Die EM 2021 ist Geschichte. Aber schon in eineinhalb Jahren geht es mit der WM 2022 in Katar weiter. Während einige Mannschaften sicher auf neue Kräfte setzen müssen, können andere Teams auf bewährte Spieler zurückgreifen. Teil 1 mit der Schweiz, Argentinien, Belgien und Brasilien.
Schweiz
Durchschnittsalter Kader bei der EM: 27 Jahre alt
Wer ist sicher/mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr dabei: –
Wackelkandidaten: Admir Mehmedi (30), Mario Gavranovic (31)
Tor: Yann Sommer (32) kann sich nicht auf seinen hervorragenden Leistungen an der EM ausruhen. Mit Gregor Kobel (23) macht ein grosses Talent mächtig Druck – mit starken Vorstellungen beim BVB sicher eine valable Option für Petkovic. Stand jetzt dürfte Kobel aber frühestens nach der WM Stammkraft werden.
Abwehr: Manuel Akanji (25) und Nico Elvedi (24) werden am nächsten Turnier noch mehr Erfahrung gesammelt haben. Für den verletzungsanfälligen Fabian Schär (29) sowie den nicht sehr tempofesten Ricardo Rodriguez (28) sind die Prognosen weniger rosig. Auf den Aussenbahnen könnten Kevin Mbabu (26) und Jordan Lotomba (22) wirbeln.
Mittelfeld: Remo Freuler (29) muss um seinen Stammplatz fürchten. Vor allem, wenn Denis Zakaria (24) wieder an seine Form von vor der Verletzung anknüpfen kann. Immerhin hat Freuler den Vorteil, dass er besser zu Granit Xhaka (28) passt, der auch in Katar der Kopf des Teams sein wird. Auf dem Flügel wird Rubén Vargas (22) eine wichtige(re) Rolle einnehmen. Auch Noah Okafor (21) könnte eine Start-Option sein. Steven Zuber startet nach seinen Gala-Vorstellungen aber sicher mit einem Bonus ins Rennen.
Sturm: Im Angriff ist die Chance auf neue Gesichter bei der Nati am grössten. Haris Seferovic (29) wird nicht schneller werden. Falls seine Arbeitsrate und Torquote abnimmt, muss auch er um den Stammplatz kämpfen. Dabei sein wird er aber sicher. Für Admir Mehmedi wird ein Kaderplatz hingegen sehr schwierig werden. Sogar «Super-Joker» Mario Gavranovic (31) muss zittern, wenn er im Klub nicht zuverlässig treffen sollte. Breel Embolo (24) könnte in Katar noch mehr auf sich aufmerksam machen.
Sorgenkind: Xherdan Shaqiri (29) hat bei der EM nicht nur mit Toren, sondern auch mit seiner Laufleistung und Defensivarbeit überzeugt. Ob das mit fehlender Spielpraxis und der Verletzungsanfälligkeit bei ihm aber nochmals gut geht, ist offen.
Zukunftsaussichten: ⬆️Alle wichtigen Spieler werden in Katar noch an Bord sein. Während die Achse also steht, könnten auf den Aussenbahnen vielleicht auch andere Spieler zum Einsatz kommen.
Argentinien
Durchschnittsalter Kader bei der Copa América: 28 Jahre alt
Wer ist sicher/mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr dabei: Sergio Agüero (33)
Wackelkandidaten: Nicolás Otamendi (33), Ángel Di María (33), Papu Gómez (33), Lionel Messi (34), Franco Armani (34)
Tor: Emiliano Martínez hat sich mit seinen Paraden den Platz für das nächste Turnier schon gesichert. Armani dürfte die Rolle als erfahrener Back-up einnehmen.
Abwehr: Otamendi hat zwar bei der Copa Americà dichtgehalten, ist aber mit seinen Aussetzern und mangelnder Tempofestigkeit kein Kandidat für die Zukunft. Neuer Abwehrboss dürfte Cristian Romero (23) werden, die rechte Seite ist mit Gonzalo Montiel (24) ebenfalls fix. Auf links duellieren sich Nicolás Tagliafico (28) und Marcos Acuña (29).
Mittelfeld: Leandro Paredes (27), Rodrigo de Paul (27) und Giovani Lo Celso (25) haben sich mit tollen Vorstellungen hervorgetan. Vor allem de Paul wird der Fixpunkt bei der Albiceleste werden. Dahinter ist die Auswahl an Spielern von internationalem Format jedoch dünn.
Sturm: Di María, goldener Torschütze im Copa-Finale, hat sich eindrücklich in die Mannschaft zurückgekämpft. Ob er es nochmals schafft, bleibt abzuwarten. Die grosse Frage ist, ob Superstar Lionel Messi nochmals ein letztes Abenteuer wagt. Mit dem ersten Titel für seine Nationalmannschaft ist der Druck sicher kleiner geworden. Prognose: Er ist dabei. Lautaro Martínez (23) hat bei der Copa América als einer der wenigen nicht überzeugen können. Dennoch führt vorne kein Weg an ihm vorbei. Nicolás González (23) bekommt wohl noch mehr Einsatzzeit. Gemessen an seinen Qualitäten verlief Agüeros Nati-Karriere enttäuschend. Katar wird ohne ihn stattfinden.
Sorgenkind: Paulo Dybala (27) galt mal als legitimer Nachfolger von Messi. In der letzten Saison stagnierte er jedoch bei Juve und fand sich des Öfteren auf der Ersatzbank wieder. Solange Messi spielt, scheint für ihn kein Platz im Team zu sein.
