Die Grasshoppers versuchen im Abstiegskampf mit der Entlassung von Trainer Thorsten Fink neue Impulse zu setzten. Doch die Probleme des Klubs gründen tiefer.
Am Samstag empfingen die Grasshoppers den FC Luzern. Das Tabellenschlusslicht unterlag den Innerschweizern sang- und klanglos mit 1:3. Aus den letzten acht Partien resultierte nur ein Punkt. Die destaströse Gesamtbilanz in der Super League von Trainer Thorsten Fink nach gut 300 Tagen beim Schweizer Rekordmeister: Sechs Siege, vier Remis und 18 Niederlagen in 28 Spielen. Aus dem Cup verabschiedete sich das Team des ehemaligen Bayern-München-Profis im 1/16-Final gegen die Amateure aus Nyon.
Das Bayern-Sieger-Gen konnte der umgängliche Deutsche also den Zürchern nicht einimpfen, obwohl der 51-Jährige während seiner ganzen Amtstätigkeit unerschütterlich versuchte, Optimismus im Verein zu verbreiten. Noch am 17. Februar sagte er Teleclub: «Wir steigen nicht ab, das kann ich Ihnen sagen.»
Doch in den letzten Wochen schien selbst Daueroptimist Fink am Ende seines Lateins. Der lustlose Auftritt seines Teams am Wochenende hat wohl auch ihm den Mut genommen. Goalie Heinz Lindner, der einzige Spieler mit Normalform bei GC, meinte nach dem Spiel: «Ich habe keine Erklärung dafür, wieso wir in der ersten Halbzeit den Kampfeswillen haben vermissen lassen. Ohne diese Grundvoraussetzung hat man natürlich schlechte Karten.»
Die Karten werden nun neu gemischt. Der Verwaltungsrat unter Führung von Präsident Stephan Anliker und CEO Manuel Huber stellte neben Fink auch Sportchef Mathias Walther frei. Fink war der Wunschkandidat von Walther, weshalb die Schicksale der beiden stets eng verbunden waren. Zuvor hatte er mit dem machtbewussten Murat Yakin ebenfalls aufs falsche Pferd gesetzt. Doch ob die sportliche Talfahrt mit dem «House-Cleaning» gestoppt werden kann, ist mehr als fraglich.
Thorsten Fink selbst hat immer wieder erwähnt, dass man mit so vielen Trainer-Wechseln und Spieler-Mutationen im Klub nicht erfolgreich arbeiten könne. In der Chefetage rumorte es derweil ständig, verschiedene Fraktionen und Grüppchen schoben sich da jeweils die Schuld an der Misere zu. Mit Zeit, Ruhe und Geduld auf allen Positionen könne es mit GC aber wieder aufwärts gehen, predigte der gebürtige Dortmunder immer. Natürlich war das auch ein geschickter Schachzug von Fink, der sich so trotz mangelnder Resultate überraschend lange halten konnte, weil er so die Probleme des Vereins in den letzten Jahren schonungslos offenbarte.
Kader genügt nicht höheren Ansprüchen
Fink war aber auch der Ansicht, dass das Kader über genügend Qualität für die Super League verfüge. Im aktuellen Team sind jedoch nur wenige Spieler dabei, denen man objektiv eine gehobene Klasse für die Liga attestieren darf. Mit Numa Lavanchy wechselte ein Spieler dieser Kategorie in der Winterpause zu Konkurrent Lugano. Das grösste Talent in den eigenen Reihen, Nedim Bajrami, sass im letzten Spiel 90 Minuten auf der Bank. Dafür standen Spieler wie Robin Kamber, Aleksandar Cvetkovic oder Anthony Goelzer auf dem Platz.
Natürlich hatten die Zürcher in dieser Saison auch Pech, dass mit Nathan, Marko Basic oder Runar Sigurjonsson gleich mehrere designierte Leistungsträger lange Zeit ausfielen oder immer noch rekonvaleszent sind. So fehlen auf dem Platz die Leaderfiguren, welche die orientierungslose Mannschaft führen können. Der vermeintliche Hoffnungsträger Raphael Holzhauser war mehr mit sich selber beschäftigt. Und Offensivspieler wie Pinga, Ngoy oder Djuricin fallen mehr durch die Unkonstanz als durch ihre Torgefahr auf.
Die früher erfolgsverwöhnten Fans machen schon seit einigen Jahren schwere Zeiten durch. Nur noch 3'700 Zuschauer verirrten sich beim letzten Spiel in den Letzigrund. Seit dem Umzug nach Niederhasli scheint der Verein keine Identität und Philisophie zu haben. Mit dem neuen Stadionprojekt ist immerhin ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Doch zuerst muss der Verbleib in der Super League sichergestellt werden. Alles andere als eine Selbstläufer.
In der Tabelle liegt Xamax – das auf dem Papier schwächste Team der Liga – mit einem Punkt Vorsprung auf dem Barrageplatz. Der Tabellenachte Lugano verfügt gegenüber GC bereits über eine stattliche Reserve von acht Punkten. In den letzten 13 Runden muss nun also endlich die Wende gelingen. In der derzeitigen Verfassung kein leichtes Unterfangen. Ansonsten droht erstmals nach 70 Jahren und zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte der Weg in die Zweitklassigkeit.