Sicht eines Fans Eine gescheiterte Ehe – der FC St. Gallen und der Cup

Tobias Benz

2.11.2018

Ernüchterung beim FC St. Gallen nach einer der unzähligen Cup-Niederlagen.
Ernüchterung beim FC St. Gallen nach einer der unzähligen Cup-Niederlagen.
Bild: Keystone

Seit langer Zeit sehnen sich die Anhänger des FC St. Gallen nach einem sportlichen Erfolg, Jahr für Jahr werden die Ostschweizer enttäuscht. Besonders die Auftritte im Schweizer Cup lassen zu wünschen übrig.

Wer derzeit dem FC St. Gallen beim Fussballspielen zuschaut, der findet sich in einer ähnlichen Situation wieder, wie jemand, der ohne das Programmheft beachtet zu haben, den Fernseher einschaltet. Es könnte alles laufen: Eine durchschnittlich interessante Nachrichtensendung, das Wetter oder der neuste Blockbuster aus Hollywood.

Im Cupspiel gegen den FC Sion entpuppte sich die grün-weisse Leistung bereits nach gut zehn Minuten als fussballerisches Pendant zur allmorgendlichen Mediashop-Sendung. Wie die für gewöhnlich äusserst hibbeligen Fernsehverkäufer, waren auch die Spieler des FC St. Gallen zielorientiert und voller Enthusiasmus. Was sie den 6'387 Zuschauern im eiskalten Kybunpark verkaufen wollten, unterschied sich jedoch nicht von den vermeintlichen Preiskrachern im Fernsehen: Es war Schrott.

Das grosse Warten auf einen Titel

Das soll keine fachgerechte Analyse der spielerischen Leistung sein – diese sei den TV-Experten und Matchbericht-Verfassern überlassen – sondern die nüchterne Reflektion der Ansicht des FCSG-Anhangs darstellen. Schrott in dem Sinne, dass man sich in der Ostschweiz seit Jahren nach einem sportlichen Höhepunkt sehnt, einem speziellen, einmaligen Moment, den man gedanklich einrahmen und an die Wand hängen kann. Damit ist nicht der vierte Platz in der Liga gemeint, oder ein Europa-League-Spiel irgendwo in Skandinavien, sondern ein Titel. In der Meisterschaft ist dieser in absehbarer Zeit zweifelsohne nicht zu erreichen und im Cup – so scheint es – offenbar auch nicht.

Dabei zeigt ausgerechnet der FC Sion, dass dies für einen mittelklassigen Verein durchaus möglich ist. Die Walliser gewannen den Cup-Pokal bereits 13 Mal – häufiger stemmten ihn nur die Grasshoppers (19 Cupsiege). In der Liga ist Sion aber alles andere als ein Seriensieger, sie durften sich erst zwei Mal Schweizer Meister nennen, gleich oft wie der FC St. Gallen. Insgesamt sind es aber doch zwölf eingerahmte Momente weniger für die Ostschweizer – im Cup sind sie nämlich mit einem einzigen Titel so erfolgreich wie der FC Grenchen.

Drei Titel in 139 Jahren

Der FC St. Gallen und der Cup, das ist wahrlich keine Liebesgeschichte. Dazu beigetragen haben auch Niederlagen, wie die vor acht Jahren, als Grün-Weiss zu Hause im Halbfinale gegen den damaligen Zweitligisten Lausanne mit einem Tor und einer roten Karte vorne lag, nur um den Sieg nach einer miserablen zweiten Hälfte gegen zehn Westschweizer noch aus der Hand zu geben. Demselben Gegner musste man sich auch vor zwanzig Jahren geschlagen geben, als der FCSG im Cupfinal in Bern in letzter Minute den Ausgleich kassierte und anschliessend im Elfmeterschiessen verlor.

2010 liess der FC St. Gallen im Cup-Halbfinal zu, dass zehn unterklassige Lausanner das Spiel noch zu ihren Gunsten drehten.
2010 liess der FC St. Gallen im Cup-Halbfinal zu, dass zehn unterklassige Lausanner das Spiel noch zu ihren Gunsten drehten.
Bild: Keystone

Meistens aber kommen die St. Galler nicht einmal in die Nähe des Finals und scheiden beim ersten Aufeinandertreffen mit einem halbwegs ernstzunehmenden Gegner aus dem Turnier aus. Das war auch dieses Jahr nicht anders und so geht das Warten auf den grossen Coup in der Fussballstadt St. Gallen weiter.

Drei Titel in 139 Jahren – und das beim dritthöchsten Zuschauerschnitt der Schweiz. Das ist zu wenig.

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