18 Verschiebungen in der Schweiz, eine in Österreich: Werden Fussballer in der Schweiz von Corona ärger geplagt als in Österreich? Nein. Aber Österreich geht mit den Zwängen der Pandemie geschickter um.
Die Schweiz ist mit ihrer Super League eine Insel mitten in Europa. Nirgendwo rundherum werden derart viele Spiele verschoben, weil ganze Mannschaften in Quarantänen stecken. In Österreich konnte eine einzige Partie der obersten Liga nicht programmgemäss stattfinden, in den Niederlanden waren es – beide zu Beginn der Saison – zwei.
In den vom Virus stark betroffenen Ländern Frankreich und England wurden in den höchstens Ligen ungefähr vier Prozent der Spiele verschoben – ein gewaltiger Unterschied zu den gut 13 Prozent in der Super League. In der deutschen Bundesliga, musste gerade am Wochenende erstmals in dieser Saison ein Match – Arminia Bielefeld gegen Werder Bremen – verlegt werden. Aber nicht etwa wegen der Pandemie, sondern wegen der Schneemassen in Nordrhein-Westfalen.
In der Entwicklung eines Konzepts, dank dem der Spielbetrieb nahezu reibungslos läuft, gehörte die österreichische Bundesliga zu den Pionieren. Zahlreiche andere Verbände erkundigten sich und wendeten das Vorgehen auf ihre Ligen an. Liebend gern würde Claudius Schäfer, der CEO der Swiss Football League (SFL), mit dem gleichen Rezept in der Super League und in der Challenge League verfahren.
Schäfer sind die Hände gebunden, solange die Politik nicht einlenkt
Aber bis dato kämpft er in der Schweizer Politik gegen Windmühlen. Immerhin kann Schäfer nach der bundesrätlichen Verordnung der vorletzten Woche hoffen, dass Ausnahmeregelungen – um eine solche handelt es sich beim österreichischen Konzept – auch für den Schweizer Profifussball genehmigt werden.
Solange aber einzelne positive Fälle bewirken, dass ganze Mannschaften in Quarantäne geschickt werden und weder trainieren noch spielen können, besteht die realistische Gefahr, dass die Schweizer Meisterschaft über 36 Runden nicht zu Ende geführt werden kann. Zumal nicht in dieser Saison, die wegen der am 11. Juni beginnenden EM-Endrunde beizeiten beendet werden muss. Der Schweizer Fussball interessiert im Ausland nicht stark. Dennoch würde er sich blamieren, wenn einzig in der Super League kein (richtiger) Meister ermittelt werden könnte.
Für die Übernahme des mittlerweile fast ein Dreivierteljahr bewährten österreichischen Konzepts sind Schäfer die Hände gebunden, solange die Politik nicht einlenkt. Immerhin gibt es für die SFL in diesen Tagen Hoffnung: Schäfer erwartet eine Rückmeldung der Schweizer Kantonsärzte-Vereinigung VKS. Bekommt die Profiliga – endlich – grünes Licht, könnte plötzlich alles rasch gehen.
Klare Bestimmungen
Die selbständige österreichische Bundesliga verhandelte letzten Frühling mit der Bundesregierung respektive dem Gesundheitsministerium und dem Sportministerium. Nach anfänglichen Bedenken der Behörden einigte man sich rechtzeitig, noch vor der Wiederaufnahme des Spielbetriebs im Juni, darauf, das Konzept umzusetzen. Nach mehr als einem halben Jahr sind die Erfahrungen ausschliesslich positiv. Alle Klubs ziehen mit und setzen die Vorgaben diszipliniert um.
Die Österreicher Lösung ist so einfach wie wirkungsvoll: Nach positiven Fällen gibt es nicht nur eine Quarantäne-Umgebung, sondern zwei: die eigenen vier Wände und das Stadion. Positive gehen in die gängige Quarantäne und schotten sich daheim ab. Alle Negativen absolvieren ihre Quarantäne ebenfalls in der Familie, aber eben auch in der geschlossenen, wohldefinierten Gesellschaft des Klubs, wo sie weiterhin trainieren und spielen können.
Vor jedem Match lassen sich alle Spieler und die Staffs testen. Jede Mannschaft spielt, sobald aus ihrem 30-Mann-Kader mindestens 14 Feldspieler und zwei Torhüter negativ und mithin einsatzfähig sind. Die Mannschaften nehmen damit in Kauf, dass sie geschwächt spielen müssen, wenn beispielsweise etliche Leistungsträger ausfallen.
Aber das Vorgehen wird von allen Klubs ohne Vorbehalt mitgetragen. In der laufenden Saison ist es nur einmal passiert, dass eine Mannschaft – es war der Europa-League-Teilnehmer Wolfsberg – nicht antreten konnte, weil zu viele Spieler infiziert waren. Es war eines von 90 Spielen.
Die patente Ausnahmeregelung kommt in Österreich nicht nur dem Profifussball zugute, sondern dem Profisport generell.
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