Am 13. Mai 2017 ändert sich das Leben von zwei Matchbesuchern der Challenge-League-Partie Winterthur gegen Zürich schlagartig – und nachhaltig: Ein 22-jähriger Lehrling wirft im Rausch einen Schachtdeckel elf Meter tief auf den am Perron wartenden FCZ-Fan Noel Buchner (Name geändert). Das Urteil ist gesprochen; der Täter muss sieben Jahre ins Gefängnis. Wir haben das Opfer noch vor der Gerichtsverhandlung getroffen und zeigen das eindrückliche Video heute.
Das Bezirksgericht Winterthur sah es Ende Mai 2018 als erwiesen an, dass der angehende Koch den zwei Kilogramm schweren Schachtdeckel vom Boden löste und vom Parkdeck über dem Bahnhof Winterthur auf das Perron 9 schleuderte. Das Metallteil fiel elf Meter tief – direkt auf den Kopf des damals 27-jährigen FCZ-Fans, der dort gerade in den Extrazug nach Zürich steigen wollte. Der Sekundarlehrer erlitt einen Schädelbruch und landete auf der Intensivstation.
Es gebe keine Zweifel an der Tat, sagt die Richterin rund ein Jahr nach dem Vorfall an die Adresse des Täters, der das Urteil regungslos entgegennahm. Die Tat sei rücksichtslos gewesen und zeuge von einer absoluten Geringschätzung des menschlichen Lebens. «Sie haben schlicht in Kauf genommen, dass jemand getroffen wird. Und es war Ihnen auch klar, dass diese Person tot sein könnte.»
« ... auch wenn es nur bei zwei Leuten Klick macht»
Buchner hatte an jenem Abend Glück im Unglück: «Ich wäre höchstwahrscheinlich nicht mehr am Leben, wenn mich der Schachtdeckel zwei Zentimeter daneben getroffen hätte», sagt er gegenüber Teleclub vor der Gerichtsverhandlung. Er könne sich noch daran erinnern, wie er am Perron stand und danach im Zug zu sich gekommen sei und sich an den Kopf gefasst habe. «Ich merkte, etwas ist passiert.»
Buchners Gedanken kreisen aber auch immer wieder um den Täter: «Ich will mir nicht ausdenken, was er sich mit dieser Tat verbaut hat. Ich bin in erster Linie froh, wenn es mir gut geht und die Sache abgeschlossen ist.»
Buchner besucht inzwischen bereits wieder Spiele des FC Zürich und hat die Geschehnisse weitestgehend verarbeitet. Dabei half ihm auch die Aufarbeitung mit seiner Klasse.
Der Sekundarschullehrer hat seine Schüler eingeladen, an der Gerichtsverhandlung teilzunehmen. Im Unterricht hat er den Vorfall behandelt. «Das ist Staatskunde 1:1 – so funktioniert unsere Demokratie», sagt Buchner. Seine Botschaft: «Wenn man nur eine Sekunde länger überlegt, bevor man etwas macht, hat sich die Exkursion bereits gelohnt. Auch wenn es nur bei zwei Leuten Klick macht.»
++ Das Gespräch mit Noel Buchner wurde Anfang Mai 2018, rund einen Monat vor der Gerichtsverhandlung aufgezeichnet. Wir zeigen es mit der Erlaubnis des Betroffnen zwei Monate nach der Urteilsverkündung des Bezirksgerichts Winterthur ++
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