Nati-Coach der U20 «Unsere Vision bleibt, in den nächsten Jahren eine Medaille zu gewinnen»

sda

1.1.2021 - 01:48

Eine Enttäuschung ist immer auch eine Chance.
Eine Enttäuschung ist immer auch eine Chance.
Keystone

Vier Spiele, null Punkte, 5:20 Tore, das sind die ernüchternden Zahlen der Schweizer Junioren an der U20-WM in Edmonton. Trainer Marco Bayer zieht Bilanz.

Letztmals holten die Schweizer beim Abstieg 1987 an einer U20-WM keine Punkte. Das Verpassen der Viertelfinals ist umso bitterer, als das Bayer-Team mit der Slowakei (0:1) und Deutschland (4:5) auf zwei Gegner traf, die in Reichweite lagen. Gegen Finnland (1:4) und Kanada (0:10) setzte es die erwarteten Niederlagen ab. «Das Startspiel (gegen die Slowakei) haben wir verhauen, in den nächsten beiden Partien konnten wir nicht gross zulegen, gegen Deutschland kam die Reaktion zu spät», analysierte Bayer am Tag nach dem Ausscheiden im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

So enttäuschend die Resultate sind, sie sind teilweise erklärbar. «Wir wussten von Anfang an, dass wir nicht die talentierteste Mannschaft haben», sagte Bayer. Umso wichtiger wären die vorgesehenen Testspiele gegen die USA und Schweden gewesen, stattdessen trafen die Schweizer vor der WM einzig auf Aufsteiger Österreich (3:2). «Diese zwei Partien fehlten uns, sie hätten diesem Team extrem gutgetan, damit die Spieler erfahren, was sie erwartet. Das soll aber keine Ausrede sein. Wir hätten uns mehr zutrauen müssen.»

Bayer stellt sich der Kritik, er geht das Ganze aber sachlich an. «Wir versuchen aufzuzeigen, in welchem Bereich wir den Hebel ansetzen müssen, damit so etwas in den nächsten Jahren nicht noch einmal passiert.» Fakt ist, dass das Niveau in den Schweizer Juniorenligen zu wenig gut ist. Die Spieler finden dort im Vergleich zu einer U20-WM deutlich mehr Raum und Zeit vor. Dadurch entstehen Gewohnheiten, die sich auf dem internationalen Niveau negativ auswirken und mit ein Grund für die offensive Harmlosigkeit waren.

Verbesserungspotenzial im Nachwuchsbereich

Um dies zu ändern, muss mehr in die Trainerausbildung investiert werden, es braucht auf den unteren Stufen noch bessere Ausbildner, denn dort wird die Basis für zukünftige Topspieler gelegt. Diesbezüglich sind Finnland und Schweden perfekte Beispiele. Ausserdem will Bayer in Zukunft versuchen, im Sommer mehr Spiele gegen internationale Spitzenteams zu organisieren. Eine Möglichkeit wäre für ihn auch, die U20-Nationalmannschaft wie schon einmal in die Swiss League zu integrieren. «Das muss nicht sein, ich denke nur laut», erklärte Bayer. «Tatsache ist, dass wir uns hinterfragen müssen, um wieder einen Schritt vorwärts zu machen. Schlechte Zeiten sind immer eine Chance, und wir haben unseren Zenit noch lange nicht erreicht.»

Ein Problem ist, dass nur wenig junge Spieler in der National League zum Einsatz kommen. Von der aktuellen Equipe bestritten in dieser Saison einzig Rocco Pezzullo (Ambri-Piotta) und Simon Knak (Davos) mehr als zehn Partien in der höchsten Liga. Dabei ist es gerade für hoffnungsvolle Talente entscheidend, dass sie Vertrauen erhalten, um sich bestmöglich zu entwickeln. Für die finnische Legende Jari Kurri ist dies ein entscheidender Faktor für den Erfolg seines Landes – die Finnen gewannen an den letzten sieben U20-Weltmeisterschaften dreimal die Goldmedaille.

Mit der vorgesehenen Erhöhung auf zehn Ausländer wird die Situation in der Schweiz diesbezüglich sicher nicht besser. Soll der hiesige Nachwuchs in Zukunft wieder für bessere Schlagzeilen sorgen, ist der Plan der National-League-Vereine mit Sicherheit der falsche Ansatz. Es wäre sinnvoller, nun nicht alles zu hinterfragen, sondern kleine Anpassungen vorzunehmen und dann zu schauen, wie sich diese auswirken.

So oder so ist Bayer für die Zukunft optimistisch, umso mehr, als 13 Spieler aus der Schweizer Mannschaft auch nächstes Jahr an der U20-WM teilnehmen können. «Die wissen nun, was sie erwartet. Wir werden in einem Jahr ganz anders aus den Startlöchern kommen», ist Bayer überzeugt. «Unsere Vision bleibt, in den nächsten Jahren eine Medaille zu gewinnen. Das treibt uns an.» Unrealistisch ist das nicht, wenn die richtigen Schlüsse gezogen werden. Aber nur dann.

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