Kommentar Das grosse Trainertalent Yakin landet auf dem Abstellgleis 

von Syl Battistuzzi

9.5.2019

Constantin: «Es muss wieder Ordnung herrschen»

Constantin: «Es muss wieder Ordnung herrschen»

Sion-Präsident Christian Constantin begründet, wieso er Murat Yakin als Trainer absetzte.

09.05.2019

Nach acht Monaten beim FC Sion endet die Amtszeit von Trainer Murat Yakin. Der 44-Jährige steht an einem Scheideweg in seiner Karriere.

Am 17. September wurde Murat Yakin als neuer Trainer beim FC Sion vorgestellt. Präsident Christian Constantin sagte stolz: «Er ist der beste Trainer in der Schweiz seit 2010.» 

Tempi passati. Nach der 0:4-Niederlage zuhause gegen YB zog «der Allmächtige» die Reissleine. Die Bilanz nach acht Monaten im Wallis:
Von 28 Pflichtspielen wurden zwölf verloren und bloss neun gewonnen. Zu wenig, speziell für den «Resultat-Trainer» Yakin.  

«Wir erzielen nicht die notwendigen Resultate. Jetzt müssen wir verhindern, in die Barrage zu kommen. Dazu müssen wir neue Energie reinbringen.»

Die Begründung von Christian Constantin


Die Beurlaubung kam daher nicht überraschend, vor allem weil Constantin schon länger seine Unzufriedenheit mit seinem Angestellten kundtat. Constantin kritisierte ihn öffentlich, unter anderem weil er und sein Staff offenbar vor zwei Auswärtsspielen nicht im Mannschaftshotel übernachtete.

Lebemann Yakin kämpft gegen Klischee

Fast noch schlimmer sind aber seine Vorwürfe betreffend seiner Arbeitsmoral, Constantin nennt ihn schlicht «faul». Auch wenn man beim Sion-Präsidenten nicht alles – oder das meiste – auf die Goldwaage legen darf, bleiben die Vorwürfe kleben. Als er noch Profi war, zeichnete sich Murat Yakin schon durch eine unaufgeregte, ja fast lässig-legere Spielweise aus.

Auch neben dem Platz schien ihn nichts aus der Ruhe bringen zu können, einfach ein «cooler Typ» halt. Er fährt gerne schnelle Autos und speist in vornehmen Restaurants. So hat man sich in der Schweiz mit der Zeit ein Bild von ihm gemacht, welches er nicht mehr los wurde. Dass Yakin im persönlichen Umgang pflegeleicht und bescheiden auftritt, geriet dabei in den Hintergrund.

Gestartet hat er seine Trainerkarriere bei seinem Ausbildungsverein Concordia Basel, danach landete er über Umwege beim FC Thun. Die Berner Oberländer führt der charismatische Schweizer mit türkischen Wurzeln sensationell zurück in die Super League. Nach zwei erfolgreichen Jahren erklomm er beim FC Luzern die nächste Stufe, ehe der FC Basel anklopfte. Dort musste Yakin trotz sportlichem Erfolg gehen, weil er sich mit der Vereinsführung überwarf.

Quo Vadis, Murat Yakin?
Quo Vadis, Murat Yakin?
Bild: Keystone

Die verlorene Aura

Denn wer wie der FCB einen Murat Yakin an Bord holt, gibt zwangsläufig auch Macht ab. Der gewiefte Taktiker schickt seine Spieler jeweils mit einem klaren Plan auf das Feld. Ebenso bestimmt zieht der stolze Yakin sein Konzept bei seinen Arbeitgebern durch. Und wer dabei aufmuckt, muss sich warm anziehen. Der charmante Yakin kennt in solchen Dingen keine Gnade.

Nach seiner Ausbootung in seiner Heimat wechselte er zu Spartak Moskau. Nach dem Abenteuer in Russland war er sich nicht zu schade, in die Challenge League nach Schaffhausen zu gehen. Danach klopfte die alte «Spieler-Liebe»  an. Seine selbstbewusste Antwort: «Ein Muri gehört in die Super League».

«Ein Muri gehört in die Super League»

Murat Yakin ist von seinen Fähigkeiten überzeugt

Den Zürchern impfte er wieder das Siegergen ein. Doch der Verein störte sich zunehmend an seinem Versuch, Einfluss auf die internen Machtverhältnisse zu nehmen. In seiner Entourage soll sich neben Spielervermittlern auch GC-Schreckgespenst Erich Vogel aufgehalten haben.

All diese Vorgeschichten störten Constantin nicht. Der «Totomat»-Fan will bei seinem Verein einfach nur Resultate sehen. Doch für einmal lieferte Yakin auch auf dem Rasen nicht: Der FC Sion erreichte unter ihm in der Meisterschaft bloss einen Schnitt von 1,19 Punkten. Diese Entwicklung dürfte Yakin selbst am meisten Sorgen bereiten. In der Schweiz war er – neben allen Nebengeräuschen – stets Garant für Punkte. So ist zu befürchten, dass sich hierzulande kein Klub mehr an Murat Yakin die Finger verbrennen will. Es wäre sehr schade, wenn ausgerechnet bei Trainer-Killer Constantin die Karriere eines grossen Trainertalents enden würde. Aber irgendwie auch logisch.

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