In 484 Tagen wird die Fussball-EM der Frauen in der Schweiz angepfiffen. In das Turnier stecken die Involvierten grosse Hoffnungen, den Sport voranzubringen. Ein Augenschein vom Kick-off-Event.
Die Schlange ist kurz, aber es gibt sie doch, die Menschen, die am Freitagmittag ein Bild von sich mit dem Pokal der Fussball-EM der Frauen 2025 machen wollen. Es ist die Trophäe, welche sich 2022 in England die Gastgeberinnen sicherten. Am 27. Juli 2025 wird sie in Basel in die Hände des Nachfolger-Teams übergehen.
Das Fotoshooting mit Pokal ist eine von mehreren Aktivitäten, die auf dem Berner Bundesplatz angeboten werden – allesamt mit dem Ziel, das Turnier ins Bewusstsein einer breiten Bevölkerung zu bringen. Am Donnerstagabend leuchtete der berühmte Zytglogge-Turm in der Berner Innenstadt mit dem Logo der EM 2025, die in 484 Tagen angepfiffen wird.
Vermächtnis und Begeisterung
Eine scheinbar lange Zeit, aber für Turnierdirektorin Doris Keller ist klar, was bis dahin geschehen soll: «Wir wollen eine Begeisterung entfachen in der Schweiz», sagt sie. Dieser Satz fällt am offiziellen Kick-off-Event im Berner Rathaus inhaltlich öfters. Es ist das, was in den Augen der Beteiligten das Wichtigste ist, damit diese EM 2025 zu einem Erfolg wird. Und dabei ist nicht nur der sportliche Erfolg gemeint, wenn die Schweiz als eine von 16 Nationen um den EM-Titel spielen wird. Sondern geht es vor allem auch darum, was bleibt, wenn der letzte Schlusspfiff ertönt und die Trophäe in die Höhe gestemmt ist.
«Vermächtnis» nennen es die Verantwortlichen – oder auch «Legacy», um dem Ganzen noch etwas mehr Pathos zu verleihen. Tatjana Haenni, die frühere Direktorin Frauenfussball im Schweizerischen Fussballverband, hatte schon bevor die Schweiz den Zuschlag für das Turnier erhalten hatte, stets betont, wie wichtig die EM 2025 für die Entwicklung des Sports hierzulande sei. Ihre Nachfolgerin Marion Daube sagt: «Wir müssen das Momentum und die Strahlkraft nutzen, die ein solches Turnier mit sich bringen.»
Entwarnung der Turnierdirektorin
Daube träumt davon, dass im Zuge der Europameisterschaft mehr Mädchen in der Schweiz mit Fussballspielen anfangen, sodass sich die Anzahl lizenzierte Spielerinnen auf 80'000 verdoppelt. Es ist ein Wunsch, bei dem erst zu einem späteren Zeitpunkt ersichtlich sein wird, ob er sich erfüllt. Aktuell geht es für das Organisationskomitee um Turnierdirektorin Keller vielmehr darum, im Austausch mit der Politik und den involvierten Klubs, welche die Infrastruktur zur Verfügung stellen, perfekte Rahmenbedingungen zu schaffen.
«Wir müssen noch ein paar Hürden nehmen, aber ich bin zuversichtlich», sagt Keller, die sich zuletzt immer wieder dazu hatte äussern müssen, ob die EM 2025 in der Schweiz überhaupt durchgeführt werden könnte. Vorab in ausländischen Medien waren kritische Schlagzeilen aufgetaucht, nachdem der Bundesrat bekannt gegeben hatte, das Turnier mit lediglich 4 statt der geplanten 15 Millionen Franken unterstützen zu wollen.
Im Interview mit blue Sport sagt Keller: «Das ist natürlich schon enttäuschend, das ist eine Botschaft gegenüber dem Frauenfussball.» Nadine Kessler, frühere deutsche Weltfussballerin und heute geschäftsführende Direktorin Frauenfussball beim europäischen Verband UEFA sagt dazu bei blue Sport: «Die Entscheidung bisher hat auch die UEFA enttäuscht.»
Doch Keller gibt Entwarnung: «Das Turnier ist garantiert und finanziert.» Bei den Geldern des Bundes handle es sich um Mittel, die für das Geschehen neben dem Feld eingesetzt würden, Tourismuskampagnen und andere sogenannte «Legacy-Projekte», welche helfen sollen, dass der Frauenfussball in der Schweiz nach dem Turnier gesellschaftlich einen höheren Stellenwert geniesst als aktuell. «Uns ist es wichtig, ein nachhaltiges Turnier zu organisieren», sagt Keller, die sich auch davon nicht beunruhigen lässt, dass die Verträge mit den Stadionpartnern in den acht Austragungsstätten nicht wie geplant Ende März, sondern erst später abgeschlossen werden können.
Motion für mehr Geld
Zuversicht geben Keller auch die «positiven Signale», die sie aus der Politik erhalten habe. In der nächsten Woche soll eine Motion diskutiert werden, die den Unterstützungsbeitrag des Bundes für die EM 2025 wieder auf 15 Millionen Franken anheben soll.
Kessler erinnert an das Turnier in England im Sommer 2022 und sagt: «In England war zu diesem Zeitpunkt der Vorbereitung auch noch nicht alles perfekt, aber warum sollten wir in der Schweiz nicht eine ausverkaufte EM erleben können?» Dann würden ganz viele Menschen den Pokal bestaunen.