Nach den Rapperswil-Jona Lakers 2018 hat Jeff Tomlinson nun auch Kloten als Trainer in die National League geführt. Dabei half sein realistischer Sinn. Nächste Saison muss er allerdings kürzer treten.
Jeff Tomlinson weiss, was es heisst, schwierige Zeiten durchzumachen. Sein Leben hing aufgrund von Zystennieren an einem seidenen Faden, er musste täglich ans Dialysegerät. Im Herbst 2019 liess er sich eine Niere von seinem Bruder Darryl transplantieren. Das hat ihn selbstredend enorm geprägt und gelassener gemacht, er regt sich nun weniger auf.
Auf der Bank strahlt Tomlinson eine grosse Ruhe aus. «Ich mache keine Show. Selbst seine Frau frage ihn allerdings, warum er so ruhig sei», sagt der 51-Jährige im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Denn eigentlich ist er sehr emotional, deshalb führt er Selbstgespräche, beispielsweise wenn er einen Spieler nach einem Fehler am liebsten zusammenstauchen möchte. «Es ist besser, das am nächsten Tag anzusprechen, wenn die Emotionen weg sind.»
Tomlinson weiter: «Ich lebe fürs Eishockey, aber es ist nur ein Sport.» Dies zu realisieren, heisse jedoch nicht, weniger hart zu arbeiten oder es nicht ernst zu nehmen, stellt er klar. Entscheidend ist für ihn aber, dass die Spieler Spass haben und sich dadurch nicht verkrampfen. «Das muss man lernen.»
Für Tomlinson «ein Dürfen»
Diese Einstellung ist umso wichtiger, wenn der Druck gross ist wie im Falle von Kloten. Der Aufstieg vier Jahre nach dem Abstieg war quasi Pflicht, umso mehr als der Meister der Swiss League ab der kommenden Saison wieder eine Ligaqualifikation bestreiten muss, und der Verein von der Tradition sowie vom Geld her in die höchste Liga gehört.
Die Sehnsucht nach dem Aufstieg war gross, durchschnittlich 6111 Fans besuchten die Spiele in den Playoffs. Dennoch war es für Tomlinson «immer noch ein Dürfen. Ich bin natürlich froh, dass wir es geschafft haben. Ansonsten wäre es jedoch auf einem anderen Weg weitergegangen.»
Tomlinson gab aber zu, dass seine Schützlinge den Druck nicht ganz ausblenden konnten. «Wir hatten Probleme mit der Nervosität, spielten teilweise schlecht in den Playoffs.» Zu einem guten Spieler gehöre allerdings, in solchen Situationen mental stark zu sein. Der Wendepunkt im Final war für ihn die Fünfminuten-Strafe in der dritten Partie zu Beginn des zweiten Drittels beim Stand von 1:1 in der Serie und 1:1 in der Partie. Die Klotener überstanden diese heikle Phase nicht nur, sondern gingen sogar 2:1 in Führung. Danach waren sie nicht mehr zu stoppen.
«Zuvor war unser Penaltykilling während den gesamten Playoffs schlecht gewesen. Das gab uns Selbstvertrauen und wir wuchsen zusammen», sagt Tomlinson. Ein weiterer Faktor für den unerwartet deutlichen 4:1-Erfolg nach Siegen gegen Olten war für ihn der Kampfgeist seines Teams: «Es war nicht immer schön, was wir zeigten. Die Jungs machten in den Playoffs einen Schritt vorwärts.»
Tomlinson erneut von Gesundheit gebremst
Tomlinson ist jemand, der seinen Weg geht, das Unnötige ausblendet. Allerdings bremst ihn die Gesundheit erneut aus. Er muss in der kommenden Saison kürzertreten, möchte dem Verein aber im Coaching-Bereich erhalten bleiben, weshalb nach Lösungen gesucht wird. Als Headcoach wird der in der abgelaufenen Saison bei La Chaux-de-Fonds tätige Thierry Paterlini gehandelt.
Tomlinson weiss von seiner Zeit bei den Rapperswil-Jona Lakers genau, was auf Kloten in der kommenden Meisterschaft zu kommt. In der ersten Spielzeit nach dem Aufstieg gewann er mit den St. Gallern in der Qualifikation bloss zehn von 50 Partien. Der Rückstand auf den Zweitletzten, den HC Davos, betrug satte 19 Punkte. Auch in der zweiten Saison belegten die Lakers den letzten Platz, ehe Tomlinson die Rapperswiler vor einem Jahr völlig überraschend in die Playoff-Halbfinals führte.
«Es wird hart werden, das ist keine Frage», sagt Tomlinson. Weil davon auszugehen ist, dass es für die Zürcher Unterländer mehr Niederlage als Siege absetzen wird, fügt er an: «Wir werden die Jungs richtig gut kennenlernen.» Seine Gelassenheit wird er so oder so nicht verlieren, dazu hat und macht er zu viel durch.