Von Barcelona nach München

Deshalb ist Coutinho für Bayern (k)ein guter Transfer

Pro

Tobias Benz

«Günstige Zwischenlösung oder Volltreffer – es macht einfach Sinn»

«Wir brauchen mehr Spieler», verschrie zuletzt sogar Robert Lewandowski. Bei den Bayern ging spätestens seit Leroy Sanés Verletzung und dem anschliessenden Zusammenbruch der Gespräche mit ManCity das Transfer-Gespenst um. Mit Philippe Coutinho kann der deutsche Meister jetzt aber doch noch einen absoluten Top-Spieler verpflichten. Dass der Deal nur eine Leihe ist, spielt dabei keine Rolle.

Es herrscht die allgemeine Meinung, dass Philippe Coutinhos Form seit seinem Wechsel von Liverpool zu Barcelona deutlich abgenommen hat. Tatsächlich aber war der wirblige Brasilianer in seinen eineinhalb Jahren bei der «Blaugrana» gar nicht mal so schlecht unterwegs. Häufig aus einer etwas tieferen Mittelfeldposition als ihm lieb wäre, gelang dem Rechtsfuss im Trikot des FC Bareclona eine direkte Torbeteiligung alle 150 Minuten. Das ist kein schlechter Wert und macht ihn nach dem Offensivdreizack um Messi, Suarez und Dembélé zum mit Abstand torgefährlichsten Spieler im gesamten Kader.

Noch interessanter ist, dass der 1,72m grosse «Magician» bei den Bayern womöglich wieder auf seiner altvertrauten offensiveren Position auftreten könnte. Dort lieferte er beim FC Liverpool zuvor im Schnitt ein Tor oder ein Assist pro Spiel ab. Darüber hinaus tritt Coutinho exzellente Standards und kann für die Bayern bei Freistössen und Eckbällen extrem gefährlich sein – eine Aufgabe, die er in Barcelona stets Lionel Messi überlassen musste.

Dass die Bayern – wie sie es bereits bei James Rodriguez taten – Coutinho nicht fest verpflichten, macht durchaus Sinn. In erster Linie geht es dabei darum, sich den 100-Millionen-Transfer für Leroy Sané aufzusparen, sich in der Zwischenzeit aber trotzdem bereits mit einem Spieler von Weltklasseformat zu verstärken. Aber abgesehen davon gibt ihnen die eingebaute Kaufoption totale Kontrolle über das Geschehen. Falls Coutinho bei den Bayern voll einschlägt, so kann man nächsten Sommer ihn und nicht Sané als neuen Königstransfer vorstellen. Falls nicht, wird sein Marktwert in der Zwischenzeit gesunken und er möglicherweise als Schnäppchen zu haben sein.

Ansonsten muss im nächsten Sommer der Deutsche hinhalten. Aber eine Zwischenlösung für 8,5 Millionen Euro ist günstig. Den Lohn muss man da ja eigentlich gar nicht einrechnen, den hätte Sané bei den Bayern ja auch verdient.

Contra

Jan Arnet

«Bayern verspricht sich zu viel von Coutinho»

«Philippe Coutinho ist ein Weltklasse-Spieler. Er wird uns helfen, unsere ehrgeizigen Ziele in dieser Saison zu erreichen.» Mit diesen Worten begrüsst Bayern-Sportdirektor Hasan Salihamidzic seinen neuen Superstar in München. Doch ist Coutinho wirklich das fehlende Puzzle-Teil, das Bayern braucht, um die Champions League zu gewinnen? Es gibt einige Gründe, die dagegen sprechen.

Seine Form in der letzten Saison zum Beispiel verspricht nicht wirklich viele Skorerpunkte. Der Offensivspieler kam bei Barça in 34 von 38 Ligaspielen zum Einsatz, stand dabei fast immer in der Startelf. Von den 90 Toren des Teams war er aber nur an deren 7 direkt beteiligt (5 Tore, 2 Assists). Alleine bei Barça hatten 7 Spieler bessere Werte – darunter auch Linksverteidiger Jordi Alba und Mittelfeld-Puncher Arturo Vidal. In der gesamten Liga hatten 58 (!) Spieler bessere Skorerwerte als Coutinho. Auch in den vergangenen Jahren waren die Statistiken des 27-Jährigen nicht wirklich überragend.

Gewiss: Skorerpunkte sagen nicht alles über einen guten Fussballer aus. Doch von einem Spieler, für den Barcelona im Januar 2018 die vereinseigene Rekordsumme von 145 Millionen Euro bezahlte – deutlich mehr als für Spieler wie Luis Suarez, Neymar oder Frenkie de Jong –, darf man mehr erwarten als alle paar Wochen mal ein Traumtor. 

Bayern zahlt nun für ein Jahr Coutinho die Leihgebühr von 8,5 Millionen Euro und seinen geschätzten Jahreslohn von 13 Mio. Also 21,5 Mio. für einen Spieler, der wohl zunächst einige Zeit braucht, um sich an sein neues Umfeld, die neue Liga und die Sprache zu gewöhnen. Dass dies in die Hose gehen kann, hat das Beispiel von James Rodriguez gezeigt. Auch der Kolumbianer wurde vor zwei Jahren mit grossen Vorschusslorbeeren auf Leihbasis geholt, konnte seinen Status als Weltklasse-Spieler aber nur selten bestätigen und fand sich öfter als erwartet auf der Ersatzbank wieder. 

In einem Jahr haben die Münchner die Möglichkeit, Coutinho für 120 Mio. fix zu verpflichten. Doch das wird nicht passieren. Denn der Brasilianer wird für Bayern nicht mehr als ein zweiter James Rodriguez sein.