«Badstuber blieb bisher alles schuldig» «Badstuber blieb bisher alles schuldig» – Luzerns Suche nach dem Abwehrpatron

Andy Jucker/lbe

28.8.2021

Streller: «Ich würde den FC Luzern noch nicht abschreiben»

Streller: «Ich würde den FC Luzern noch nicht abschreiben»

Marco Streller sieht gleich mehrere Gründe für den enttäuschenden Saisonstart des FC Luzern. Im Gespräch mit blue Sport erklärt er, wieso er den Innerschweizern den Turnaround aber zutraut.

27.08.2021

Gleich zum Auftakt der neuen Saison sorgt Cupsieger Luzern im Spiel gegen Meister YB für Spektakel. Nach vier Spielen in der Super League steht der FCL aber nur mit einem Punkt da. blue Sport sucht nach Gründen.

Andy Jucker/lbe

Es ist ein furioses Startspiel an jenem 24. Juli dieses Jahres. Luzern geht mit breiter Brust ins Duell gegen den Serienmeister YB und will seinem Ruf als Transfersieger gleich im ersten Saisonspiel gerecht werden. Lange führt der Cupsieger, spielt gross auf. Dann fällt zuerst der 3:3-Ausgleich, in der Nachspielzeit geht die Partie sogar noch verloren. Ausgerechnet der eingewechselte Neuzugang Holger Badstuber verliert das entscheidende Kopfballduell – Luzern startet ohne Punkte, dafür aber mit vier Gegentoren.

Einen Monat später ist klar: Luzern hat ein Defensivproblem. 13 Gegentore hat die Mannschaft schon kassiert – in gerade mal vier Ligaspielen. Dass damit erst ein Punkt auf dem Konto der Innerschweizer gelandet ist, kann nicht überraschen. Aber ist der schlechte Saisonstart nur ein Problem der Abwehr, oder steckt mehr dahinter? blue Sport sucht gemeinsam mit Experte Marco Streller nach Antworten.

In Luzern haben vor der Saison alle über die Neuen gesprochen. Christian Gentner, der Mann mit den über 400 Bundesligaspielen. Oder Holger Badstuber, der zwar schwere Jahre hinter sich hat, aber immerhin Champions-League-Sieger war. Luzern wurde gar als Transfersieger der Super League ausgerufen.

Streller: «Badstuber blieb bisher alles schuldig»

Dabei ist den meisten Fans, Experten und Beobachtern etwas entgangen oder wurde zu wenig gewichtet. Mit Christian Schwegler und Stefan Knezevic haben zwei Eckpfeiler der Defensivabteilung den Klub verlassen. Auch der Vertrag des ehemaligen Captains und Abwehrpatrons Lucas Alves wurde aufgelöst. Schwegler kämpfte auch mit 37 Jahren noch um jeden Ball und riss die Teamkollegen mit. Knezevic schaffte es, die Abwehr zu dirigieren. Und Lucas Alves? Der war zwar am Ende seiner Luzern-Zeit aussen vor, aber Trainer Fabio Celestini hätte ihn in der aktuellen Situation wohl gerne im Kader. «Das waren alles sehr erfahrene Spieler», sieht auch blue Sport Experte Marco Streller die Abgänge kritisch. 

Neu geholt wurde für die zentrale Abwehr der bereits erwähnte Holger Badstuber. Dass er eine Verstärkung sein kann, konnte der Deutsche noch nicht beweisen. «Badstuber blieb bisher alles schuldig. Er war bisher noch überhaupt nicht auf dem Niveau, das man sich von ihm erhofft hat. Vor allem in der Defensivbewegung hat er momentan noch grosse Mühe», geht Streller hart ins Gericht mit dem ehemaligen Bayern-Spieler.

Das verlorene Kopfballduell im Startspiel gegen YB steht sinnbildlich für seine Probleme. Der ehemalige Bayern-Spieler leistet sich zu viele Ballverluste und Fehler im Stellungsspiel. Ebenfalls neu mit an Bord ist David Domgjoni, der aus der zweiten türkischen Liga kam. Er braucht wohl noch Zeit, ist aktuell aber auch nicht die passende Ergänzung zu Marco Burch in der Innenverteidigung der Innerschweizer.

