Paul Wolfisberg bleibt in Erinnerung als der gemütliche und bärtige Eidgenosse. Doch der Innerschweizer war durchaus auch schlitzohrig, schlau – und bisweilen sogar durchtrieben.
Vor allem spielte Paul Wolfisberg bravourös auf der Klaviatur der «Medienarbeit». Als Wolfisberg in den Achtzigerjahren Nationalcoach war, war die Schweizer Sport-Medienlandschaft bipolar. Der «Blick» auf der einen Seite, der «Sport» auf der anderen.
Wolfisberg machte sich dies zu Nutzen. Der Legende nach rief er den «Blick» an, bevor er den Vertrag beim SFV unterschrieb, und fragte, ob man ihm als Nationalcoach eine Chance gebe. Man gab und berichtete durchwegs wohlwollend über das Nationalteam. Als Gegenleistung lieferte Wolfisberg immer wieder brisante News aus dem Innenleben von Verband und Mannschaft an den damaligen Blick-Fussball-Chefreporter.
Auch in Krisenzeiten nicht unter Beschuss
Besonders spannend war diesbezüglich das Jahr 1984. Die SFV-Auswahl gewann monatelang kein Spiel und ging mit wenig medialem Kredit in die Qualifikation für die WM 1986. Wolfisberg passte die negative Berichterstattung nicht – vor allem von Seiten des «Sport» – und nahm nach dem gewonnen Startspiel in Norwegen eine Auszeit. Er tauchte ohne klares Statement unter und liess die Fussball-Schweiz über seinen bevorstehenden Rücktritt mutmassen.
Der «Blick» startete darauf eine landesweite Petition, schoss verbal auf die Verbandsspitze und schrieb einen Offenen Brief an Wolfisberg, den er im Namen aller Nationalspieler verfasste. Die Folge: Der Boulevard ebnete dem Nationaltrainer den Weg zurück. Die Position von Wolfisberg war fortan gestärkt und der Luzerner hätte ein Jahr später auch die zweite verpasste Qualifikationsphase unbeschadet überstanden. Doch er bestimmte den Zeitpunkt seines Rücktritts als Nationalcoach selber – und trat im November 1985 ab.