André Onana gab RMC Sport ein Interview. Ein Vorschau-Clip lässt dabei aufhorchen: Der Ajax-Torhüter beklagt darin, dass manche Klubs einfach kein Vertrauen in dunkelhäutige Goalies hätten. Ist an den happigen Vorwürfen was dran?
André Onana lehrte in der Samuel Eto'o Academy in seinem Heimatland Kamerun das Torhüter-Handwerk, ehe er 2010 vom FC Barcelona abgeworben wurde und fünf Jahre in der Jugendakademie La Masia spielte. 2015 wurde er schliesslich für 150'000 Euro von Ajax Amsterdam verpflichtet. Seit knapp vier Jahren ist er beim holländischen Rekordmeister Stammgoalie.
In Europa dürften ihm auf seinem Weg nicht viele dunkelhäutige Konkurrenten begegnet sein. Laut Onana hat dies einen simplen Grund: «Manche Klubs haben einfach kein Vertrauen in schwarze Goalies», sagte er gegenüber «RMC Sport». «Das ist die Realität. Man muss nur hinschauen und sich die Fakten ansehen», so der 23-Jährige.
Paradoxe Situation
Tatsächlich ist es erstaunlich, wie wenige dunkelhäutige Profis in den Top-Ligen das Tor hüten – vor allem im Vergleich mit der Anzahl der schwarzen Feldspieler. Die Gründe für dieses Phänomen mit reinem Rassismus abzutun, würde dem Thema wohl aber nicht gerecht werden. Auch Onana meint wahrscheinlich selbst mehr die Herkunft als die Hautfarbe.
In ärmeren Gegenden gibt es für Kinder und Jugendliche kaum Rasenplätze, sprich auf den schlechten Unterlagen wollen nur wenige Kinder sich die Tortur antun. Dazu kommen die fehlenden Vorbilder, an der sich die Heranwachsenden orientieren könnten. 1998 hiess die Top Ten bei der Wahl zu Afrikas Torhüter des Jahrhunderts Joseph-Antoine Bell, Thomas N’Kono, Sadok Attouga, Badou Zaki, Mwamba Kazadi, Jacques Songo’o, Bruce Grobbelaar, Ahmed Shoubeir, Alain Gouaméné und Peter Rufai – Namen, die nur den grössten Fussball-Experten ein Begriff sind.
Auch im American Football sind die meisten Spieler dunkelhäutig. Doch bei den Quarterbacks, Kickern und Coaches sind die Mehrheit Weisse. Das klischeehafte Bild, wonach schwarze Athleten vor allem gut sind für die physischen, aber nicht mentalen Jobs im Sport, hält sich in Nordamerika hartnäckig. Auch Onana kritisiert, dass man bei dunkelhäutigen Goalies oft die fehlende Konzentrationsfähigkeit bemängle.
Die Hoffnung bleibt, dass Onana selbst für hoffnungsvolle Talente ein Rollenvorbild wird. Die italienische Torhüter-Legende Gigi Buffon nannte übrigens seinen Sohn Louis Thomas – zu Ehren des kamerunischen Goalies Thomas N'kono.