Mit Müller fehlt der grosse Rückhalt

Die mangelnde Punkteausbeute allein der Abwehr anzulasten, wäre aber zu leicht. Vor einer Woche gegen Servette blamierte sich die gesamte Mannschaft und verlor nach einer indiskutablen ersten Hälfte mit 1:4. Ballverluste in der Offensivbewegung, zu wenig Biss und am Ende dann eben auch die Unzulänglichkeiten ganz hinten – Luzern präsentiert sich vergangene Woche auf ganzer Linie in bedenklicher Verfassung.

Klar, mit Keeper Marius Müller fehlt der grosse Rückhalt des Teams momentan verletzt. Er hinterlässt eine grosse Lücke, die Ersatzmann Vasco Vasic nicht ganz füllen kann. «Die Ausstrahlung von Müller ist deutlich grösser als die von Vasic», glaubt auch Marco Streller. Zudem war Marvin Schulz nach einem Platzverweis gegen St. Gallen zuletzt gesperrt. Er hatte in den ersten beiden Ligaspielen zusammen mit Burch die Innenverteidigung gebildet. Aber: Auch mit dem Duo Schulz/Burch kassierte Luzern zu viele Gegentore. Und fast noch wichtiger: Schulz wird auch im Mittelfeld dringend benötigt.

So fehlt es den Luzernern in der Innenverteidigung nicht nur die Qualität, sondern auch die Breite. Neben Burch, Domgjoni und Badstuber steht nur noch ein gelernter Innenverteidiger im Kader: Der 19-jährige Thoma Monney, der allerdings noch kein Profispiel absolviert hat. Es würde nicht verwundern, wenn Sportchef Remo Meyer in den kommenden Tagen auf dem Transfermarkt noch nachlegt. Noch lässt man sich nicht in die Karten blicken in der Innerschweiz.

Warten auf die Leistungsträger

Bald sollen sie wieder zurück sein, die Leistungsträger des FCL. Marius Müller stand am Donnerstag erstmals wieder auf dem Trainingsplatz. Seine Verletzung sollte nach der Länderspielpause definitiv ausgeheilt sein. Das Gleiche gilt für Pascal Schürpf. Bereits am Sonntag gegen Lausanne wieder im Kader stehen dürfte Samuele Campo und auch Marvin Schulz ist nach seiner Sperre wieder verfügbar. Mit diesen vier Spielern kehrt wieder viel Qualität und vor allem Mentalität zurück in den Kader des FCL.

Der Ruf als Langsamstarter

Es ist nicht das erste Mal, dass Luzern in der höchsten Schweizer Liga einen Kaltstart hinlegt. In der Vorsaison gewann Luzern keines seiner ersten sieben (!) Ligaspiele, steigerte sich dann aber massiv. Eine mögliche Erklärung für die Langsamstarter: Der Verein steht für die Philosophie, Fussball zu spielen, zu kombinieren. Celestini setzt das konsequent um. Da wird kaum ein langer Ball geschlagen. Wenn sich die Mannschaft erst einmal besser kennt und die Mechanismen greifen, kann es berauschend sein. Wenn die Mechanismen nicht sitzen, dann sind 13 Gegentore in vier Ligaspielen die Folge.

Streller glaubt, dass die Innerschweizer noch Zeit brauchen, um ihr volles Potenzial ausschöpfen zu können. «Das Team von Celestini ist auch letztes Jahr sehr schwach in die Meisterschaft gestartet und legte dann einen Steigerungslauf hin, der mit dem Cupsieg belohnt wurde», erinnert sich Streller. «Ich würde Luzern noch nicht abschreiben.»

Am Sonntag steigt in Luzern das Kellerduell der Super League gegen den Vorletzten aus Lausanne. Bei gegebener Ausgangslage ist die Wichtigkeit der Partie offensichtlich. Ein Sieg muss her, um etwas Ruhe rein zu bekommen. Vor allem aber muss der Auftritt ein anderer sein wie zuletzt gegen Servette. Sich noch einmal so zu blamieren, kann sich der FCL nicht leisten.