Am Mittwoch beginnt mit der vorgezogenen Partie zwischen Fribourg-Gottéron und Lausanne die Meisterschaft in der National League. Die vergangene Saison hat gezeigt, dass vieles möglich ist.
Genève-Servette hat im Frühjahr als erstes Team aus der Romandie in der Playoff-Ära der höchsten Schweizer Liga (seit 1986) den Titel geholt. Einen grossen Anteil daran hatten die Ausländer. Diese brachten es in den 18 Playoff-Partien zusammen auf 73 Skorerpunkte (29 Tore).
Der spielstarke Verteidiger Henrik Tömmernes (Frölunda Göteborg), der ligaweit am meisten Eiszeit erhielt, wie auch der geniale Stürmer Linus Omark (Lulea) kehrten nun allerdings nach Schweden zurück. Ersetzt wurden die beiden durch den schwedischen Top-Verteidiger Theodor Lennström sowie den finnischen Stürmer Sakari Manninen. Letzterer ist zweifacher Weltmeister und Olympiasieger, gehörte bei seinen letzten drei WM-Teilnahmen jeweils zu den Top-3-Spielern der Finnen.
Ansonsten verzeichneten die Genfer keine gewichtigen Abgänge. Der smarte Sportchef Marc Gautschi hat es geschafft, Schweizer Schlüsselspieler langfristig an den Verein zu binden. Tanner Richard besitzt einen Vertrag bis 2028, jene von Noah Rod, Marco Miranda und Simon LeCoultre laufen bis 2027. Richard ist mit 30 Jahren der älteste dieses Quartetts.
Ältestes Team der Liga
Ob es ein Vor- oder Nachteil ist, dass die Mannschaft weitgehend zusammengeblieben ist, wird sich zeigen. «Normalerweise befinden sich nach einem Erfolg fünfzig Prozent in einer Komfortzone und fünfzig Prozent wollen mehr», ist sich Headcoach Jan Cadieux bewusst.
Jedenfalls bringt Servette alles mit, um den Titel erfolgreich verteidigen zu können. Interessant wird zu sehen sein, wie die Genfer in der Qualifikation auftreten, hegen sie doch auch in der Champions Hockey League, in der sie drei der ersten vier Spiele gewonnen haben, hohe Ambitionen. Die Doppelbelastung ist nicht zu unterschätzen, umso mehr, als der Schweizer Meister mit einem Durchschnittsalter von 29,56 Jahren das älteste Team der National League stellt – 13 Spieler sind 30 Jahre und älter. «Wir konzentrieren uns nicht auf den ersten Platz», so Cadieux vielsagend.
Neuer Trainer, viele auslaufende Verträge
Der unterlegene Finalist Biel ist auf dem Papier zumindest nicht schwächer einzustufen als zuletzt. Jedoch muss sich erst zeigen, wie sich der unfreiwillige Trainerwechsel auswirken wird. Antti Törmänen war gezwungen, das Amt wegen einer erneuten Krebserkrankung abzugeben. Diese wurde während der Playoffs bekannt und schweisste die Mannschaft noch näher zusammen.
Von daher steht Petri Matikainen, wie Törmänen ein Finne, vor einer sehr herausfordernden Aufgabe, zumal die Erwartungen selbstredend gestiegen sind und die Fans nach dem ersten Meistertitel seit 1983 lechzen. Zudem läuft ein Grossteil der Verträge Ende Saison aus. Vor einem Jahr musste Sportchef Martin Steinegger kaum Verhandlungen führen, was für ihn mit ein Grund für die guten Resultate war. Biel ist neben dem SC Bern das einzige Team der National League, das aktuell acht Ausländer unter Vertrag hat, was auch dem langfristigen Ausfall von Verteidiger Viktor Lööv geschuldet ist.
ZSC muss liefern
So gibt es bei Servette und Biel das eine oder andere Fragezeichen, vor allem aber wollen die Schwergewichte ZSC Lions und Zug an die Spitze zurück. Die Zürcher warten trotz besten Voraussetzungen seit 2018 auf einen Meistertitel. In diesem Frühjahr scheiterten sie im Halbfinal gegen Biel sang- und klanglos mit 0:4 Siegen.
Die Rückkehr von Trainer Marc Crawford, der beim ZSC seit Januar wieder hinter der Bande steht, brachte bisher nicht den gewünschten Erfolg. Er verzeichnete mit 15:16 Siegen gar eine negative Bilanz. Nun muss der 62-jährige Kanadier beweisen, dass seine Zeit nicht vorbei ist. Denn nachdem die Mannschaft mit Denis Malgin weiter veredelt wurde, ist der zehnte Meistertitel der Vereinsgeschichte beinahe schon Pflicht.
Zurück auf den Thron möchte auch die Vorzeigeorganisation Zug. Die Zentralschweizer qualifizierten sich heuer in extremis für die Playoffs und scheiterten im Halbfinal an Servette (1:4). Zu viele Spieler hatten nach den Meisterjahren 2021 und 2022 mit sich selber zu kämpfen. Die Champions Hockey League, in der die Halbfinals erreicht wurden, kostete ebenfalls Substanz. Nun möchte der EVZ, mental und physisch erholt, das Potenzial in der Meisterschaft wieder vermehrt abrufen.
Lakers mit nächstem Schritt?
Allerdings ist die Ausgeglichenheit in der Liga noch grösser, seit sechs Ausländer erlaubt sind. Die Rapperswil-Jona Lakers streben nach den Rängen 4 und 3 in den letzten beiden Qualifikationen den nächsten Schritt an, wollen diesmal auch in den Playoffs brillieren. Bern hat mit Jussi Tapola jenen Trainer verpflichtet, der Tappara Tampere in der vergangenen Saison zum Triumph in der Champions Hockey League geführt hat.
Fribourg-Gottéron kann wieder auf Chris DiDomenico zählen, einen der besten Stürmer der Liga. Der Kanadier wurde beim SCB nicht glücklich. Lugano versucht mit einer Verjüngungskur, erneut Grande zu werden. Lausanne möchte die guten Möglichkeiten endlich nutzen und hofft, dass ohne den hoch umstrittenen Jan Svoboda, der als Sportchef und Miteigentümer immer wieder für negative Schlagzeilen verantwortlich zeichnete, die nötige Ruhe einkehrt. Davos ist Davos. Die Bündner setzen auf der Trainerposition neu auf Josh Holden, der zum ersten Mal überhaupt als Headcoach amtet.
Der Kampf um die sechs Playoff-Plätze verspricht also wieder Spannung pur. Für das vergangene Saison überraschende Kloten, Spengler-Cup-Sieger Ambri-Piotta sowie die SCL Tigers dürfte das Erreichen des «Play-In» (Ränge 7 bis 10) das höchste der Gefühle sein, für Ajoie der Ligaerhalt.
sfy, sda