EM-Qualifikation Ein Altmeister und sein Nachfolger – Italiens Fussball ist im Hoch

SB10/DPA/SDA

27.3.2019

Fabio Quagliarella und Moise Kean sorgen für Italien für Aufsehen.
Fabio Quagliarella und Moise Kean sorgen für Italien für Aufsehen.
Bild: Getty

Die verpasste WM 2018 war der Tiefpunkt der jüngsten italienischen Fussball-Geschichte. Nun begeistert die Squadra Azzurra mit seiner Offensive rund um den unverwüstlichen Fabio Quagliarella und Juwel Moise Kean.

Ohne den geschonten Abwehrchef Giorgio Chiellini und weitere Leistungsträger kommt Italien gegen Liechtenstein zu einem 6:0-Sieg, dem höchsten seit 1962. Bei den Azzurri reifen schon wieder erste Träume mit Blick auf die EM 2020. In der Qualifikation hat Italien mit sechs Punkten und 8:0 Toren aus zwei Spielen bislang das Soll mehr als erfüllt. In Parma zeichnete sich früh ab, dass die Italiener für Liechtenstein auch im zweiten Anzug eine Nummer zu gross sind. Im Dreiersturm lief Altmeister Fabio Quagliarella auf, flankiert von Matteo Politano und Moise Kean. Quagliarella verwandelte zwei Handspenaltys, Moise Kean traf ebenfalls.

Quagliarella schreibt mit seinen beiden Treffern Fussball-Geschichte: Er wird mit 36 Jahren und 54 Tagen der älteste Torschütze seines Landes. 
«Es ist ein wunderbarer Abend mit zwei Toren. Ich danke meinen Teamkollegen. Sie versuchten in der zweiten Halbzeit alles, damit ich noch ein drittes Tor schiessen kann, es war wunderbar», so der glückliche Quagliarella im Interview mit «Rai Sport».


«Quagliarella und Kean verdienen sich Applaus»

Titel in der «Gazzetta dello Sport»

Der Stürmer von Sampdoria Genua bekam von den Fans bei seiner Auswechslung eine Standing Ovations. Für ihn sei es eine Erinnerung, die er für immer mitnehmen werde. Kein Wunder, der gebürtige Neapolitaner spielte neun Jahre nicht mehr für die «Azzurri»: «Ich habe lange nicht mehr im Nationalteam gespielt. Es ist ein tolles Gefühl, wieder hier zu sein und helfen zu können.»

Quagliarella zu seiner Wiedergeburt: «Ich bin 36 Jahre alt, aber ich fühle es nicht. Ich bin glücklich und körperlich in guter Verfassung.» In der Tat ist der schlaue Angreifer in der Form seines Lebens: Mit 21 Treffern ist Quagliarella derzeit bester Torschütze der Serie A. Ebenfalls in guter Verfassung präsentiert sich derweil sein Sturmpartner Moise Kean. Der 19-Jährige ist das grösste Juwel im italienischen Fussball. Seine bisherige Bilanz kann sich sehen lassen: In 98 Serie-A-Minuten vier Tore für Juve, für die Nationalmannschaft gelangen ihm in drei Einsätzen zwei Treffer. Der Vertrag läuft bei der alten Dame in elf Monaten aus. Sein Agent Mino Raiola wird sicher einen gut dotierten Kontrakt für seinen Schützling herausholen. Doch der Mann mit ivorischen Wurzeln dürfte trotz vielen Angeboten und Spekulationen im Piemont bleiben.  

Moise Kean steht für die Zukunft im italienischen Fussball. 
Moise Kean steht für die Zukunft im italienischen Fussball. 
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Kean soll Umbruch anführen

Ob sein Vater ihn noch im Juve-Trikot sehen will, ist dagegen fraglich. Gemäss Papa Biorou Jean Kean schuldet ihm der Verein nämlich noch zwei Traktoren. Im Interview mit dem italienischen Radiosender «Rai Radio 1» behauptet Vater Kean, er habe in Moises Kindheit dafür gesorgt, dass die Familie – entgegen dem Vorhaben der Mutter, von der er getrennt lebt – nicht nach England auswandere und so in Juves Jugenakademie bleiben könne. Dafür seien ihm zwei Traktoren als Gegenleistung versprochen worden, die er aber bis heute nie erhalten habe. 


«Kean ist dafür bestimmt, Grosses zu erschaffen. Er ist ein Spieler mit viel Qualität, verbessert sich ständig und ich glaube, dass er ein sehr wichtiger Spieler werden kann.»

Roberto Mancini gegenüber Rai Sport

«Es sind zwei wichtige Spieler», lobte Nationalcoach Mancini, der die Nazionale nach dem Aus in der Qualifikation zur WM 2018 am absoluten Tiefpunkt übernahm und seitdem den Neuaufbau vorantreibt. 18 Spielern verhalf der 54-Jährige in seinen zehn Monaten im Amt schon zum Debüt. Neben Kean sind darunter Talente wie der 19 Jahre alte Nicolò Zaniolo oder der 22 Jahre alte Verteidiger Gianluca Mancini. «Diese Debütanten sind ein Versprechen für die Zukunft», sagte Mancini.

Roberto Mancini will Talente einbinden.
Roberto Mancini will Talente einbinden.
Bild: Getty

Der Vergleich mit Frankreich

Ähnlich wie die deutsche Nationalelf befindet sich Italien nach den herben Enttäuschungen der Vergangenheit in einer Phase des Umbruchs. Mittelfeldspieler Marco Verratti von Paris Saint-Germain – mit seinen 26 Jahren und 46 Länderspielen ein ganz wichtiger Bestandteil des neuen Teams – sieht Italien auf einem guten Weg. «Wir haben sehr viel Talent. Frankreich ist jetzt auf diesem Niveau, weil es über mehrere Jahre den Neuaufbau vorangetrieben hat», urteilte Verratti mit Blick auf den aktuellen Weltmeister. «Das ist es, was wir auch machen.»

Im Juni stehen für die Azzurri nun zwei wichtige Partien gegen die wohl härtesten Konkurrenten Bosnien-Herzegowina und Griechenland an. «Das werden vermutlich die entscheidenden Spiele für den Fortgang der Qualifikation sein. Wir müssen bereit sein, aber heute habe ich auch von den Debütanten die Bestätigung dafür bekommen», sagte Mancini. Die Jungen um Moise Kean dürften dann wieder eine Chance erhalten – ob auch Quagliarella erneut dabei sein wird, liess Mancini offen.

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