Schweizer Fussballer über Rassismus Schweizer Fussballer über Rassismus: «Es war nicht einfach» – «Er glaubte nicht, dass ich ein 1.-Klass-Billett habe»

jar/rom

23.4.2021

Gelson Fernandes glaubt an eine Zukunft ohne Rassismus.
Gelson Fernandes glaubt an eine Zukunft ohne Rassismus.
Bild: Getty

In der Doku «Schwarze Adler» sprechen aktuelle und ehemalige deutsche Nationalspielerinnen und Nationalspieler über ihre Erfahrungen mit Rassismus im Fussball. Wie gross ist das Problem in der Schweiz? «blue Sport» hat mit Gelson Fernandes, Ridge Munsy und Gilles Yapi gesprochen.

25. Juni 2020, Kybunbark in St. Gallen. Aiyegun Tosin schiesst in der 64. Minute das zwischenzeitliche 2:0 für die Gäste aus Zürich. Der Flügelspieler aus Nigeria rennt Richtung Tribüne, hält sich den Zeigefinger vor den Mund. Ein Indiz dafür, dass er von den FCSG-Fans beleidigt wurde. Den Beweis dafür liefert ein Fan-Video, das später im Netz auftaucht. «Scheiss Mohrenkopf» ist da deutlich zu hören, als Tosin sich von seinen Mitspielern feiern lässt – und für seine «Provokation» noch die Gelbe Karte sieht. Als Reaktion darauf kniet der 21-Jährige hin und streckt seine Faust Richtung Himmel. Black lives matter.

Ein Einzelfall im Schweizer Fussball? «blue Sport» fühlt der Sache auf den Zahn und spricht mit den hierzulande bestens bekannten dunkelhäutigen Fussballern Gelson Fernandes, Gilles Yapi und Ridge Munsy. Klar wird, dass Rassismus nicht nur auf dem Fussballplatz beziehungsweise auf der Tribüne vorkommt, sondern auch in der Schweiz ein gesellschaftliches Problem darstellt. 

Ausgewählte Aussagen aus den Gesprächen mit Fernandes, Yapi und Munsy:


Portrait of Gelson Fernandes, midfielder of the Swiss national football team, photographed in Feusisberg, Switzerland, on May 22, 2018. (KEYSTONE/Gaetan Bally)

Portrait von Gelson Fernandes, Mittelfeldspieler der Schweizer Fussballnationalmannschaft, aufgenommen am 22. Mai 2018 in Feusisberg. (KEYSTONE/Gaetan Bally)
Alter  34

67 Länderspiele für die Schweiz

Gelson Fernandes

«Ich bin im Wallis aufgewachsen. Anfang der 90er-Jahre gab es da noch nicht viele Schwarze, es war nicht immer einfach. Als ich mit den Junioren auswärts gespielt hatte, wurde mir manchmal zu spüren gegeben, dass ich anders sei.»

«Es stört mich, dass wir im Fussball nicht viele (dunkelhäutige) Leute in einer führenden Rolle haben, als Trainer zum Beispiel. Daran müssen wir arbeiten.»

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«Wenn du mit Rassismus konfrontiert wirst, musst du Ruhe bewahren und Klasse zeigen. Du musst der fehlbaren Person klarmachen, dass das schlecht ist – ohne dabei nervös oder aggressiv zu werden. Ruhe und Ausstrahlung ist der Schlüssel.»

«Es wird sich ändern. Die Schweiz ist heute so multikulturell. Wenn ich meine Tochter von der Schule abhole, sehe ich Kinder aus Portugal, Italien, Albanien, Bosnien, Kroatien – überall. Die Schweiz von vor 30 Jahren ist nicht die Schweiz von heute. Es wird besser werden.»


Portrait von Gilles Yapi vom FC Zuerich, aufgenommen am Montag, 10. Juli 2017, in Oberstaufen, Deutschland. (KEYSTONE/FC Zuerich/Gian Ehrenzeller)..
Alter  39

216 Super-League-Spiele

Gilles Yapi

«Ich sass mal im Zug in der 1. Klasse. Ein Mann hat mich dann angesprochen und gesagt, dass ich hier nicht willkommen sei und in die 2. Klasse gehen soll. Als ich ihm dann das gültige Billett gezeigt habe, machte er einen enttäuschten Eindruck und konnte es kaum glauben.»

Yapi: «Der Mann sagte, ich sei hier nicht willkommen»

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«Wenn man hier im Fernsehen etwas über Afrika sieht, geht es immer darum, was in Afrika schlecht ist. Seien es die armen Leute oder sonstige Probleme. Das gibt den Leuten ein falsches Bild. Man sollte auch mal die guten Seiten von Afrika zeigen.»

«Rassismus ist für mich ein Problem der Unwissenheit und der Erziehung. Wenn ich mit einer solchen Situation konfrontiert werde, habe ich einfach Mitleid mit solchen Menschen.»

«Wir müssen unseren Kindern in den Familien und in der Schule bewusst machen, dass die Hautfarbe keinen Unterschied macht. Wir sind alle Menschen und alle wertvoll. Wir müssen alle respektieren und gleich behandeln. Nur so kann das Problem eingedämmt werden.»


Ridge Munsy von Thun beim Super League Meisterschaftsspiel zwischen dem FC Luzern und dem FC Thun vom Sonntag, 5. Juli 2020 in Luzern. (KEYSTONE/Urs Flueeler)
Alter  31

125 Super-League-Spiele

Ridge Munsy

«Meine Gegenspieler sahen im Rassismus ein Mittel, um mich zu destabilisieren. Mit Affengeräuschen oder sonstigen Bemerkungen, die nicht okay waren. Das ging schon recht früh los.»

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«Es gibt diese Situationen, in denen eine Person auf dich zukommt und ganz langsam auf Hochdeutsch auf dich einredet, weil sie davon ausgeht, dass du nicht Deutsch kannst. Dann antwortest du auf Schweizerdeutsch und die andere Person ist völlig verblüfft.»

«Wenn jemand belästigt oder diskriminiert wird, muss man den Mut haben und zeigen, dass das nicht in Ordnung ist. Je mehr Leute das machen, desto besser können wir alle in eine Richtung gehen. Sei das im Sport oder im alltäglichen Leben.» 


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