Der Fall Maguire Die Fussball-Welt mobbt einen Profi – und keinen stört's

Von Sandro Zappella

15.9.2023

Fussballer Harry Maguire beim Spiel gegen Schottland.
Fussballer Harry Maguire beim Spiel gegen Schottland.
IMAGO/NurPhoto

England-Innenverteidiger Harry Maguire ist seit Jahren Opfer von überzogener Kritik und Mobbing-Attacken im Internet. Ein Kommentar, weshalb das sofort aufhören muss.

Von Sandro Zappella

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Harry Maguire wechselte 2019 für 87 Millionen Euro zu Manchester United. Damit wurde er zum vorübergehend teuersten Innenverteidiger der Geschichte. 
  • In den letzten Jahren wurde Maguire für seine Leistungen mit völlig überzogener Kritik und Mobbing eingedeckt – von Experten, Medien und Fans.
  • Nach den letzten Länderspielen musste Maguire besonders harte Kritik einstecken. Nun haben sich England-Nationaltrainer Gareth Southgate und Harrys Mutter Zoe Maguire-Wilkinson dazu geäussert.

Harry Maguire ist 59-facher englischer Nationalspieler, hat über 500 Profi-Spiele auf Klub-Ebene absolviert und sich in den wichtigsten Wettbewerben wie Weltmeisterschaften, Europameisterschaften, der Champions League und der Premier League bewiesen.

Sein Transfer im Sommer 2019 sorgte für Aufsehen. Von Leicester City wechselte der Innenverteidiger für 87 Millionen Euro zu Manchester United. Damit wurde er zum teuersten Verteidiger der Fussballgeschichte, abgelöst wurde er erst diesen Sommer durch die 90 Millionen Euro, welche Manchester City für Josko Gvardiol bezahlte. 

Das Preisschild von 87 Millionen Euro schwebt seither wie ein Damoklesschwert über dem Kopf von Harry Maguire. Und der grossgewachsene Innenverteidiger ist seit Jahren ein gefundenes Fressen für Kritiker, die sich selbst profilieren wollen. Der 1,94 Meter grosse Maguire ist Kopfball- und Zweikampfstark, dafür fehlt ihm etwas die Eleganz und der eine oder andere Fehler war auch regelmässig dabei.

Das Narrativ ist gesetzt

Schnell kursierten in den sozialen Medien Compilations des Innenverteidigers. Eine unsaubere Ballannahme hier, ein Stolperer da, angereichert mit ein paar Eigentoren. Über die letzten Jahre wurden die diffamierenden Videos immer mehr und immer aggressiver. Die Häme kennt keine Grenzen mehr und auch Experten oder die bekanntlich nicht zimperlichen englischen Medien hielten sich mit ihrer Kritik nicht zurück. Als hätte man sich in der Öffentlichkeit darauf geeinigt, bei Maguire darf man das. 

Gewiss lässt sich über die Qualitäten des 30-Jährigen streiten. Dabei ist Maguire bei Nationaltrainer Gareth Southgate gesetzt, an der EM 2020 im Jahr 2021 schaffte er es für England ins Team des Turniers. Das geht alles vergessen und wird ignoriert. Denn das Narrativ, dass Harry Maguire ein wahnsinnig schlechter Innenverteidiger ist, das steht. Im März 2022 wurde er im Wembley schon vor dem Spiel von den eigenen Fans gnadenlos ausgepfiffen.

Die Resultate, wenn man auf Youtube nach Maguire sucht.
Die Resultate, wenn man auf Youtube nach Maguire sucht.

«Schändlich und inakzeptabel»

Während den aktuellen Länderspielen unterliefen Maguire zwei Fehler. Beim 1:1 gegen die Ukraine hatte er beim Gegentor Mühe mit der Orientierung, beim 3:1-Testspielsieg gegen Schottland unterlief dem Innenverteidiger ein Eigentor. Die schottischen Fans verhöhnten ihn darauf hin mit Sprechchören. In den Medien und von Experten gab es einmal mehr harsche Kritik.

Nationaltrainer Southgate verurteilte die Kritik nach dem Spiel und bezeichnete die Behandlung von Maguire als «lächerlich», die Kritik sei ein «Witz». Er habe noch nie einen Spieler erlebt, der so behandelt wurde.

Nun hat sich auch Zoe Maguire-Wilkinson, die Mutter von Harry, über Instagram zu Wort gemeldet. «Für mich als Mutter ist das Mass an negativen und beleidigenden Kommentaren, die mein Sohn von Fans, TV-Experten und Medien abbekommt, schändlich und inakzeptabel.»

bild: instagram

«Ich verstehe, dass es in der Fussballwelt ein Auf und Ab gibt, positive und negative Dinge, aber was Harry abbekommt, geht weit über den Fussball hinaus», so Mama Maguire. Weiter betont sie, dass niemand so eine Behandlung verdient habe: «Harry hat ein riesiges Herz und es ist gut, dass er mental stark ist und damit klarkommt, wie es andere vielleicht nicht können. Ich wünsche niemandem diese Art von Beschimpfung.»

Dass Fussballer in den sozialen Medien beschimpft und verunglimpft werden, ist leider längst traurige Gewohnheit. Dass dies in solche einer Intensität und Regelmässigkeit auf unzähligen Fussball-Fanseiten mit Millionen von Abonnenten und Followern geschieht, ist aber neu. Harry Maguire wird in aller Öffentlichkeit gemobbt und scheinbar finden das ganz viele Leute lustig.

Das muss sofort stoppen. Harry Maguire mag die mentale Stärke haben, damit umzugehen. Vielleicht hat er sie irgendwann nicht mehr und wird daran zerbrechen. Vielleicht wird er irgendwann von Depressionen heimgesucht. Und dann sind alle dafür verantwortlich. Die unsachlichen Experten und Medien, aber auch die Fans, die den Fussballer verunglimpfen und verspotten.