Ja

Michael Fritschi

Redaktionsleiter TV live nationaler Fussball

Eines vorweg: An YB und an Basel wird der FCZ nicht vorbeikommen – diese sind für den Rest der Liga in dieser Saison unerreichbar. Wenn ich den FC Zürich als Spitzenmannschaft bezeichne, dann meine ich damit den Kampf um Rang drei, also einen Platz im internationalen Geschäft. Dieses Ziel ist absolut realistisch.

Der von Präsident Ancillo Canepa und Sportchef Marinko Jurendic eingeleitete Umbruch war nötig. Es brauchte nach den sehr enttäuschenden letzten Jahren einen Trainer, der von Aussen kommt, unbelastet ist und der Mannschaft eine Winnermentalität einimpfen kann. Diese Voraussetzungen erfüllt André Breitenreiter perfekt. Der 47-Jährige ist ein hervorragender Kommunikator, ein exzellenter Motivator und vor allem ein sehr akribischer Arbeiter, der auf jedes Detail achtet. Ancillo Canepa vergleicht ihn diesbezüglich sogar mit Lucien Favre.

Die ersten vier Pflichtspiele in dieser Saison haben gezeigt, dass es Breitenreiter sehr schnell geschafft hat, der Mannschaft eine klare Spielidee und Struktur zu vermitteln. Vormalige «Ladenhüter» wie Mirlind Kryeziu und Assan Ceesay hat er zu Schlüsselspielern geformt. Weiter ist die Mentalität der Mannschaft in der Rückwärtsbewegung beeindruckend. Und in der Offensive spielt der FCZ dank dem neu gewonnenen Selbstvertrauen plötzlich unbeschwert auf.

Breitenreiter profitiert dabei auch von den neu verpflichteten Adrian Guerrero und Nikola Boranijasevic. Diese überragenden Transfers hat der umsichtige Marinko Jurendic realisiert. Sowohl Guerrero, als auch Boranijasevic gehören zu den besten Aussenläufern der Liga. Dazu verleiht das einstige deutsche Supertalent Moritz Leitner der Mannschaft Glanz. Es zeigt sich schon jetzt: Der sportliche Umbruch beim FCZ ist geglückt. Diese intakte Mannschaft wird sich auch von Rückschlägen erholen können.

Das Argument, dass Zürich in der Liga mit Lugano, Lausanne, Luzern und im Cup mit Solothurn bislang nur schwache Gegner vorgesetzt bekommen hat, lasse ich übrigens nicht gelten. Luzern hat YB an den Rand einer Niederlage geführt, Lugano hat nach der Niederlage gegen den FCZ alle Spiele gewonnen und in der ersten Cup-Runde hat kein anderes Super-League-Team 10 Tore erzielt.

Fazit: Zürich ist in dieser Saison ein heisser Anwärter auf Rang drei und damit auf einen Europacup-Platz. Dafür spricht auch die Statistik: Immer wenn der FCZ die ersten vier Pflichtspiele einer Saison gewinnen konnte, klassierte man sich in der Super League anschliessend in den Top drei.

Nein

Marcel Allemann

Journalist Online-Redaktion

9 Punkte aus 3 Spielen in der Meisterschaft, ein «Stängeli» im Cup. Und dazu erfrischender Fussball, der begeistert. Ich ziehe meinen Hut vor dem «neuen» FC Zürich. Dieser starke Saisonstart kommt unerwartet und daher umso beeindruckender. Und es scheint derzeit so, als hätte der FCZ mit André Breitenreiter den besseren ehemaligen Bundesliga-Trainer an Land gezogen als YB mit David Wagner.

Doch ich traue diesem Burgfrieden (noch) nicht. Zu sehr hat der FCZ seine Fans in den letzten Jahren immer wieder leiden lassen, die einzige Konstante seit dem Wiederaufstieg war die Inkonstanz. In der letzten Saison hat es Zürich gar in rekordverdächtigem Tempo geschafft, eine gute Ausgangslage zu verspielen und in den Abstiegsstrudel zu geraten. Deshalb lautet mein erstes Fazit: Der perfekte Saisonstart wird dem FCZ primär helfen, sich bis auf weiteres von den unangenehmen Tabellenplätzen fern zu halten. Mehr nicht. Für Prognosen ist es im August ohnehin viel zu früh – und beim FCZ erst recht.

Und sind wir ehrlich: Mit Lausanne, Lugano und Luzern «durfte» Zürich bislang gegen zwei Abstiegskandidaten und ein Team (Luzern), das nicht aus den Startlöchern gekommen ist, spielen. Die wahren Proben folgen erst. Mit dem Zürcher Derby am Samstag gegen GC (blue Sport live ab 17.25 Uhr), das jeweils ohnehin seine eigenen Geschichten schreibt. Mit den Spielen gegen die Liga-Krösusse YB und Basel und den Matches gegen St. Gallen und Servette, die man hinter sich lassen muss, wenn man oben mitspielen will.

Erst dann wird sich ein erstes Mal zeigen, ob die Hintermannschaft um die bisherige FCZ-Überraschung Mirlind Kryeziu wirklich sattelfest ist. Ob die FCZ-Offensive tatsächlich mehr zu bieten hat als nur den starken Dauerbrenner Antonio Marchesano. Und ob der unter Breitenreiter plötzlich erwachte Assan Ceesay auch gegen besser organisierte Teams so glänzen kann wie gegen Lugano oder Lausanne. 

Es kann für den FCZ eine grossartige Saison werden, wenn es gelingt, zur Konstanz zu finden. Wenn Breitenreiter tatsächlich die Spieler wie Kryeziu und Ceesay langfristig besser macht. Wenn Promi-Neuzugang Moritz Leitner seine Karriere in der Schweiz mit starken Leistungen neu lancieren kann und vor allem wenn der ergraute und verletzungsanfällig gewordene Leitwolf Blerim Dzemaili zur FCZ-Antwort auf Basels Valentin Stocker wird. Aber noch ist es nicht soweit. Noch steht das Fundament des FC Zürich auf zu wackligen Beinen.

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