Meriame meint Fussball-WM: Die Achtelfinalisten im Favoriten-Check

von Meriame Terchoun

21.6.2019

Meriame Terchoun nennt ihre Favoriten auf den WM-Titel.
Meriame Terchoun nennt ihre Favoriten auf den WM-Titel.
Bild: Teleclub/ Keystone

In der Rubrik «Meriame meint ...» nimmt Meriame Terchoun, FCZ-Stürmerin und Social-Media-Moderatorin bei Teleclub, die Achtelfinalisten der Frauen-WM unter die Lupe. Wer ist Favorit auf den Titel?


Die WM-Achtelfinals:
Deutschland – Nigeria (22. Juni)
Norwegen – Australien (22. Juni)
England – Kamerun (23. Juni)
Frankreich – Brasilien (23. Juni)
Spanien – USA (24. Juni)
Schweden – Kanada (24. Juni)
Italien – China (25. Juni)
Niederlande – Japan (25. Juni)


Die drei Topfavoriten

 Nr.  

Heimvorteil und defensive Stärke

Frankreich

Die Gastgeberinnen starteten mit viel Power und hervorragendem Gegenpressing in die WM. Die Equipe von Corinne Diacre harmoniert speziell im Mittelfeld sehr gut und ist äusserst diszipliniert. Frankreichs Abwehr erweist sich bisher als sehr solide  – auch im Vergleich zu den anderen Teams.

Wenn das Team mit seinen Routiniers so weitermacht wie in der Vorrunde, stehen die Chancen für die Französinnen sehr gut. Ihre Schlüsselspielerinnen übernehmen viel Verantwortung, das Team strotzt vor Selbstvertrauen. Dank hervorragenden Technikerinnen in der Offensive können sie jede Abwehr vor Probleme stellen. Das grosse Ass im Ärmel wird aber ihr Defensiv-Bollwerk sein. Weiter so, les Bleus!


Nr.   

Wer stoppt die Titelverteidigerinnen? 

USA

Die US-Frauen erzielten Tore am Laufband, sie sind eine Macht. Als amtierende Weltmeisterinnen wissen sie, was in den entscheidenen Momenten gefragt ist. Ihre Qualitäten liegen dabei in der Offensive. Bei ihren einstudierten Spielzügen können sie mit ihrer Technik jeweils viel Druck auf den gegnerischen Kasten machen. Ihre Vorrunden-Gegner waren aber kein wirklicher Gradmesser für sie. Die spannenden Spiele kommen erst noch. Da werden die USA deutlich mehr gefordert werden.

Die Amerikanerinnen sind gefährlich und unberechenbar. Im Team von Jill Ellis können viele Spielerinnen auf verschiedenen Positionen spielen, was der Trainerin eine enorme Flexibilität bietet. Superstars wie Alex Morgan oder Captain Megan Rapinoe können ein Spiel im Alleingang entscheiden. Als überaus erfahrenes Team, welches zusätzlich mit Spielfreude glänzt, gehören sie unbestritten zu den Titel-Favoriten.


Nr.  

Die optimale Mischung aus Talent und Erfahrung 

England

England spielte seine Tore gegen Schottland, Argentinien und Japan gekonnt heraus. Die Mannschaft ist schnell und zweikampfstark und beherrscht auch das schnelle Passspiel – zwei Ballberührungen und weiter geht’s. Oft wird im Strfraum das 1 gegen 1 gesucht. Ausgestattet mit einer tollen Schusstechnik können Ellen White und Co. ihre Goals auch aus der Distanz erzielen.

Die Engländerinnen weisen eine enorme Laufbereitschaft auf, dazu sind sie schnell und physisch robust. Das Team scheint mit ihrem Mix aus talentierten und erfahrenen Spielerinnen richtig zusammengesetzt zu sein. Sie sind gut ins Turnier gestartet und konnten durchwegs überzeugen. Nun gilt es in der K.o.-Phase, auch hinten taktisch klug zu agieren.


Die Mitfavoriten

Nr.   

Geballte Offensiv-Kraft

Holland

Die Gruppenphase konnten die Holländerinnen erfolgreich gestalten. Der aktuelle Europameister spielt in der Offensive seine Stärken aus. Defensiv gibt es aber Probleme, wenn es zu schnell geht, was in der Vorrunde gut zu beobachten war. Die flinken Spielerinnen auf den Aussenbahnen sind für die Angriffsauslösung äusserst wichtig.

