Mit seinem Kopfball in der Nachspielzeit verfehlt Granit Xhaka das Tor und den Sieg gegen Deutschland in der Nations League nur ganz knapp. Weil die Schweiz auch zuvor schon einige gute Gelegenheiten auslässt, macht sich am Schluss das Gefühl einer leichten Enttäuschung breit. Aber anstatt uns über die verpassten zwei Punkte aufzuregen, gilt es, zu schätzen, wie weit die Nationalmannschaft mittlerweile gekommen ist.
Es ist schwierig, nach einem Unentschieden von einem grossen Schritt oder einer beeindruckenden Leistung zu sprechen. Trotzdem scheint das 1:1-Remis gegen Deutschland genau jenes zu sein. Nach einer schwachen Startphase beweist die Nati gegen einen der stärksten Gegner auf internationalem Terrain enorme mentale Stärke, spielerische Klasse und unbändigen Siegeswillen. Alles Dinge, die eine Top-Mannschaft ausmachen.
Nach der Niederlage gegen die Ukraine schien eine Wiederholung der Heldentaten der letztjährigen Nations-League-Kampagne als fast gänzlich unmöglich. Dieses Gefühl ist nicht mehr ganz so stark – in Basel bestätigt die Schweiz ihre Zugehörigkeit zur europäischen Elite. Das belegen auch die Reaktionen aus dem Nachbarland.
«Über die Ziellinie gerettet», titelt beispielsweise die «Süddeutsche Zeitung». Und auch der «Kicker» und die «Bild» sind sich einig: Die Schweiz war besser. Klar, Deutschland spielte auch am Sonntag – wie schon im Auftaktspiel gegen Spanien und mit Ausnahme von Niklas Süle und Neuverpflichtung Leroy Sané – ohne die Stars des Champions-League-Siegers Bayern München. Das soll die Leistung der Eidgenossen aber nicht schmälern.
Die Schweiz als unangenehmer Gegner
Es ist kein Geheimnis, dass der Sieg gegen die Schweiz für die Weltmeister von 2014 alles andere als eine sicher geglaubte Sache war. Eine Art Respekt, die sich beim nicht immer so bescheiden daherkommenden Nachbarn zuerst verdient werden muss. «Ich bin etwas angepisst. Wir haben Bälle verloren, die wir ganz leicht festmachen können. Beim Gegentor haben wir den Ball schon gesichert und spielen ohne Bedrängnis einen Fehlpass», motzt Deutschland-Torschütze Ilkay Gündogan und gibt zu: «So was darf auf dem Niveau nicht passieren.»
Es sind Worte, die man so vor einigen Jahren bestimmt noch nicht gehört hätte. Die wiederholt starken Leistungen der Schweizer Nationalmannschaft an internationalen Turnieren, der Exploit an der Nations League 2019 und die ausnahmslos exzellenten Leistungen in den Spielen gegen die ganz Grossen haben Vladimir Petkovics Mannschaft über die Jahre einen Ruf als äusserst unangenehmen, taktisch exzellent geschulten und aufsässigen Gegner eingeheimst. Etwas, worauf die Schweiz durchaus stolz sein darf. Auch wenn es gegen Deutschland am Sonntag «nur» zum Unentschieden reicht.