten gestern leider auch einige Schweizer Klubteams erfahren.

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