Kommentar Wickys Entlassung kommt einem schlechten April-Scherz gleich

Ein Kommentar von Jan Arnet

26.7.2018

Raphael Wicky ist nicht mehr Trainer des FC Basel.
Raphael Wicky ist nicht mehr Trainer des FC Basel.
Keystone

Der FC Basel entlässt Trainer Raphael Wicky nach den ersten beiden Saisonspielen. Die Vereinsführung um Präsident Bernhard Burgener und Sportchef Marco Streller widerspricht sich damit selbst. Ein Kommentar.

Dass sich Raphael Wicky nicht schon wieder einen Fehlstart in die neue Saison erlauben darf, war klar. Aber kann man nach zwei verlorenen Spielen schon von einem Fehlstart sprechen? Was wäre, wenn Marco Aratore am Samstag mit seinem Schuss in der Nachspielzeit nicht Luca Zuffis Rücken getroffen hätte, von wo der Ball zum 2:1 für St. Gallen im Tor landete? Oder wenn Valentin Stocker am Dienstag gegen PAOK das leere Tor getroffen und die Basler früh in Führung geschossen hätte? Fakt ist: Basel hatte in den ersten beiden Saisonspielen auch viel Pech. 

«Die Leistungen der Mannschaft seit dem Trainings- und Saisonbeginn mit fünf Niederlagen in Serie entsprachen nicht den Erwartungen der sportlichen Leitung», erklären die Bebbi Wickys Entlassung. Worte, die einem schlechten April-Scherz gleichkommen. Denn der FCB begründet den Entscheid damit auch mit schlechten Leistungen aus den drei letzten Testspielen, die gegen Wolverhampton, Feyenoord und Aarau verloren gingen. Eine Frechheit. Denn Testspiele sind – wie der Name schon sagt – zum Testen da. Beim 1:4 gegen Aarau etwa standen folgende elf FCB-Spieler in der Startformation: Antonio; Manzambi, Dimitriou, Kaiser, Conus; Huser, Kuzmanovic; von Moos, Oberlin, Bua; Pululu. Von ihnen schaffte es einzig Kevin Bua gegen St. Gallen in die Startelf.

Hinter Wickys Entlassung müssen andere Gründe stecken. Hat sich der Trainer zu laut über die Entscheide der sportlichen Führung beschwert? Der Coach hatte nach der letzten Saison öffentlich gesagt, dass er im Sommer nicht wieder so viele Veränderungen haben will. Was passierte? Mit Tomas Vaclik, Michael Lang und Mohamed Elyounoussi verlor er wieder drei Leistungsträger, nachdem bereits im Winter Manuel Akanji und Renato Steffen verkauft wurden. 

Schon vor der letzten Saison musste Wicky die Abgänge der beiden Torgaranten Marc Janko und Seydou Doumbia verkraften. Mit Matias Delgado verliess auch der Captain das Team. Aus der Stammelf der letzten Basler Meistermannschaft (2016/17) sind nur noch Marek Suchy, Eder Balanta, Luca Zuffi und der derzeit verletzte Taulant Xhaka da. Klar, dass es bei einem solch grossen Umbruch Zeit braucht, bis die Automatismen greifen.

Streller widerspricht sich selbst

Zeit, die Marco Streller dem Trainer nicht mehr geben will. Dabei stärkte der Sportchef Wicky im November in einem Interview mit der «Berner Zeitung» noch den Rücken: «Wir waren stets von unserer Philosophie überzeugt, wir wussten, dass Raphael Wicky ein herausragender Trainer ist, wir sahen, wie er mit der Mannschaft arbeitet. Und es gab schöne Momente, die uns bestärkten in unserem Vorgehen.» Und weiter: «Wir wollten wieder mehr Emotionen im St.-Jakob-Park. Der FCB soll Freude bereiten. Wenn man eine neue Euphorie entfachen will, muss man manchmal durch ein bisschen schwierigere Phasen gehen, dann sind die Emotionen umso grösser, wenn es wieder läuft. Ich finde unseren Weg spannend. Wir sind unberechenbarer geworden.»

Mit Wickys Entlassung widerspricht sich Streller selbst. Wer beim Saisonauftaktspiel gegen St. Gallen dabei war, hat ein hochemotionales Spiel gesehen. Chancen gab es auf beiden Seiten zu Hauf. Für den neutralen Fussball-Fan war es ein Genuss, zuzusehen. Für den FCB-Fan am Ende bitter, aber auch er hatte bis in die Nachspielzeit Spass am Spektakel. 

FCB-Präsident Bernhard Burgener und Sportchef Marco Streller haben das Vertrauen in Raphael Wicky verloren.
FCB-Präsident Bernhard Burgener und Sportchef Marco Streller haben das Vertrauen in Raphael Wicky verloren.
Keystone

Wickys Entlassung zeigt: Der FCB-Führung geht es eben doch primär um die Resultate. Angst scheint sich breit zu machen. Angst vor der nächsten Krise, Angst vor dem Verpassen der Champions League, die dem FC Basel den nächsten Berg an Millionen bringen würde. Rund 32 Millionen Euro kassiert der FCB bei der erneuten Teilnahme an der Königsklasse.  

Rein finanziell gesehen zahlte sich die Arbeit der neuen Führung um Präsident Bernhard Burgener bisher aus. Alleine mit den Transfers machte der FCB seit Sommer 2017 ein Plus von 34,5 Millionen Euro. Statt vorschnell mit einer Trainerentlassung auf den verpatzten Saisonstart zu reagieren, hätte sich die Führung aber womöglich zuerst an die eigene Nase fassen müssen. Sie hätte sich eingestehen müssen, dass mit den vielen Rochaden und dem aktuellen Kader nicht das erwartet werden darf, was man noch vor zwei Jahren hatte: Eine von Anfang an funktionierende Mannschaft.

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