Sie tut es schon wieder. Die «Bild»-Zeitung zählt Lucien Favre an. Das Boulevard-Blatt schreibt vom «ersten Job-Endspiel» für den Schweizer. Am Freitag gegen Frankfurt ist demnach ein Sieg fast schon Pflicht.
«Der Schweizer ist nur noch Trainer auf Bewährung», will «Bild» wissen. Die Aussage ist mit Vorsicht zu geniessen, den schon seit Monaten fährt das Blatt eine Kampagne gegen Favre. Das Ganze erinnert ein bisschen an die Versuche mancher Schweizer Medien, Nati-Coach Vladimir Petkovic aus dem Amt zu ekeln. Bis heute ohne Erfolg. Doch während der Nati-Coach jeweils nur einige Tage im Fokus steht, ist Favre unter Dauerbeschuss. Nicht einmal in der Winterpause hörten die Angriffe auf den Schweizer auf.
Die Lage für den BVB-Trainer ist allerdings tatsächlich ungemütlich. Zwar startete Dortmund fulminant in die Rückrunde und gewann die ersten drei Spiele mit dem Gesamtskore von 15:3. Doch dann setzte es innerhalb weniger Tage zwei Enttäuschungen ab. Auf das Aus im DFB-Pokal gegen Werder Bremen folgt eine 3:4-Niederlage in der Liga gegen Leverkusen.
Steht Adi Hütter in den Startlöchern?
«Bild» weiss zudem, so ist zu lesen, dass die BVB-Bosse schon Ausschau nach einem möglichen Nachfolger halten – «entgegen aller Behauptungen». Verliere Dortmund am Freitag gegen Frankfurt (20:30 Uhr live auf Teleclub) und am Dienstag im Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League gegen Paris Saint-Germain, sei Favre «wohl weg». «Wohl weg» also. «Wohl weg», das war Favre schon mehrere Male in dieser Saison. Vielleicht behält die «Bild» ja tatsächlich einmal recht.
Die Partie am Freitag ist auch deshalb besonders brisant, weil der BVB angeblich bereits ein Auge auf Frankfurt-Coach Adi Hütter geworfen hat. Der Österreicher geniesst einen «exzellenten Ruf in der Liga», schreibt das Blatt. Dabei geht glatt vergessen, dass auch er schon im medialen Kreuzfeuer stand. Das ist noch gar nicht mal so lange her. In den letzten sechs Spielen der Rückrunde ging den Frankfurtern die Power aus, nur einen Punkt holten sie in diesen Spielen. Sowas übersteht heutzutage kein Trainer dieser Welt, ohne in die Schusslinie zu geraten. Erfolge aus der jüngeren Vergangenheit, so etwa das Erreichen des Europa-League-Halbfinals im vergangenen Jahr zählen dann nichts mehr.
Doch nun läuft es Frankurt wieder. Von den fünf Pflichtspielen im Jahr 2020 hat Frankfurt noch keines verloren. Deshalb ist Hütter jetzt nicht mehr der Buhmann, sondern ein ausgewiesener Krisenmanager. Für viele Medien gibt es nur top oder flop, nur so lassen sich die Auflagen steigern. Wer interessiert sich schon für Mittelmass?
Für Hütter wäre Dortmund der nächste logische Schritt
Wie dem auch sei, Hütter wird an der Pressekonferenz vor dem Dortmund-Spiel gefragt, ob er Mitleid mit Favre habe. Der YB-Meistermacher erinnert daran, dass man auch mit ihm hätte Mitleid haben können im Dezember. Über seinen Berufskollegen sagt er: «Ich schätze Lucien Favre sehr. Er ist ein sehr guter, erfahrener Trainer.»
Angeblich hat Hütter eine Ausstiegsklausel in seinem bis 2021 laufenden Vertrag, bisher schien er allerdings nicht daran zu denken, den Verein zu verlassen. Wenn aber ein Topklub wie Dortmund tatsächlich anklopfen sollte, dann könnte sich das ändern. Auch YB hat Hütter nach dem Gewinn des Meistertitels verlassen, um den nächsten Schritt zu machen. Und nach Frankfurt wäre der BVB ein weiterer Schritt nach ganz oben. Auch bei den Bayern soll Adi Hütter bereits einmal ein Thema gewesen sein, wie Uli Hoeness, damals noch Präsident, verriet.