Kommerzialisierung FCB-Fans im Streitgespräch: «Burgener kann sich einfach nicht so gut verkaufen wie Heusler»

Martina Baltisberger

14.2.2019

Die Basler Fans laufen aus dem Stadion, um bei Präsident Burgener ein Zeichen zu setzen.
Die Basler Fans laufen aus dem Stadion, um bei Präsident Burgener ein Zeichen zu setzen.
Bild: Teleclub/Keystone

Das FCB-Herz blutet: Basler Fans können die Investition in einen indischen Fussball-Klub nicht verstehen. Nicht zum ersten Mal sind sich Anhänger und Vereinsspitze uneins. Zwei Klub-Sympathisanten nehmen Stellung zur aktuellen Situation.

Der FC Basel läutet vor eineinhalb Jahren eine neue Ära mit der neuen Vereinsspitze um Bernhard Burgener ein. Der Slogan: «Für immer Rotblau». Jetzt investiert der Klub in den indischen Nachwuchs von Chennai City. Die Folge: Zahlreiche FCB-Fans boykottieren die erste Halbzeit des Super-League-Spiels gegen St. Gallen. «E witere Schritt in die falschi Richtig. Es isch zum drvoo laufe», schreibt die Muttenzerkurve auf ein Transparent. 

Zwei FCB-Fans, die namentlich nicht genannt werden möchten, sprechen Klartext: Holger* und Fabian* sind sich bezüglich des Basler Engagements in Indien nicht einig, doch beide wollen haargenau wissen, was sich beim FCB ändern muss.

Der FCB investiert in den indischen Klub Chennai City. Unsinn, Risiko oder Geniestreich?

Fabian: Es ist eine unsinnige neue Einnahmequelle. Es lässt sich vielleicht Geld verdienen, wenn im indischen Fussball eine Entwicklung stattfindet, wie sich das Herr Burgener vorstellt. Aber warum muss man eine Einnahmequelle in Indien suchen? Es besteht kein Zusammenhang mit dem FCB. Das widerspricht dem Konzept «für immer Rotblau».

Holger: In einigen Punkten hast du recht. Natürlich kommt es seltsam daher, wenn man das Grundkonzept des FCB kennt. Aber Basel hat auch nie gesagt, dass man andere Engagements komplett ausschliessen würde. Indien hat für mich Potenzial. Wenn der FCB hier einen Betrag von wenigen Millionen investiert, sollte man das riskieren. Es ist sicher ein Vorteil, wenn der FCB als erster Klub in Indien investiert. Im Moment scheint das Projekt noch ungreifbar zu sein – etwas Exotisches. Vor 50 Jahren haben wir auch über afrikanische Spieler gelacht – und jetzt erobern diese Spieler die Welt.

Der Fussball verändert sich rasant. Sind die FCB-Fans zu wenig offen?

Fabian: Das Motto «für immer Rotblau» ist uns versprochen worden – mehr eigene Spieler integrieren, mehr in den Nachwuchs investieren, Identifikation schaffen. Wenn man dem Fan aber das komplette Gegenteil serviert, was versprochen wurde, ist der Ärger verständlich. 

Holger: Es hat auch mit der aktuellen Situation zu tun. Wenn der FCB jetzt Meister und Tabellenführer wäre oder gar in der Champions League spielen würde, wäre das Echo viel kleiner. Der FCB-Fan ist sich immer noch gewöhnt, die Liga zu dominieren. In dieser Situation will man nicht noch hören, dass man in den Bereich e-Sports und in einen indischen Klub investiert. Der Zeitpunkt ist nicht ideal für solche Experimente. Aber ich glaube, es ist einfach Teil des Plans der neuen Führung. Man will mit solchen Engagements die Marke «FC Basel» stärken. Man sollte ihnen vertrauen.

Fabian: Das schlimmste Wort für Fans heisst Kommerzialisierung. Alle Fans, nicht nur in der Muttenzerkurve, wollen Fussball im eigentlichen Sinn konsumieren. Niemand interessiert sich für die von dir erwähnte Marke. Die romantische Fussball-Vorstellung widerspricht dem, was der Klub vor hat. Burgener hat kein Problem, zu sagen, der FCB sei eine Marke und er wolle diese grösser machen. Leider schafft er es mit seinen rhetorischen Fähigkeiten nicht, auf Akzeptanz zu stossen. Es stossen effektiv zwei Welten aufeinander.

Holger: Ich sehe es realistischer als die Fussball-Romantiker. Heute ist Fussball ein Business, vor allem bei einem Klub in der Grösse des FC Basel. Er ist kein Verein im klassischen Sinn mehr. Aber die Kommunikation, wie man diese Sachen verkauft, hat sich dramatisch verschlechtert. Wir sind uns in den letzten fünf bis zehn Jahren anderes gewohnt. Wenn dieser Deal Bernhard Heusler eingefädelt hätte, wäre die Sache bestimmt besser verkauft worden. 

Die Fans protestierten zum dritten Mal in kürzester Zeit. Setzt man so das richtige Zeichen?

Fabian: Ich finde es richtig, dass man sich wehrt. Man hat ja als Fan Anliegen und Sorgen und diese sollte man auch äussern dürfen. Ich habe aber Zweifel, dass dies etwas bewirkt.  Die aktuelle Vereinsleitung hat nie Signale ausgesendet, wonach sie auf die Bedürfnisse der Fans eingehen möchte, sondern sie verfolgt stets nur ihren Weg. Das war bei der Führung um Bernhard Heusler und Georg Heitz ganz anders.

Holger: Das kann auch nicht die Lösung sein. Die Fans sollten auf keinen Fall so viel Macht haben, um in die Vereinspolitik tiefgreifend einwirken zu können. Die beiden Parteien müssen den Dialog finden. Denn auch Burgener ist FCB-Fan mit Herzblut. Er kann sich einfach nicht so gut verkaufen wie Heusler. Der Klub soll seine Entscheidungen den Fans besser und genauer erklären, weil viele der Anhänger gar nicht genau wissen, um was es geht.

Fabian: Es ist definitiv ein kommunikatives Problem. Man fühlt sich als Fan nicht ernst genommen. Ich habe Angst, dass sich die beiden Lager immer mehr voneinander entfernen. Die Kommunikation muss besser funktionieren. 


* Namen der Redaktion bekannt

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