Zukunftsaussichten: ↗️Die 28 Jahre währende Durststrecke ist beendet. Der Titel dürfte den Argentinier Aufwind geben. Das Kader wird mehr oder weniger zusammenbleiben. Ob Dreh- und Angelpunkt Messi nochmals das Maximum herausholen kann, ist fraglich. Wahrscheinlich wird er noch mehr die Rolle als Spielmacher einnehmen. Das Kader ist im Vergleich zu den absoluten Top-Nationen sicher schwächer, ein gefährlicher Aussenseiter werden Messi & Co. aber sicher sein.
Belgien
Durchschnittsalter Kader bei der EM: 29,1 Jahre alt
Wer ist sicher/mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr dabei: Thomas Vermaelen (35)
Wackelkandidaten: Jan Vertonghen (34), Toby Alderweireld (32), Axel Witsel (32), Dries Mertens (34), Nacel Chadli (32)
Tor: Thibault Courtois (29) wird auch in Katar zwischen den Pfosten stehen. Allfällige Konkurrenz ist nicht in Sicht.
Abwehr: Die Dreierabwehr mit Captain Vertonghen, Vermaelen und Alderweireld zählt zusammen 101 Jahre. Nebst Vermaelen, der bei Vissel Kobe sportlich weiter an Terrain einbüssen dürfte, könnten also noch eine oder gar beide langjährigen Teamstützen wegbrechen. Immerhin stehen mit Jason Denayer (26) sowie Dedryck Boyata (30) zwei solide Kandidaten bereit, welche die Lücke füllen können.
Mittelfeld: Youri Tielemans (24) wird noch mehr zum Leader reifen, während Witsel froh sein darf, wenn er seinen Stammplatz behält. Kevin De Bruyne (30) wird sicher nochmals Regie führen dürfen.
Sturm: Routinier Mertens wird beissen müssen. Yannick Carrasco (27) darf sicher mit einem Aufgebot rechnen. Romelu Lukaku (28) muss auch nichts befürchten. Gespannt darf man sein, wie sich Jérémy Doku entwickelt. Der 19-Jährige machte den italienischen Spielern im Viertelfinal das Leben wie kein anderer schwer.
Sorgenkind: Eden Hazard (30) muss sich aufgrund der jüngeren Vergangenheit mit vielen Verletzungen mehr anstrengen. Seine Disziplin liess aber die gesamte Karriere zu wünschen übrig. Ob der Real-Star unter diesen Voraussetzungen in der Wüste auf Betriebstemperatur kommt? Sein Bruder Thorgan (28) hat ihm an der EM bereits den Rang abgelaufen.
Zukunftsaussichten: ↘️Bei den roten Teufeln hat man das Gefühl, dass die «Gouden Generatie» ohne Titel in die Geschichte eingehen wird. Coach Roberto Martinez wird auch in Katar das Team führen. Anzeichen für einen Exploit sind so nur schwierig auszumachen.
Brasilien
Durchschnittsalter Kader bei der Copa América: 27,5 Jahre alt
Wer ist sicher/mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr dabei: -
Wackelkandidaten: Thiago Silva (36)
Tor: Mit Alisson (28) und Ederson (27) hat man gleich zwei Weltklasse-Goalies im Kader. Früher konnte die Seleçao von einer solchen Ausgangslage nur träumen.
Abwehr: Thiago Silva will trotz seines fortgeschrittenen Alters wie sein Vorbild Paolo Maldini weitermachen und denkt nicht an ein Karriereende. Tatsächlich scheinen seine Chancen auf eine Fortsetzung gar nicht mal so schlecht. Eine Stammplatzgarantie hat der Chelsea-Profi aber sicher nicht: Mit dem Abgang von Sergio Ramos bei Real Madrid dürfte Éder Militão (23) noch mehr Einsatzzeit erhalten. Marquinhos (27) ist sicher gesetzt. Auf den Seiten spielen aktuell Renan Lodi (23) und Danilo (29), die nicht immer überzeugen.
Mittelfeld: Mit Casemiro (29) und Fabinho (27) hat man zwei starke Abräumer, auch wenn Letzterer zuletzt für Fred (28) weichen musste. Lucas Paquetà (23) versprühte nach seinem verpatzten Milan-Abenteuer wieder viel Spielfreude.
Sturm: Mit Neymar (29), Vinícius (21), Gabriel Jesus (24), Richarlison (24), Roberto Firmino (29), Rodrygo (20) oder Gabi (24) stehen gleich mehrere Angreifer zur Verfügung. Doch nur «Ney» scheint immer seine Leistungen abrufen zu können. Ironie pur ist, dass man ohne ihn die Copa América 2019 im eigenen Land gewann.
Sorgenkind: Éverton (25) wirbelte an der Copa América 2019 alle Abwehrreihen durcheinander. Benfica Lissabon machte das Rennen um den Dribbelkünstler. Doch seither stagniert er und sucht seine frühere Form.
Zukunftsaussichten: ↗️ Im Kader tummeln sich immer noch klingende Namen. Im Vergleich zu früheren Generationen schneidet Brasilien aber sicher schlechter ab. Wenn alles zusammenpasst und Neymar weiterhin sein Leistungsniveau halten kann, ist ihnen trotzdem viel zuzutrauen.