Ligue 1 «Free Tibet» – so protestieren Lyon-Fans gegen chinesische TV-Zuschauer

jar

1.10.2019

Die Tibet-Flagge als Choreo im Lyon-Fanblock.
Die Tibet-Flagge als Choreo im Lyon-Fanblock.
Bild: Twitter

Das Ligue-1-Spiel zwischen Lyon und Nantes wurde am Samstag bereits um 13:30 Uhr angepfiffen – zur besten chinesischen Sendezeit. Die nicht efreuten Fans reagierten mit einer originellen Protestaktion.

Die Ligue 1 will mehr Aufmerksamkeit. Deshalb hatte Didier Quillot, der Geschäftsführer der französischen Liga, bereits im Frühjahr angekündigt, dass künftig einige Ligue-1-Spiele früher angepfiffen werden, damit diese auch in Asien verfolgt werden können. Normalerweise wird in Frankreichs höchster Spielklasse die erste Samstags-Partie auf 17:30 Uhr angesetzt, die restlichen Spiele werden um 20 Uhr angepfiffen. Am vergangenen Wochenende aber musste Olympique Lyon am Samstag bereits ab 13:30 Uhr zuhause gegen den FC Nantes antreten – zur besten chinesischen Sendezeit. Ab der kommenden Saison soll sogar jeden Sonntag ein Spiel bereits um 13 Uhr beginnen.

Ob das den Klubs und den Spielern gefällt, sei mal dahingestellt. Den Fans ist die Rücksicht auf den asiatischen Markt aber auf jeden Fall ein Dorn im Auge. Lieber würden sie wohl um 13:30 Uhr noch ihr Mitagessen geniessen, statt bereits im Stadion zu sein. Das zeigen die Lyon-Fans am Samstag unmissvertsändlich – mit einer ziemlich eigenartigen Protestaktion.

Pünktlich zum Anpfiff hielten die Anhänger im Fanblock bunte Papptafeln hoch. Rote, blaue, weisse und gelbe. Die Choreo galt allerdings nicht dem eigenen Team, sondern war ein Seitenhieb Richtung Fernost. Denn zu sehen war eine riesige tibetische Fahne. Und ein Spruchband mit der eindeutigen Botschaft «Free Tibet». Die Lyon-Fans solidarisierten sich so mit dem seit 1951 zu China gehörenden Gebiet im Himalaya, dessen Kampf für die Unabhängigkeit bis heute für einen Konflikt mit der chinesischen Regierung sorgt.

Natürlich geht es den Olymqiue-Anhängern aber in erster Linie nicht um die Autonomie eines Gebiets in Asien. «Wir wollen mit unserer Aktion vor allem daran erinnern, dass Zuschauer und Fans, welche den Weg ins Stadion auf sich nehmen, mehr respektiert werden sollten als Beobachter vor dem TV», lässt Lyons Ultragruppierung «Bad Gones» in einem Statement verlauten.

Man wolle nicht akzeptieren, dass die eigene Bevölkerung benachteiligt wird, damit «Leute am anderen Ende der Welt» durch einen rein kommerziellen Gedanken bevorzugt werden. Deshalb kündigen die «Bad Gones» an: «Wenn der Anblick tibetischer Flaggen die Liga und ihren neuen TV-Sender unter der Kontrolle des chinesischen Staatsapparats ärgern kann, werden wir die Proteste gerne wiederholen.»

Dass die Chinesen durchaus empfindlich auf politische Positionierungen in der Tibet-Debatte reagieren, weiss man spätestens seit Herbst 2017. Vor zwei Jahren sollte die U20-Nationalmannschaft aus dem Reich der Mitte in Deutschland Freundschaftsspiele gegen Regionalligaklubs bestreiten. Als es bereits im ersten Spiel von Zuschauern Proteste mithilfe tibetischer Fahnen gab, verliessen die Spieler empört den Platz – der DFB und der chinesische Fussballverband erklärten die Freundschaftsspiele-Serie danach für beendet. Dass nun auch die frühen Anstosszeiten in der Ligue 1 wieder gestrichen werden, ist bei den Millionen, welche die Liga durch die Übertragung im chinesischen Fernsehen einnimmt, aber eher unwahrscheinlich. 

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