«Das nächste Trauerspiel» «Das nächste Trauerspiel» – Österreich nach Schottland-Pleite im freien Fall

tbz

8.9.2021

Österreich-Veteran Janko: «Mir hat das Herz geblutet»

Österreich-Veteran Janko: «Mir hat das Herz geblutet»

Die österreichische Nationalmannschaft versinkt nach dem Hoch an der Euro 2020 im Jammertal. Auf die 2:5-Pleite gegen Israel folgte ein 0:1 gegen Schottland. Ex-Nationalspieler Marc Janko nimmt in seiner Analyse kein Blatt vor den Mund.

08.09.2021

Österreich schlittert bei der WM-Quali immer weiter in die Krise. Auf die 2:5-Klatsche in Israel folgt ein 0:1 gegen die Schotten. Die Euphorie nach der erfolgreichen EM-Kampagne ist endgültig verflogen.

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«Ein Leiberl und ein Autogramm wollten sie nicht», erklärt ÖFB-Star Marko Arnautovic, der nach Spielschluss in eine hitzige Diskussion mit den aufgebrachten Fans im Wiener Ernst-Happel-Stadion verwickelt wird. Wild gestikulierend steht der 32-Jährige vor der Fankurve – «glaubst du wir machen das absichtlich? Wir schämen uns genau so wie ihr», ist der Stürmer über die Aussenmikrofone zu vernehmen.

Spieler und Trainerstaff werden von den 18’800 Zuschauern nach dem Schlusspfiff mit einem gellenden Pfeifkonzert verabschiedet. «Man hatte nie wirklich das Gefühl, dass wir dieses Spiel drehen können. Wir hatten die erste gute Torchance in der 79. Minute. Das sagt alles», analysiert Österreich-Legende Herbert Prohaska bei «ORF» kalt.

David Alaba und Österreich kassieren gegen Schottland schon wieder eine Niederlage.
David Alaba und Österreich kassieren gegen Schottland schon wieder eine Niederlage.
Bild: KEYSTONE

«Foda-Raus»-Rufe – doch der Trainer bleibt im Amt

Am nächsten Tag hagelt es auch Kritik aus den Medien. Die «Kronen Zeitung» schreibt vom «nächsten Trauerspiel», der «Kurier» bezeichnet die ÖFB-Kicker als «Schatten ihrer selbst». Von der Euphorie, die im Nachbarland nach den erfolgsversprechenden Auftritten an der EM ausgebrochen war, ist zweieinhalb Monate später nicht mehr viel übrig geblieben.

Fast alle Spieler fallen in den Notenskalen durch, Trainer Franco Foda – der das Amt 2017 von Marcel Koller übernahm – steht schwer in der Kritik. «Klar sieht es so aus, als ob es einen Rückschritt gibt, aber da müssen wir durch», versucht der 55-Jährige sich und seine Mannschaft zu verteidigen. Während der Partie sind laute «Foda-Raus»-Rufe zu vernehmen – für viele Fans ist der Schuldige bereits gefunden.

Doch zumindest bis zu den nächsten WM-Qualifikationsspielen im Oktober wird Foda im Amt bleiben und seine Chance erhalten, das Team aus der Krise zu führen. Dies sagte Österreichs Verbandspräsident Leo Windtner am Mittwoch der Nachrichtenagentur APA: «Ich halte nichts von Schnellschüssen.»

ÖFB-Teamchef Franco Foda muss um seinen Job bangen.
ÖFB-Teamchef Franco Foda muss um seinen Job bangen.
Bild: KEYSTONE

Einige suchen diesen auch in der Person des bulgarischen Schiedsrichters Georgi Kabakov, der in der 30. Minute nach einem Foul von Martin Hinteregger völlig zurecht auf den Punkt zeigt und Österreich damit ins Verderben stürzt. Torhüter Bachmann versteht den Entscheid überhaupt nicht. «Der Schiedsrichter hat nicht gewusst, welcher Spieler in welche Richtung spielt, so wie er gepfiffen hat», wettert der 27-Jährige.

Janko: «Mir hat das Herz geblutet»

Andere Spieler sind schlicht enttäuscht. «Ich möchte mich einfach bei den vielen Fans entschuldigen, die ins Stadion gekommen sind. Wir wollten heute unbedingt gewinnen. Leider ist uns nicht sehr viel gelungen», sagt Stefan Ilsanker kurz nach Spielschluss. Bezüglich der Kritik am Trainer will sich der Mittelfeldspieler nicht äussern. Auf die Frage, ob er mit seiner Auswechslung einverstanden gewesen sei, sagt der 32-Jährige bloss: «Das ist eine sehr unangenehme Frage. Ich sage jetzt nichts.» Sein Gesichtsausdruck spricht dabei aber Bände.

Ex-Nationalspieler Marc Janko nimmt auf Anfrage von blue Sport kein Blatt vor den Mund. «Ich war gestern tatsächlich das erste Mal seit meinem Karriereende im Stadion. Mir hat das Herz geblutet», sagt der 38-Jährige (siehe Video oben). «Niemand hat das absichtlich gemacht, aber man hatte den Eindruck, die Mannschaft wirkt ratlos, hilflos und planlos.»

WM-Qualifikation in weiter Ferne?

Mit der Niederlage gegen Schottland sind die Chancen auf eine Reise nach Katar für die österreichische Nationalmannschaft aber noch nicht in weite Ferne gerückt. Nach sechs von zehn Partien sind sie zwar auf Rang vier zurückgefallen – drei Punkte hinter Israel und vier hinter dem zweitplatzierten Schottland – dank des Gruppensiegs in der Nations League haben sie aber zumindest ein Platz in den Playoffs fast auf sicher. 

Doch der Weg über die Playoffs ist alles andere als einfach, auch dort könnten Teams vom Format Spanien, Holland oder Portugal warten. Möglicherweise sogar die Schweiz.