Heimspiel Alain Sutter über Quintillàs Abgang: «Manchmal hatte ich ein schlechtes Gewissen»

Luca Betschart

22.3.2021

Sutter über Quintillas Vertrag beim FCSG: «Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen»

Sutter über Quintillas Vertrag beim FCSG: «Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen»

Jordi Quintilla wendet dem FC St. Gallen nach dieser Saison den Rücken zu und schliesst sich womöglich Ligakonkurrent Basel an. Dennoch hat FCSG-Sportchef Alain Sutter nur lobende Worte für den Spanier.

21.03.2021

Im Fussball-Talk Heimspiel von «blue Sport» spricht Alain Sutter über die Entwicklungen rund um den FC St. Gallen. Für den abwandernden Captain Jordi Quintillà hat der Sportchef nur lobende Worte übrig.

L. Betschart

22.3.2021

Nur ein Punkt aus den letzten vier Spielen, zudem wird bekannt, dass Captain Jordi Quintillà Ende Saison von Bord geht – beim FC St. Gallen läuft es zuletzt nicht mehr ganz so geschmiert wie noch in der letzten Saison. Im Fussball-Talk Heimspiel steht Sportchef Alain Sutter Red und Antwort. Er mahnt zur Geduld. Wir fassen die wichtigsten Momente aus dem Talk zusammen.

FCSG-Sportchef Alain Sutter über…

… Jordi Quintillà und dessen Abgang

«Das müssen wir ganz klar sagen: Jordi ist uns extrem dankbar, das bringt er immer wieder zum Ausdruck – auf dem Feld, aber auch neben dem Feld. Dass er die Chance beim FC St. Gallen bekommen hat, wird er dem Verein nie vergessen. Das ist definitiv so.»

«Dass er ablösefrei geht, ist dem geschuldet, dass er letztes Jahr Angebote hatte. Er hätte wechseln und viel mehr Geld verdienen können. Und der Verein hat einfach dann gesagt: Nein, wir können dich in dieser Situation nicht gehen lassen. Wir haben die drei Abgänge (Itten, Demirovic, Hefti, Anm. d. Red.) – das würde die Stabilität in der Mannschaft so stark gefährden, dass der sportliche Erfolg gefährdet wäre. Und das können wir uns nicht leisten. Er hat das klaglos akzeptiert, da gab es nie irgend ein Thema.»

… die Versuche, den Captain zu halten

«Selbstverständlich, und nicht erst seit letztem Sommer, sondern seit mittlerweile eineinhalb Jahren, versuche ich Jordi konstant zu überzeugen, dass er bei uns bleiben soll. Und er hat das eine oder andere Vertragsangebot bekommen von uns, wo wir auch immer wieder aufgebessert haben. Aber nun hat er sich entschieden, einen anderen Weg zu gehen. Die ganze Geschichte ist absolut transparent und sauber gelaufen. (…) Wir lassen ihn gratis gehen, weil sein Vertrag ausläuft.»

Sutter über die Verhandlungen mit Quintilla: «Wir gingen weit über unsere Grenzen»

Sutter über die Verhandlungen mit Quintilla: «Wir gingen weit über unsere Grenzen»

Alain Sutter gesteht am Sonntag im «blue Sport»-Studio, dass er lange und intensiv um Jordi Quintilla gekämpft hat – am Ende aber vergeblich.

21.03.2021

«Wir sind weit über unsere Grenzen gegangen. Weil wir einfach der Meinung waren, dass Jordi so wichtig ist. Er ist ein hervorragender Fussballer, ein unglaublicher Mensch, wirklich eine Integrationsfigur. Er hat der Mannschaft extrem gutgetan. Deshalb haben wir auch alles getan, dass er bleibt. Er hat sich am Schluss für etwas anderes entschieden und das ist okay, das akzeptieren wir. Für mich war wichtig, dass wir alles gemacht haben. Und ich weiss von Jordi auch, der Entscheid ist ihm nicht einfach gefallen.»

«Man muss auch einfach seine Geschichte sehen. Bis zum jetzigen Zeitpunkt hatte er noch nie einen grossen Vertrag. Und bei uns ist es einfach so, ich kenne den Vertrag bei uns von Jordi. Manchmal hatte ich ein schlechtes Gewissen, für wie wenig Geld Jordi drei Jahre bei uns gespielt hat. Und darum ist das total okay.»



… die Herausforderung für die sportliche Leitung

«Wichtig ist einfach auch: Wir können ja jetzt nicht plötzlich anfangen zu heulen, wenn wir ein Projekt haben, dass erfolgreich ist und wir genau so geplant haben. Wir wollen genau das. Spieler weiterentwickeln, damit sie interessant werden. Und dann ist es unsere Aufgabe, und die finde ich sehr herausfordernd aber super spannend, wieder die Nächsten zu finden. Und wieder die Nächsten zu entwickeln. Das braucht für uns alle, die in der Verantwortung sind, einfach viel Geduld. Und auch die Ruhe intern.»

… Niederlagen und gemachte Fehler

«Diese Sachen gilt es abzuhacken und weiterzumachen. Es ist eine der wichtigsten Eigenschaften im Profisport, dass man einfach positive wie negative Ereignisse so schnell wie möglich abschliessen kann und weitergeht.»

«Wir haben eine sehr junge Mannschaft und das ist unser Projekt, das der Verwaltungsrat vor drei Jahren lanciert hat. Sie hatten eine klare Strategie und wollten die umsetzen. (…) Dort ging es darum, jungen Spielern die Chance zu geben, Fussball zu spielen auf höchstem Niveau. Das ist das, was wir machen. Wir holen talentierte, junge Spieler und haben ganz viele in unserer Mannschaft – aber wenn man nicht aushalten kann, dass da der eine oder andere Fehler passiert, darf man so ein Projekt gar nicht beginnen.»

«Wir machen noch zu viele Fehler, wir schenken zu viele Tore her – auch gestern (am Samstag gegen Lausanne) wieder. Wenn man die Gegentore anschaut, sind wir grossmehrheitlich daran beteiligt. (…) Es gilt, Geduld zu haben und den Jungs das Vertrauen zu geben, weil nur dann können sie besser werden.»

… zu hohe Erwartungen

«Am Schluss geht es um Punkte und die Rangliste. Aber wir sind auch nicht so blauäugig, dass wir das alles auf der Seite lassen. Bei uns geht es auch darum, dass wir jedes Wochenende auf den Platz gehen, um das Spiel zu gewinnen. (…) Wir sind alle so ambitioniert, dass wir am liebsten jedes Jahr ganz vorne mitspielen würden. Aber trotzdem müssen wir auch die Realität im Kopf behalten – das ist immer so eine Balance, die man halten muss.»

… die Konzentration auf den Moment

«Das ist in jeder Situation im Fussball immer das Gleiche: Die, die es schaffen, sich wirklich auf den Moment zu konzentrieren, und jedes Spiel nacheinander zu nehmen – dann hast du die grösste Chance, dass du am Schluss auch am meisten Punkte hast. Alles andere hemmt dich nur.»

«Es gilt von uns – Peter Zeidler, ich, gerade auch mit der Erfahrung, die ich als Spieler machte –, das vorzuleben und den Jungs das mitzugeben. Die sind an einem anderen Punkt in ihrer Karriereentwicklung und sie haben das zu lernen. Am Ende wird man sehen, welcher Spieler das lernen kann. Der wird letztlich auch immer weiterkommen in seiner Karriere. Aber das ist der schwierigste Teil und das kann nicht jeder – und es wird auch nicht jeder lernen.»

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