Vincent Rüfli gewinnt den Schweizer Cup und spielt einmal für die Nationalmannschaft. Vor allem schafft er am 17. April 2011, was sich jeder Fussballer wünscht: ein Tor von hinter der Mittellinie.
Vincent Rüfli hat in seiner Karriere schon einiges erreicht. Mit Servette stieg er in die Super League auf, mit Sion gewann er 2015 den Cup und in Frankreich spielte er für Dijon in der Ligue 1. Im Spätherbst 2011 bestritt er unter Ottmar Hitzfeld sogar ein Länderspiel. Doch aller hart erarbeitenden Erfolge zum Trotz behält das Internet vor allem eines von Rüfli in Erinnerung: den erfolgreichen Schuss aus 60 Metern an jenem Sonntagnachmittag vor neun Jahren im Stade de Genève.
Nur etwas mehr als 3500 Zuschauern waren im schlecht gefüllten Stadion für den Match der Challenge League gegen Schaffhausen gekommen. Die Schaffhauser spielten gegen den Abstieg, und Servette hatte keine grossen Hoffnungen mehr, noch einen der ersten zwei Plätze zu erreichen. Dass es dann noch anders kam und die Genfer nach einer sensationellen Aufholjagd in den letzten sieben Runden via Barrage noch den Aufstieg schafften, hatte vordergründig nichts mit dem Sonntagsschuss von Rüfli zu tun.
Der torgefährliche Aussenverteidiger
Gegen Schaffhausen läuft die 56. Minute und Servette führt 3:2. Kurz vor der Pause haben die Genfer innerhalb von vier Minuten aus einem 0:2 ein 3:2 gemacht. Und doch: Der Höhepunkt steht noch bevor durch den damals 23-jährigen Rüfli. Dieser befindet sich seit Wochen in beneidenswerter Form und hat für einen Aussenverteidiger schon bemerkenswerte fünf Saisontore erzielt.
In der 56. Minute bekommt Rüfli den Ball zugespielt, macht zwei, drei Schritte Richtung Mittellinie und setzt aus etwa 60 Metern zum Schuss an. Der Ball fliegt perfekt Richtung Tor, über den zurückeilenden Goalie hinweg und setzt genau hinter der Torlinie auf. Am Ende gewinnt Servette mit 6:2, doch alle sprechen nur über diesen einen Treffer.
Die Bilder gehen um die Welt, die Superlative überbieten sich. Nur der Torschütze analysiert nüchtern: «Ich habe gesehen, wie der Goalie vorgerückt ist. Dann habe ich es halt versucht und Glück gehabt. Gut für mich und gut für die Mannschaft. Ich hätte auch passen können, dann wäre etwas anderes dabei herausgekommen. Aber ja, ich habe es versucht. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.»
«So ist Fussball»
Gewagt hat der draufgängerische Rüfli in den Jahren danach immer wieder mal, so spektakulär reüssiert hat er aber selbstredend nicht mehr. In den letzten fünf Saisons traf er nur noch einmal – für den Paris FC in der Ligue 2 mit einem Penalty-Nachschuss.
Es ist aber ein anderer Schuss von Rüfli, im Trikot von Sion, der mehr zu reden gab und so was wie die Antithese zu seinem 60-Meter-Tor ist. Im Februar 2016 prallte sein Schuss in der Nachspielzeit gegen Braga von der Latte ab. Wenige Zentimeter fehlten und Sion wäre in den Achtelfinal der Europa League vorgestossen. «So ist Fussball», kommentierte Rüfli.
Der 32-Jährige spielt seit dem letzten Sommer für den FC St. Gallen. Bislang musste er sich aber mit der Reservistenrolle zufrieden geben. Bis Ende Februar stand er für den überraschenden Super-League-Leader nur 133 Minuten auf dem Feld.