Am 16. September 2000 belegt die Schweiz den 1. Platz im Olympia-Medaillenspiegel. Nur für wenige Stunden, aber immerhin. Wir halten einen Rückblick auf das Sportjahr 2000 aus Schweizer Perspektive.
Die Sommerspiele in Sydney fanden im australischen Frühling statt. Tagsüber wurde es schon ziemlich heiss. Zum Triathlon der Frauen am ersten Wettkampftag, dem 16. September, wurde bereits am Vormittag gestartet. Um 13 Uhr Ortszeit, um 3 Uhr nachts Schweizer Zeit, zerriss die Zugerin Brigitte McMahon-Huber das Zielband. Hinter der Australierin Michellie Jones kam die Waadtländerin Magali Messmer als Dritte ins Ziel. Nach dem tollen Erfolg führte die Schweiz – es war und ist für Sommerspiele historisch – den Medaillenspiegel an. Später am Tag wurden weitere zwölf Medaillensätze vergeben, und die Schweiz rutschte bis zum Abend an die 6. Stelle.
In den gut zwei Wochen von Sydney kamen noch sieben Medaillen für die Schweiz hinzu, aber keine weitere goldene. So lagen zuletzt 36 Nationen im Medaillenspiegel vor der Schweiz. In der Wertung der Silbermedaillen – es waren sechs – belegte die Schweiz den 14. Platz.
Die streitbare Degenfechterin Gianna Hablützel-Bürki war mit Silber im Einzel und mit dem Team die erfolgreichste Schweizer Athletin. Viel Aufmerksamkeit wurde aber auch Roger Federer zuteil, obwohl der damals 19-Jährige den Halbfinal gegen Tommy Haas und das Spiel um Bronze gegen den Franzosen Arnaud Di Pasquale verlor. Federer liess sein immenses Talent aufscheinen an dem Turnier, an dem er und Mirka Vavrinec ein Paar fürs Leben wurden.
Koller säte 1999 und erntete 2000
Im Frühling 2000 rauschte der FC St. Gallen in der Finalrunde an höher gehandelten Mannschaften wie GC, Servette oder Lausanne vorbei und wurde auf sensationelle Weise zum zweiten Mal in der mittlerweile 141-jährigen Klubgeschichte Schweizer Meister – erstmals nach 96 Jahren.
Der erste Match der Finalrunde am 10. März war für die St. Galler ein Schlüsselerlebnis. Im Hardturm lagen sich nach 14 Minuten gegen GC 0:3 zurück. In der Pause stand es 3:3. Auch auf die neuerliche Führung der Zürcher in der 90. Minute durch Ricardo Cabanas hatten die St. Galler eine Antwort. Der Ghanaer Charles Amoah, der Torschützenkönig jener Saison, glich nach 93 Minuten zum 4:4 aus.
Von dort weg lief es wie geschmiert. Nach einem 2:1-Sieg in Luzern in der viertletzten Runde war der Klub mit dem drittniedrigsten Budget der NLA nicht mehr von der Spitze zu verdrängen. In der Mannschaft standen Spieler, die sich innerhalb der Saison zu Leistungsträgern entwickelten: die Verteidiger Marco Zwyssig und Marc «Zelli» Zellweger, Goalie Jörg Stiel, Giuseppe Mazzarelli, Giorgio Contini sowie die echten Stürmer Ionel Gane und Charles Amoah – Zellweger und Stiel bildeten später eine kleine Ostschweizer Fraktion in Deutschland.
Den vielleicht wichtigsten Zuzug tätigte der FCSG unter Präsident Thomas Müller im Januar 1999. Marcel Koller kam vom FC Wil und löste Roger Hegi als Trainer ab. In der Finalrunde 1999 schnitten die Ostschweizer unauffällig unterdurchschnittlich ab – für die damaligen Ansprüche des FC Ostschweiz durchaus normal. Aber just in jenen Monaten brachte Koller die Saat aus. Er werkelte am Kader, an der Mannschaft und an den Spielern. Und als die neue Saison losging, hielten die St. Galler von Beginn an mit. In der Finalrunde gewannen sie 9 von 14 Begegnungen bei nur einer Niederlage. Zehn Jahre nach dem begeisternden Zauber, den die Chilenen Ivan Zamorano, Hugo Rubio und Patricio Mardones ins Espenmoos gebracht hatten, gesellte sich zum neuerlichen Zauber auch der (riesige) Erfolg.
Die schönste Realität am 1. April
Nicht 96 Jahre wie der FC St. Gallen, sondern nur 39 Jahre musste der Zürcher SC, ab 1997 als ZSC Lions auftretend, auf einen Schweizer Meistertitel warten. Verteidiger Adrien Plavsic erzielte im Hallenstadion zehn Sekunden vor Schluss des sechsten Spiels gegen das favorisierte Lugano den Treffer zum 4:3, der die Lions die Finalserie mit 4:2 gewinnen liess. Die packende Partie fand am 1. April 2000 statt, aber für die Mannschaft von Trainer Kent Ruhnke war er süsse Wirklichkeit.