In der Sendung «90 Minuten – zu stark für einen Dorfklub?» beleuchtet Roman Kilchsperger zusammen mit Gästen die Schattenseiten des Kinder-Fussballs und spricht die zahlreichen Stolpersteine in der Förderung von Talenten an.
Gleich zu Beginn verweist Fussball-Experte Marco Streller auf die bedeutende Vaterrolle von jungen Talenten – insbesondere, wenn man Vater und Trainer des eigenen Kindes ist. «Man ist kritischer mit seinem eigenen Kind», glaubt Streller, der bei der Mannschaft seines Sohnes Assistenztrainer ist. Studiogast Erich Vogel pflichtet ihm bei: «Das ist doch immer so, dass Väter die grössten Kritiker sind.»
Immer öfter werden Fussballtalente anhand von zahlreichen Kriterien laufend beurteilt, wobei für Erich Vogel vor allem vier Bereiche von zentraler Bedeutung sind. Dazu gehören auch die kognitiven Fähigkeiten wie beispielsweise die Spielintelligenz. Vogel erklärt: «In gewissen Positionen ist es wichtiger, dass du schnell denkst, als dass du schnell rennst.»
Nicht immer förderlich erscheint, die Position eines Nachwuchstalents bereits in jungen Jahren festzulegen. So würden Grundtalente, wie das Dribbling, oft auf der Strecke bleiben, glaubt Erich Vogel. «Das ist ganz genau das Problem», pflichtet ihm Marco Streller bei. Man habe sich früher in der Freizeit getroffen und auf der unebenen Strasse gekickt. Heute trainiere man halt sehr oft im Klub auf Kunstrasen – und so gehe der früher weit verbreitete Strassenfussball etwas verloren.
Kurz vor der Pause meldet sich Michael Lang mit einem Seitenhieb in Richtung seines ehemaligen Teamkollegen im Studio zu Wort. «Ihr habt ein brutales Experten-Duo im Studio – und Pipi Streller noch dazu», scherzt der Gladbach-Verteidiger. Anschliessend erzählt der 29-Jährige von den eigenen Erfahrungen in den Anfängen seiner Karriere – und beantwortet auch eine sehr direkt gestellte Frage von Erich Vogel.
Immer früher werden talentierte Spieler von grösseren Vereinen abgeworben, in den meisten Fällen reicht es am Ende aber nicht für den Durchbruch. Vor allem, wenn Junioren oder Juniorinnen nach zwei Jahren wieder zum Stammverein abgeschoben werden, macht das für Streller keinen Sinn. «Ich finde, es ist zu früh, dass sich ein Zehn- oder Elfjähriger als Versager fühlt.» Insbesondere wenn auch im Dorfklub gute Trainer arbeiten, gebe es keinen Grund, bereits so früh den Klub zu wechseln.
Solange es dem Willen des Nachwuchses entspricht, ist von den Eltern eines jungen Fussballers Unterstützung an allen Ecken und Enden gefordert. «Es soll aber nicht krankhaft werden», macht Marco Streller klar. Vor allem dann, wenn die Kinder womöglich andere Absichten verfolgen: «Wenn die Eltern mehr Ehrgeiz haben als der Sohn, wird es gefährlich.»
Im Alter von 14 Jahren wird der heutige Nationalspieler Christian Fassnacht beim FC Zürich abgewiesen – aufgrund der Körpergrösse. Ein Rückschlag, der bis heute präsent ist: «Ich weiss noch genau, wie es war.» Sein Rat an Spieler mit einem ähnlichen Schicksal: «Du wirst immer wieder auf Widerstände stossen, aber du kannst deinen Weg gehen, egal, wie viele Steine dir in den Weg gelegt werden.»
Zuletzt ist Nati-Captain Granit Xhaka zu Gast. Unter anderem geht es beim Nati-Captain, der auch bei Arsenal schon die Binde getragen hat, um das Talent zwischen ihm und seinem grösseren Bruder Taulant. Für Granit ist Taulant das grössere Talent. «Das war schon immer so», sagt Xhaka. «Ich habe dafür mehr gearbeitet.» Doch da muss «blue»-Experte Marco Streller intervenieren und sagt ganz klar: «Nichts gegen Taulis Talent. Aber ich weiss nicht, ob wir je ein grösseres Talent hatten als dich, Granit.»