Liebe auf den zweiten Blick Wie sich Alain Geiger und Servette gefunden haben

Andy Jucker, Chris Augsburger

17.9.2021

Carlos Varela: «Alain Geiger ist kein Diktator»

Carlos Varela: «Alain Geiger ist kein Diktator»

Beim FC Aarau noch selbst unter dem 60-Jährigen aktiv, verrät Carlos Varela gegenüber blue Sport, welche Qualitäten Servette-Trainer Alain Geiger auszeichnen.

13.09.2021

Am Anfang steht eine eingereichte Bewerbung, die nicht einmal beantwortet wird. Mittlerweile hat Alain Geiger Servette wieder an die nationale Fussballspitze geführt. Eine Würdigung seiner Arbeit.

Andy Jucker, Chris Augsburger

17.9.2021

Als er nach Genf kam, runzelten viele die Stirn. Jetzt ist er schon seit über drei Jahren da. Alain Geiger hat den Traditionsklub Servette zurück in die Super League geführt und zu einer der spielerisch besten Mannschaften der Schweiz geformt. Ein Lobgesang auf die Arbeit des 60-Jährigen.



Das missglückte erste Date

Im März 2018 sucht Servette einen neuen Trainer. Der angestrebte Aufstieg in die Super League ist in weite Ferne gerückt. Bei den Genfern flattert ein Bewerbungsschreiben ein. Der Absender: ein gewisser Alain Geiger. Selbstverständlich ist er jedem Schweizer Fussballfan bereits ein Begriff, aber seine Trainerkarriere gerät zuletzt ins Stocken.

Die letzten beiden Jahre hatte er keinen Klub, davor arbeitete er jahrelang in Afrika. Und so erhält Geiger gar keine Antwort auf seine Bewerbung. Die Genfer schaffen den Aufstieg wie erwartet nicht, eine positive Entwicklung ist auch unter dem neuen Trainer nicht zu erkennen. Deshalb steht im Sommer 2018 wieder ein Wechsel an der Seitenlinie an. Geiger greift neuerdings zum Telefon und ist wenig später tatsächlich neuer Trainer beim Traditionsklub. Die Fussballschweiz wundert sich, aber es ist der Beginn einer Erfolgsgeschichte.

Der Weg nach oben

Servette hat seit Geigers Ankunft eine bemerkenswerte Entwicklung genommen. Im Eiltempo führte der 60-Jährige die Genfer zurück in die Super League. Da brillierte der Aufsteiger in der ersten Saison mit Platz 4, konnte sich in der Vorsaison gar noch einmal steigern und wurde Dritter. Besonders auffällig: Die Genfer stehen für teils spektakulären Offensivfussball, begeistern mit ihrer Spielweise. Geiger hat Erfolg, was für einige zwar überraschend sein mag, aber absolut erklärbar ist.

Alain Geiger steht seit 2018 bei Servette an der Seitenlinie.
Alain Geiger steht seit 2018 bei Servette an der Seitenlinie.
Bild: Keystone

Das allererste Pflichtspiel als Servette-Trainer führt Geiger 2018 nach Aarau ins Brügglifeld. Servette gewinnt. Viel interessanter ist Jahre später aber ein Blick auf die Genfer Aufstellung. Mit Frick, Sauthier, Rouiller, Severin, Cognat und Schalk stehen in jenem Spiel sechs Akteure in der Startelf, die auch heute noch mit dabei sind. Das ist nicht selbstverständlich.

Erstens sind drei Jahre im Fussball eine lange Zeit, zweitens spielt Servette ja mittlerweile eine Liga höher. Geiger hat es geschafft, viele Spieler besser zu machen. Sonst wäre dieser Qualitätssprung mit ähnlichem Personal nicht möglich gewesen.

Avanciert Geiger zum Erlöser?

Zudem ein entscheidender Punkt: Geiger bleibt immer ruhig, Aktionismus ist ihm fremd. Letzte Saison starten die Genfer beispielsweise sehr bescheiden. Fünf Punkte nach sieben Spielen lautet die Ausbeute. Geiger lässt trotzdem seine eingespielte Mannschaft weitermachen, ändert auch nichts an der Taktik. Die Wende gelingt, Servette qualifiziert sich gar noch für den internationalen Wettbewerb.

Geigers Vertrag in Genf läuft noch knapp zwei Jahre. Er hat schon sehr viel geleistet, auch dank ihm ist der Traditionsklub wieder oben angekommen. «Er ist ein sehr menschlicher, familiärer Typ und kein Diktator. Er spricht immer mit den Spielern. Für die Jungen ist er wie ein Vater, für die erfahrenen Spieler ist er wie ein Kolleg», schwärmt auch Carlos Varela über seinen Ex-Coach (im Video oben).

Es fehlt eigentlich nur noch die Krönung in Form eines Titels! Seit 20 Jahren warten sie in Genf auf einen ebensolchen. Sollte Geiger diesen letzten Schritt auch noch gehen, müssten sie ihm vor dem Stade de Genève eigentlich eine Statue errichten. Und vor allem dankbar sein, dass er nach der ersten erfolglosen Bewerbung hartnäckig geblieben ist.

Servette – St.Gallen 5:1

Servette – St.Gallen 5:1

Credit Suisse Super League, 6. Runde, Saison 21/22

12.09.2021