Der 7. Dezember 2011 wird den Fans des FC Basel auf ewig in Erinnerung bleiben. Dank dem 2:1-Heimsieg gegen Manchester United erreichen die Basler überraschend die Achtelfinals der Champions League.
Die bedeutenden Momente im Fussball werden immer auch Musik. Mit «Justice for the 96» besingen die Anhänger des FC Liverpool die Katastrophe von Hillsborough, in Manchester ist «Late in May 1999» dem Champions-League-Helden Ole Gunnar Solskjaer gewidmet, die Fans des FC Zürich lassen in ihren Fangesängen die 93. Minute des Meisterschaftsfinals von 2006 wieder aufleben und im FC Basel trällern sie seit der Jahreswende 2011/12: «Dr Steini isch e Glatte...», und beziehen sich damit auf den womöglich grössten Erfolg der eigenen Europacup-Geschichte.
Gewidmet ist das Lied jener Szene, die unwiderruflich verbunden ist mit dem 7. Dezember 2011, dem 2:1-Heimsieg in der Champions League gegen Manchester United und dem damit verbundenen Vorstoss in die Achtelfinals. Besungen wird Markus Steinhöfer, Verteidiger im FCB von 2011 bis 2013, ausgebildet bei Bayern München und an jenem Abend vor neun Jahren um ein Haar tragischer Held von Basel.
Eine Stunde lang hatte der FCB das grosse Manchester United von Trainer Sir Alex Ferguson im letzten Spiel der Gruppenphase der Champions League in Schach gehalten, dabei während 51 Minuten einen 1:0-Vorsprung verteidigt, als Uniteds Stürmer Nani am rechten Flügel zur Flanke ansetzte. Der Ball segelte durch den Basler Strafraum, drehte sich in Richtung des Fünfmeterraums, in Richtung von Manchesters Angreifer Ashley Young und Basels Verteidiger Steinhöfer. Steinhöfer nahm den Ball beim Versuch ihn mit dem rechten Fuss zu klären aus der Luft ab und drosch ihn gegen die Latte des eigenen Tores. Eine Flanke, eine Berührung, ein Millimeter – das Wesen des Fussballs als Destillat.
«Wir sind Manchester»
Für Steinhöfer war es eine Szene der Erleuchtung: «Ab dem Moment war mir eigentlich klar, dass wir es schaffen», sagte er nach Spielschluss. Was Steinhöfer da noch nicht wusste, er und sein rechter Fuss sollten zur Ikone des womöglich grössten Europacup-Momentes des FCB werden.
Schweizer Siege gegen Mannschaften aus der Premier League sind per se besonders, die Ausgangslage immer dieselbe. Und doch sticht dieses 2:1 für den FCB heraus. Weil er in einem Spiel zustande kam, das Basel gewinnen musste, weil Manchester nach dem 3:3 im Hinspiel gewarnt war, und weil er das Champions-League-Aus für den Vorjahresfinalisten bedeutete.
Mit einem Zähler Vorsprung und dem Selbstverständnis «wir sind Manchester», wie Fergusons Botschaft vor der Partie lautete, machte sich eine ersatzgeschwächte United auf die Reise nach Basel. Erwartet wurde der englische Meister von einem Basler Team, dem interimistisch Heiko Vogel vorstand und das von den 11 Spielen unter dem Deutschen nur eines verloren hatte. Den Sieg traute Vogel und dem FCB dennoch kaum jemand zu, denn selbst in einem ersatzgeschwächten United-Kader tummelten sich die Grössen des Weltfussballs.
United hofft auf Constantin
Am 7. Dezember 2011 im St. Jakob-Park heissen die Stars aber nicht Sir Alex Ferguson, Wayne Rooney, Ryan Giggs, oder David de Gea, ihre Namen sind Heiko Vogel, Marco Streller, Alex Frei und Markus Steinhöfer. Neun Minuten braucht der FCB, um seinen Fans zu signalisieren, dass es ein besonderer Abend werden könnte. Eine verunglückte Fussabwehr von Goalie De Gea nutzt Marco Streller zum 1:0. Angefeuert vom Basler Publikum übersteht der Super-Ligist Uniteds Druckphase vor der Pause, wehrt sich nach der Pause lange souverän und hat gelegentlich auch Glück.
Erst nachdem Frei per Kopf in der 86. Minute zur vermeintlichen Entscheidung getroffen hat, gerät der FCB kurz noch aus dem Tritt. Nach dem 1:2 durch Phil Jones in der 89. Minute taumelt sich Manchester unverhofft doch noch in Richtung Champions-League-Notausgang. Reihenweise segeln in den letzten Minuten die Bälle hoch in den Basler Strafraum, wo sich die Abwehr um Steinhöfer und Goalie Yann Sommer nunmehr souverän verteidigt.
Um 22.37 Uhr hatte der FCB das Europacup-Wunder geschafft, das Bangen aber würde erst beginnen. Nur diesmal waren Vogel und Streller und der gesamte FC Basel machtlos. Weil sich Sion-Präsident Christian Constantin auf einen juristischen Streit mit der FIFA eingelassen hatte, drohte der Weltfussballverband den Schweizerischen Fussballverband (SFV) auszuschliessen, Basels Coup würde zum Muster ohne Wert. «Wir sitzen hinten im Auto und hoffen, dass es keinen Unfall gibt – im Wissen, dass wir die ersten Opfer wären», sagte der damalige FCB-Vizepräsident Bernhard Heusler. Es kam anders. Der FCB blieb verschont, weil der SFV den FC Sion opferte und mit einem Punkteabzug von 36 Zählern bestrafte.