In der Doku-Serie «The Pressure Game» gewährt die Schweizer Nati tiefe Einblicke. Wie gross der Selbstdruck und der Konkurrenzkampf sein können, zeigen die ehrlichen Aussagen von Goalie Jonas Omlin.
Jonas Omlin ist eine der Hauptfiguren in der ersten Folge der Serie «The Pressure Game», die am Dienstagabend auf SRF ausgestrahlt wurde. Der Gladbach-Torhüter spricht dabei offen über die Schattenseiten eines Fussballstars, der den Sprung in eine Top-Liga geschafft hat.
«Es gibt viele Dinge, die nicht cool sind im Fussball und die ich gerne anders hätte. Auch jetzt, wo ich im Ausland wohne. An einem fremden Ort, an dem du eigentlich nicht sein willst. Ehrlich gesagt wäre ich lieber bei meiner Familie in Luzern oder Obwalden und hätte mehr Kontakt zu ihnen», sagt Omlin, der zum Zeitpunkt der Aufnahme noch bei Ligue-1-Klub Montpellier unter Vertrag stand.
Der 29-Jährige lässt tief blicken und wird emotional. «Eigentlich mache ich alles nur für meine Eltern, für mein Kind und meine Frau. Ich sehe, wie stolz sie sind und wenn sie stolz sind, macht es mich auch stolz. Das ist, was mich antreibt», sagt Omlin mit Tränen in den Augen.
Auch gut bezahlte Profifussballer sind von mentalen Problemen nicht befreit.«Wenn es gut läuft, haben dich alle gern. Aber wenn es nicht läuft, kannst du auch auseinandergenommen werden und fühlst dich wie die einsamste Person. Mit dem musst du umgehen können. Ich bin etwas enttäuscht vom Fussball», sagt der 29-Jährige.
Der verbissene Zweikampf mit Gregor Kobel
Trotzdem wolle er auch in den grossen Stadien auflaufen – und die stehen nun mal ausserhalb der Schweiz. So wie das Wembley in London, wo Omlin im März 2022 gegen England (1:2) sein drittes Länderspiel absolvierte. Der frühere Luzern-Keeper bekam damals den Vorzug vor Gregor Kobel, mit dem er sich seit Jahren einen Zweikampf um die Nummer 2 im Nati-Tor liefert.
In der Doku wird deutlich, wie verbissen dieser Zweikampf ist – und wie ehrgeizig sowohl Omlin als auch Kobel sind. «Man isst vielleicht am gleichen Tisch, aber es ist nicht so, dass wir ein offenes Verhältnis miteinander haben und alles miteinander kommunizieren», verrät Omlin.
Man würde zwar respektvoll miteinander umgehen und sich gegenseitig pushen im Training, aber «ganz ehrlich: Privat haben wir überhaupt keinen Kontakt». Wenn es darum geht, wer spielen darf, schaue jeder knallhart für sich. Omlin: «Teilweise bin ich ein Egoist und muss schauen, was für mich gut ist.»
Bei der WM 2022 bekam dann Kobel den Vorzug. Als Yann Sommer für das entscheidende Gruppenspiel gegen Serbien krankheitshalber ausfiel, kam der Dortmund-Keeper zum Handkuss, der in den Wochen und Monaten vor der WM beim Top-Klub BVB für Furore sorgen konnte, während Omlin bei Montpellier etwas unter dem Radar flog.
«Vielleicht bin ich deshalb nicht bei einem Top-Klub»
Aber auch Omlin sehnt sich nach Professionalität. «Als ich Luzern den ersten Profivertrag unterschrieben habe, dachte ich: Wow! Nach der zweiten Saison habe ich gemerkt, dass es etwas professioneller sein könnte. Dann kam ich zum grossen FC Basel – und irgendwann bist du wieder genau gleich weit wie beim FCL. Bei Montpellier ist es mehr oder weniger das Gleiche», sagt der Goalie, der damals noch in Frankreich aktiv war. «Ich habe es immer noch nicht geschafft, in den Verein zu kommen, der geil arbeitet. Gibt es den im Fussball überhaupt?»
Im Winter hat Omlin zu Borussia Mönchengladbach gewechselt. Ob er sein Glück nun gefunden hat? Omlin gibt noch einmal deutlich zu verstehen, dass der Fussball für ihn nicht alles ist: «Sobald ich vom Platz gehe, bin ich der Familienvater und der Typ, der das Leben geniesst. Das beisst sich oft mit dem Fussball. Vielleicht habe ich es deshalb nicht verdient, bei einem Top-Klub zu spielen, wo die Fussballer 24 Stunden am Tag für den Job da sind. Das bin ich nicht.»