High Noon in Buenos Aires 50'000 Boca-Fans beim Abschluss-Training – ein «Superclàsico » für die Ewigkeit

Syl Battistuzzi

23.11.2018

River Plate gegen Boca Juniors gilt als die grösste Rivalität im Fussball mit den heissblütigsten Fans der Welt. Am Samstag wird für viele das grösste Finale aller Zeiten ausgetragen. Ein «Superclásico» für die Ewigkeit.

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Während in Europa die Champions League mit Glamour und sportlicher Qualität überzeugt,  dreht sich bei den Copa Libertadores – dem südamerikanischen Penadant – alles um die Leidenschaft.

Im morgigen Spiel der beiden grössten argentinischen Klubs scheinen die beiden Fanlager eine neue Stufe in ihrer Liebe für die Vereine erreicht zu haben.



Die «Millionarios» haben am 16. Oktober vorgelegt, gerade noch rechtzeitig für den «Superclásico». An diesem Tag erblickte in einer Provinz von Buenos Aires River Plate das Licht der Welt, offiziell als Agustin Enzo River Plate Bejerano registriert. Rivers stolzer Vater Nahuel Eduardo Bejarano: «Ich fragte meine Frau, ob wir einen Jungen River nennen könnten, falls wir Kinder kriegen würden. Da ihr Nachname Plate ist, passte alles. Sie sagte ja. Nun wurde diese Idee in die Tat umgesetzt.» Und schmunzelt: «Zuhause dreht sich alles um River. Wir wachen auf mit River und gehen mit River ins Bett.» Das Rivers Papa kein normaler Fan ist, würde er bei der Geburt einer Tochter beweisen. Ein Mädchen würde er Blancay Roja taufen, also Rot-Weiss.

Im Estadio Monumental werden bei der «Mutter aller Endspiele» über 60'000 River-Fans live vor Ort mitfiebern. Einer davon ist Byron Stuardo Alquijay. Der 33-Jährige aus Guatemala war bereit, die verrückten Schwarzmarkt-Preise zu bezahlen: «Ich musste mein Auto verkaufen, um hierherzukommen. Vielleicht kann ich mir in Zukunft mal wieder ein Auto leisten. Dieses Spiel aber wird es nie mehr geben.»

Unvergessliche Szenen

Dass die Blau-Gelben nicht minder verrückt sind, bewiesen sie heute beim Abschlusstrainig. Da in Argentinien seit einigen Jahren aufgrund von Gewaltausschreitungen – mit über 300 Todesopfer ist das Land trauriger Spitzenreiter in dieser Statistik – keine Gästefans mehr erlaubt sind, müssen die Boca-Fans das Rückspiel beim Erzfeind vor dem Fernseher oder per Radio verfolgen. Um die Nerven zu schonen, gibt es sogar eine spezielle Radioübertragung, bei der der Kommentator mit ruhiger Stimme sprechen wird und im Hintergrund Entspannungsmusik abgespielt wird. Vielleicht nicht die schlechteste Idee, hat doch die argentinische Kardiologenvereinigung vor erhöhtem Herzschlagrisiko gewarnt. 

Ein «Bostero» schrieb einen Bittbrief an den Boca-Juniors-Präsidenten, wo er um ein öffentliches Training vor dem Spiel flehte. Der Mann zeigte Herz: So fanden sich beim Abschlusstraining 50'000 (!) fanatische Fans ein, die für eine Gänsehaut-Atmossphäre sorgten. 

Da die Gesamtkapazität von «La Bombonera» damit ausgelastet war, mussten die Verantwortllichen die Tore schliessen. Zigtausende Fans liesssen sich davon nicht beirren und feierten halt vor der «Pralinenschachtel» fröhlich weiter.

Ihre Hoffnungen liegen vor allem auf ihrem Idol Carlos Tevez. Der 34-Jährige darf wahrscheinlich von Beginn an auflaufen und würde sich mit einem Sieg unsterblich machen. Ein Anhänger des «Apachen» musste ihm beim Training deshalb auch nochmal hefig drücken.

Der 24. November wird auch ein spezieller Tag im Leben von Boca-Fan José Acosta sein. Der 30-Jährige heiratet ausgerechnet am Tag des Rückspiels. Gegenüber dem Fussballmagazin «Olé» sagte er: «Als ich erfahren hatte, dass der Final am 24. November stattfinden würde, wollte ich die Hochzeit verschieben, wollte ich sterben.» Seine Hochzeit findet eigentlich im Anschluss an das Spiel statt, trotzdem macht er sich Sorgen: «Ich weiss nicht, ob ich rechtzeitig in der Kirche bin, wenn sich der Schlusspfiff hinauszögert. Man kann den Priester nicht warten lassen. Es ist verrückt. Ich habe allen gesagt, wenn wir die Copa gewinnen, wartet nicht auf mich.»

Falls es übrigens jemand noch nicht mitbekommen hat: Das Hinspiel endete 2:2. Die Auswärttorregel findet im Final keine Anwendung. 

«Wer verliert, braucht 20 Jahre, um sich davon zu erholen.»

Argentiniens Staatspräsident Mauricio Macri, früher langjähriger Boca-Klubboss
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