Die starke Vorrunde zeigte, dass Holland in der Offensive über Spielerinnen verfügt, deren Abschlüsse aus jedem Winkel gefährlich werden können. Für die K.o.-Phase könnten sie ein Feuer entfachen, das ganz schwierig zu löschen ist – wie sie es an der letzten Europameisterschaft 2017 bewiesen haben.


Nr.   

Es braucht eine Steigerung

Deutschland

Deutschland startete mit drei Siegen ins Turnier. Ob per Kopf, mit Standards oder – manchmal etwas glückhaft – per Abstauber, die DFB-Frauen schossen ihre Tore aus allen Situationen. Doch Glück lässt sich bekanntermassen erzwingen, und mit ihrer Mentalität und ihrem unbändigen Willen haben sie das bisher geschafft. Das Team kommt gerne über die Aussenbahnen und sucht dann den Pass in die Schnittstellen. In der Verteidigung und im Mittelfeld unterliefen der Mannschaft allerdings einige Fehler, die bis jetzt noch nicht bestraft wurden.

Das Team von Martina Voss-Tecklenburg ist körperlich stark. Die DFB-Frauen ziehen alle an einem Strang und haben dieselbe Idee auf dem Platz. Ihre Standardsituationen sind immer gefährlich. Aber ob dies gegen grössere Teams zum Weiterkommen reicht, ist fraglich. Wenn sie den Titel holen wollen, müssen sie wohl auch aus dem Spiel heraus mehr Tore erzielen.


Die Aussenseiter

Nr. 

Gelingt die Krönung?

Spanien

Bisher konnten die Spanierinnen ihr tatsächliches Können noch nicht in Resultate ummünzen. Sie überstanden die Gruppenphase mit viel Glück. Zwei ihrer in der Vorrunde erzielten Tore waren Penaltys. Gegen Deutschland und China gelang ihnen kein Treffer.

Die Spanierinnen sind robust und elegant zugleich und werden deshalb häufig etwas unterschätzt. Eine Stärke sind die schnell gespielten Seitenwechsel – die Diagonalbälle schaffen zusätzliche Räume für den Angriff. In Ballbesitz werden oft die Zuspiele in die Tiefe gesucht und im Mittelfeld überzeugt die Mannschaft mit präzisen Pässen. Die Abwehr ist manchmal nicht genug aufmerksam – umso grösser sind die Hoffnungen in die Dribbelkünstlerin Jennifer Hermoso.


Nr.    7

Wunderwaffe Samantha Kerr – und sonst?

Australien

Für einen Torerfolg hatten die sympathischen Australierinnen in der Vorrunde eine einzige Masche: Ein hoher Ball nach vorne in Richtung ihrer Superstürmerin Samantha Kerr – und schon landete der Ball im Tor. Viel mehr haben wir in den ersten drei Partien nicht gesehen. 

Die Australierinnen stellen eine spannende Mannschaft, aber für den Titel wird es an dieser WM schwierig. Sie haben eine eher einfache Spielweise und praktisch alle Tore gehen auf das Konto von Kerr. Dies reichte in der Gruppenphase zwar für einen Sieg gegen Brasilien – im weiteren Turnierverlauf müssen sie ihr Repertoire aber erweitern.


Nr.   

Klein, aber oho!

Italien

Die Italienerinnen sind frech und clever. Das haben sie in der Gruppenphase gezeigt. Sie lassen sich vom Gegner nicht aus der Ruhe bringen und erzielen ihre Tore durch schnelles Passspiel in die Räume hinter die gegnerische Abwehr. Als Team spielen sie schon länger in dieser Konstellation zusammen und verfügen über mehrere hervorragende Offensivspielerinnen.

Sie schlugen sich bisher gut, aber ob es für ganz nach oben reicht? Bereits die Qualifikation für den Viertelfinal wird für Italien schwierig, auch wenn sie aufgrund ihrer Offensivpower ein sehr unbequemer Gegner sind, den man keinesfalls unterschätzen darf – denn die eher klein gewachsenen Italienerinnen sind auch überraschend gut bei Standardsituationen.


Meriame Terchoun ist ein Urgestein bei den FC Zürich Frauen. Die 23-jährige Zürcherin holte bisher sieben Meistertitel und gewann mit den FCZ fünfmal den Schweizer Cup. Als Schweizer Nationalspielerin nahm sie an zwei EM-Endrunden teil. Sie hat mehrfach Spiele der Champions League der Frauen bestritten. Als Social-Media-Expertin beim Teleclub während den Live-Sendungen zur UEFA Champions League kennt sie auch den Männerfussball bestens.

Social-Media-Expertin bei Teleclub: Meriame Terchoun.
Social-Media-Expertin bei Teleclub: Meriame Terchoun.
Bild: Teleclub

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