Ob Genève-Servette als erster Schweizer Verein seit der Neulancierung der Champions Hockey League den Final erreicht, entscheidet sich nächste Woche in Rauma, vier Autostunden von Helsinki entfernt.
Die Zwischenbilanz nach dem Hinspiel fiel eher positiv aus. Natürlich ärgerte sich Servette etwas darüber, dass die Überlegenheit nicht in einen Sieg umgemünzt werden konnte. «Aber, hey!», so Trainer Jan Cadieux, «wir zeigten ein sehr gutes Spiel. Ich sehe es positiv: Wir haben uns die Chance gegeben, mit einem Sieg nächste Woche in den Final der Champions League einzuziehen. Das ist wie ein Spiel 7 in den Playoffs. Und für diese Spiele lebst du als Hockey-Profi.»
Der zusätzliche Aufwand für die Genfer ist indessen beträchtlich. Am Wochenende spielt Servette gegen Zug (h) und Biel (a). Danach folgt die Reise zum Rückspiel nach Finnland, wo auf einer kleineren Eisfläche (NHL-Masse) gespielt wird. Cadieux: «Es ist ein Vorteil, dass wir im Herbst schon mal in Rauma spielten (und 2:3 verloren). Es fällt einem immer alles etwas leichter, wenn du die Halle und alles schon kennst. Die kleinere Eisfläche sollte kein Nachteil sein: Als Spieler bleibt dir weniger Zeit, also musst du schnell und einfach spielen. Und genau so will Servette immer spielen.»
Über die Belastung durch die zusätzlichen Europacup-Spiele mag Cadieux gar nicht nachdenken: «Wir blättern einfach weiter. Lukko Rauma war am Dienstag. Jetzt konzentrieren wir uns auf Zug und danach auf Biel. Und wenn diese Partien vorbei sind, geht es weiter nach Finnland. Das haben wir schon in den Achtelfinals und Viertelfinals so gemacht – und es hat ganz gut funktioniert.»
Kein Reibach
Sollte Servette nächsten Dienstag in Rauma den Final nicht erreichen, war die Champions Hockey League für die Genfer sicher kein lukratives finanzielles Geschäft. Servette verdiente bislang für die Teilnahme eine «Reiseentschädigung» von 65'000 Euro plus weitere 55'000 Euro Prämien für die Qualifikation für die Halbfinals. Erst im Final verdoppeln sich mit weiteren 120'000 Euro für den Verlierer und 240'000 Euro für den Sieger die Prämien. Aus den bislang verdienten 120'000 Euro musste Servette Reisen nach Innsbruck, Kosice, Rauma, München, Växjö und wieder Rauma bezahlen.
Genfs Präsident Philippe Baechler geht davon aus, dass sein Klub bis jetzt durch den Europacup rund 100'000 Franken Verlust eingefahren hat. Fazit: Mit der Champions League können zwar die Fussballklubs, aber nicht die Eishockeyvereine den Geldspeicher füllen.
Wenig Handicap
«Aber immerhin fühlt sich ein 2:2-Unentschieden nach regulärer Spielzeit ein bisschen an wie Fussball», scherzt Marco Miranda, der mit dem Goal zum 1:0 und dem Assist zum 2:2 am Dienstag auffälligste Servettien. Miranda lässt aber nicht gelten, dass die Champions League daran Schuld trage, dass nicht nur Servette (während der ersten drei Monate), sondern auch Biel und die Rapperswil-Jona Lakers in der National League weit unter den Erwartungen blieben. Miranda: «Die ersten vier Spiele werden ja noch vor dem Saisonstart gespielt.
Andere Teams bestreiten auch Testspiele. Die fünf Tage am Stück auswärts vor dem Saisonstart sind gut für den Teamgeist. Natürlich: Wer wie Servette bis in die Halbfinals kommt, der bestreitet zwölf Pflichtspiele mehr als die Konkurrenz. Da muss man gut darauf achten, wie man den Energiehaushalt einteilt. Aber: Gerade in dieser Zeit der zusätzlichen K.o.-Spiele (gegen München und Växjö und jetzt Rauma) fanden wir unsere Bestform.»
«Leiden wieder»
Tatsächlich: Servette startete chaotisch in die Meisterschaft. Aber zuletzt gewann der GSHC sechs der letzten sieben Spiele und schaffte es nach zwei Monaten wieder auf einen Playoff-Platz. Diesem 6. Platz kann Trainer Jan Cadieux noch nicht viel abgewinnen: «Wichtiger ist, wo wir hinwollen und wie wir uns verbessern können.» Was bewirkte die Wende aus dem Chaos zurück zum Erfolg? Cadieux: «Alles fällt einem einfacher, wenn du gewinnst. Während unseres berühmten 'Meister-Blues', wenn man diese komplizierte Phase so nennen will, verloren wir unsere Spontanität. Wir fanden jetzt neuen Elan und sind wieder bereit, hart für den Erfolg zu arbeiten und zu leiden.»
Dennoch verfügt Servette immer noch über Steigerungspotenzial – beispielsweise, wenn Teemu Hartikainen, der begnadete Goalgetter der letzten Saison, seine Qualitäten vor dem gegnerischen Goal wieder findet. In den letzten acht Partien gelang Hartikainen kein Tor mehr. In der Schweizer Meisterschaft erzielte er diese Saison erst sieben Tore; letzte Saison waren es 36. Nächsten Dienstag in seiner finnischen Heimat wäre für Hartikainen der ideale Zeitpunkt, den Knoten aufzureissen.