Der SC Bern ist in dieser Saison auf Wiedergutmachung aus. Auch wegen Verletzungen hinkt er den eigenen Erwartungen aber hinterher. Umso wichtiger ist der 4:2-Sieg am Dienstag bei Ambri-Piotta.
In den drei Qualifikationen nach dem 16. und letzten Meistertitel im Jahr 2019 belegten die Berner die Ränge 9, 9 und 11. Diese Saison sollte dank einem Umbau sowie viel versprechenden Verpflichtungen, unter ihnen Chris DiDomenico, Sven Bärtschi, Joel Vermin und Romain Loeffel, alles besser werden. Aktuell sieht es jedoch danach aus, als würden die Berner die direkte Playoff-Qualifikation (Top 6) verpassen; als Tabellen-7. liegen sie bei einem Spiel mehr sechs Punkte hinter dem sechstklassierten Fribourg-Gottéron. Der Vorsprung auf Rang 11 (Ambri-Piotta) beträgt bloss vier Verlustpunkte, jener auf Lausanne (12.) gar nur deren drei.
Mitte November hat der SCB den Trainer gewechselt, Johan Lundskog wurde durch den zuvor als deutscher Nationalcoach tätigen Toni Söderholm ersetzt. Werden rein die Resultate zum Massstab genommen, wirkte sich diese Massnahme negativ aus. Unter Lundskog – bei dessen Entlassung belegten die Berner den 6. Platz – betrug die Siegquote 55 Prozent. Jene von Söderholm beträgt aktuell 46 Prozent.
Wie ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen
«Das ist, wie wenn man Äpfel mit Birnen vergleichen würde», sagt SCB-CEO Raeto Raffainer dazu im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Während der Zeit mit Söderholm hätten sie deutlich mehr Ausfälle zu beklagen. So fehlten im Januar, als die Berner nur drei von elf Partien gewannen, immer mindestens fünf Spieler. Loeffel, einer der wichtigsten Verteidiger im Team, fiel den ganzen Monat aus. Ab Mitte Januar war dann auch noch Captain Simon Moser zum Zuschauen verdammt.
«Mehr als vier Verletzte sind für jede Mannschaft in dieser ausgeglichenen Liga schwer zu verkraften, wir waren im Januar alles in allem nicht mehr wirklich konkurrenzfähig», so Raffainer. Zum Trainerwechsel sagt er: «Er brachte das, was wir uns erhofft hatten, nämlich dass mehr Spieler genug Eiszeit erhalten. Im Dezember sah man, dass dies Früchte trug.» Tatsächlich brillierten die Berner da mit sechs Siegen in sieben Partien, weshalb sie als Tabellen-5. ins 2023 gingen.
Moser, der am Dienstag in Ambri sein Comeback gab, sagt zur Krise im Januar: «Der Einsatz stimmte, jedoch war die Verunsicherung, die eine Niederlagenserie mit sich bringt, zu spüren. Alle Teams sind eng zusammen, da spielt sich viel im Kopf ab.» Der zweifache WM-Silbermedaillengewinner betont, dass zahlreiche Faktoren stimmen müssten, um konstant zu sein. «Es funktioniert nur gemeinsam, wenn sich alle gegenseitig unterstützen. Viel hängt im Eishockey von der Zweikampfstärke ab, diesbezüglich müssen wir im Endspurt sicher einen Schritt vorwärts machen», so Moser vor der Partie gegen Ambri.
Bei den Zuschauern auf Kurs
Das erneute Verpassen der Pre-Playoffs wäre für den SCB ein Super-GAU. Dies umso mehr, als die Berner mit ihrem Geschäftsmodell – Gastronomie, die den Sportbetrieb quersubventioniert – stark abhängig von den Zuschauereinnahmen sind. In der laufenden Meisterschaft besuchten im Schnitt 14'693 Fans die Partien – in der Meistersaison 2018/19 waren es in der Qualifikation 16'290. Tatsächlich sind es allerdings weniger, da stets sämtliche Saisonkartenbesitzer mitgezählt werden, also auch jene, die nicht kommen.
«Wenn man die effektiven Zahlen nimmt, sind wir im Vergleich zu vor der Pandemie voll auf Kurs», sagt Raffainer. «Wir haben etwa 500 Saisonkarten weniger abgesetzt, dafür ist der Umsatz, den wir mit den verkauften Einzeltickets machen, grösser als budgetiert. Es ist aber schon so, dass wir es merken, wenn wir schlecht spielen. Dann sind die Restaurants rascher leer. Von daher wären wir mit einem Mäzen natürlich weniger unter Druck. Jedoch verstehen die meisten Leute trotz des emotionalen Umfelds, warum wir dort sind, wo wir sind.»
Ausserdem ist für die Berner noch alles möglich. Mit dem finnischen Torhüter Tomi Karhunen und dem kanadischen Verteidiger Josh Teves wurden zwei neue Ausländer verpflichtet, wodurch Söderholm bei der Aufstellung nun mehr Möglichkeiten hat. «Wir sind derzeit auf dem Papier wieder konkurrenzfähig, nun liegt es an uns, ob wir unser Potenzial abrufen können oder nicht», sagt Raffainer. Gegen Ambri gelang dies, nächster Gegner ist am Samstag auswärts Leader Genève-Servette.