Interview Zuberbühler: «Anliker ist Teil des Problems, nicht Teil der Lösung»

Interview: René Weder

10.4.2018

GC-Präsident Stephan Anliker (links) ist in dieser Saison auf Augenhöhe mit Sittens Christian Constantin, was den Verschleiss von Trainern betrifft. Teleclub-Experte Pascal Zuberbühler blutet derweil das Herz, wenn er sieht, was aus dem ehemaligen Zürcher Top-Verein geworden ist.
GC-Präsident Stephan Anliker (links) ist in dieser Saison auf Augenhöhe mit Sittens Christian Constantin, was den Verschleiss von Trainern betrifft. Teleclub-Experte Pascal Zuberbühler blutet derweil das Herz, wenn er sieht, was aus dem ehemaligen Zürcher Top-Verein geworden ist.
Bild: Keystone

Die Entlassung von Murat Yakin beim Grasshopper Club ist nur die Spitze des Eisbergs. Pascal Zuberbühler spricht im Interview über die Versäumnisse, Fehler und Machtkämpfe beim tief gefallenen Rekordmeister.

Pascal Zuberbühler, wenn Sie sich die Entwicklungen der letzten Jahre bei GC anschauen, was denken Sie dann?

Leider nicht viel Positives. Es ist schade und beschämend für den Zürcher Fussball, dass GC nicht vom Fleck kommt. Es findet eine permanente Selbstzerfleischung statt. Man schenkt neuen Trainern zudem keinen Kredit und beginnt immer wieder bei null.

Murat Yakin war gerade einmal acht Monate im Amt: Wo lag das Missverständnis?

Zunächst einmal finde ich es extrem schade, dass Murat Yakin nicht weiterhin GC-Trainer ist. Wenn man einen Trainer wie Yakin holt, weiss man, dass man eine Persönlichkeit mit Ecken und Kantan engagiert. Jemand, der Entscheidungen trifft und seine Mannschaft zusammenstellt. Einer, der dem Erfolg alles unterordnet. Durch die ständigen internen Intrigen ist es nie dazu gekommen, dass man ihm den Rücken gestärkt hätte. Gerade wenn man sich die letzten Tage anschaut, dann war das doch unterste Schublade.

Hat auch Yakin selbst Fehler gemacht?

Sicher hätte er auch Dinge anders machen können. Aber im Nachhinein ist das immer einfach zu beurteilen. Murat ist sehr selbstkritisch, auch wenn dies gegen aussen nicht immer so wirken mag. Viele halten ihn für arrogant, aber diese Vorurteile teile ich nicht.

Präsident Anliker hat in vier Jahren mit Skibbe, Tami, Bernegger und Yakin vier Trainer entlassen. Ist er Teil der Lösung oder Teil des Problems?

In dieser Situation ist der Fall doch klar: Er ist Teil des Problems. Er kann unmöglich stolz darauf sein, dass er bei GC in dieser kurzen Zeit einen solchen Trainer-Verschleiss hatte. Natürlich, er ist der Boss, aber er sollte gerade auch als erfolgreicher Geschäftsmann wissen, wie wichtig Beständigkeit – auch im Fussball – ist. Man kann doch nicht immer gleich die Schuhe wechseln, wenn sie mal ein bisschen drücken.

Der Grasshopper Club befindet sich im unmittelbaren Abstiegskampf. Was muss das ad-interim Trainer-Triumvirat um Walther, Schnarwiler und Jankowski nun tun?

Ich will hier keine Tipps geben. Das wird ein schwieriges Unterfangen. Das Glück von GC könnte sein, dass auch andere Vereine im unteren Tabellenviertel ihre Probleme haben. Klar ist: GC wird nun keinen «Kaviar-Fussball» servieren können, es geht ums nackte Überleben. Aber die Mannschaft hat mehr Qualität als die direkten Konkurrenten.

Welcher Trainer mit Format könnte sich den Job bei GC antun? Weiler, Koller, Meier?

Für mich war Murat Yakin der richtige Trainer für GC. Ganz klar. Wenn der Verein intern nicht zur Ruhe kommt und es weiterhin Machtspiele gibt, dann kannst du jeden Trainer holen, aber die werden wieder Probleme haben. Es kann doch nicht sein, dass Yakin vor einem halben Jahr von allen Seiten gelobt wird und heute haben wir dieses Chaos. Jetzt muss sich jeder einzelne bei GC fragen: Habe ich das richtige gemacht? Habe ich alles für den Verein gegeben?

Wie beurteilen Sie den viel diskutierten Machteinfluss von Erich Vogel?

Jetzt mal grundsätzlich: Ich muss immer schmunzeln, wenn ich über den Einfluss von Erich Vogel bei GC lese. Erich Vogel ist zweifelsfrei der Mann, der am meisten über GC weiss. Und er kennt den Schweizer Fussball hervorragend, auch wenn er inzwischen 79 Jahre alt ist. Aber dass eine einzelne Person die Führung bei GC in diesem Ausmass beeinflusst, wie immer zu hören ist, finde ich zu kurz gegriffen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in Erich Vogels Interesse ist, den Klub schwächen zu wollen. Aber auch hier hat man es versäumt mit dem Präsidenten, dem Vorstand und den Gönnern und Donatoren auf einen Nenner zu kommen. Diese Machtspiele wurden nun auch Murat Yakin zum Verhängnis.

Sollte Heinz Spross, ein Vertrauter von Erich Vogel, seinen Aktienanteil verkaufen, würde dann Ruhe in den Verein einkehren?

Diese Frage kann ich nicht beantworten. Aber Heinz Spross hat über so viele Jahre so viel Geld in seinen Grasshopper Club investiert. Das ist bewundernswert. Zumal man sich vor Augen führen muss: GC hat seit Jahren kein eigenes Stadion. Man spielt im Letzigrund, einem Stadion, das keine Nähe zu den Fans zulässt. Seit Jahren investiert Spross Geld und Leidenschaft in diesen Verein. Das ist das, worüber man sprechen sollte.


Pascal Zuberbühler, kurz Zubi, spielte von 1991 bis 1999 bei GC. Er ist 51-facher National-Goalie und spielte zudem in Deutschland und England. Er arbeitet heute für die FIFA und für den Sport-Sender Teleclub als TV-Experte.


Zurück zur Startseite