2. Bundesliga Medien gehen mit dem HSV hart ins Gericht: «Deppen von der Elbe»

SDA

22.6.2020 - 17:04

Dem Hamburger SV droht, den Aufstieg in die Bundesliga auch in diesem Jahr zu verpassen.
Dem Hamburger SV droht, den Aufstieg in die Bundesliga auch in diesem Jahr zu verpassen.
Source: Keystone

Der HSV galt als Dinosaurier der Bundesliga, ehe 2018 der Abstieg in die 2. Liga nicht mehr zu verhindern war. Nach der Niederlage in Heidenheim droht die Mission Wiederaufstieg erneut zu scheitern.

Die sportliche Bilanz ist ernüchternd. Der HSV holte seit der Wiederaufnahme der 2. Bundesliga Mitte Mai nur 10 von 24 möglichen Punkten. Fünf Mal gaben die Hamburger eine Führung aus der Hand, vier Mal kassierten sie in der Nachspielzeit einen Gegentreffer und vergaben dadurch sechs Punkte. «Es scheint so zu sein, dass der Fussball-Gott nicht auf unserer Seite ist», sagte Trainer Dieter Hecking am Sonntag, nachdem der HSV erstmals seit dem 2. Spieltag aus den Top 3 gefallen war. «Aber wir sind auch selbst schuld. Wir hätten schon längst durch sein können.»

Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Nach dem neuerlichen Hamburger K.o. in der Schlussphase liessen Freund und Feind in den sozialen Netzwerken ihrem Ärger oder ihrer Schadenfreude freien Lauf. «Danke, dass wir ein weiteres Jahr wieder mal die Lachnummer ganz Deutschlands sind», schrieb ein User stellvertretend für viele. Auch die Medien gingen mit dem HSV hart ins Gericht. «Jedes Jahr der gleiche Schrott», schrieb die «Bild»-Zeitung. «Der HSV ist nur noch ein nervliches Wrack», kommentierte das «Hamburger Abendblatt» den Zustand der Mannschaft – und die «Süddeutsche Zeitung» titelte: «Deppen von der Elbe.»

Neue Köpfe, alte Probleme

Seit Jahren dreht sich in der Hansestadt die Spirale nach unten. Die grossen Zeiten des Traditionsvereins mit der Raute im Vereinslogo sind schon lange vorbei. 1983 gewann der HSV die dritte Meisterschaft innerhalb von fünf Jahren, im selben Jahr holte die Mannschaft des legendären Trainers Ernst Happel den Europacup der Landesmeister dank einem 1:0 im Final in Athen gegen Juventus Turin.

Spätestens seit 2009 und der letzten Top-5-Klassierung in der Bundesliga ging es aber stetig bergab. Seither gaben sich 15 Cheftrainer die Klinke in die Hand. Auch in der Klubführung gab es immer wieder Wechsel, zuletzt Ende März, als Marcell Jansen als Aufsichtsratsvorsitzender den als Vorstandschef entlassenden Bernd Hoffmann als starken Mann an der Vereinsspitze ablöste. Der frühere HSV-Spieler und deutsche Internationale, dem eine Nähe zum langjährigen Investor und Mitbesitzer Klaus-Michael Kühne nachgesagt wird, will die Klubspitze wieder einen. «Teamfähigkeit, Teamplay, Kommunikation», nannte Jansen als Schlagwörter für die HSV-Zukunft.

Doch auch der 34-jährige gebürtige Rheinländer scheint sportlich vorerst zu scheitern – wie auch der erfahrene Trainer Hecking und Sportvorstand Jonas Boldt. Sie wurden vor einem Jahr für den x-ten Neuanfang geholt. Nun sind sie auf Schützenhilfe von Arminia Bielefeld angewiesen, um zumindest die Relegationsspiele doch noch zu erreichen. Der Leader und Aufsteiger empfängt zum Abschluss Heidenheim. Der HSV trifft auf Sandhausen und braucht einen Punkt mehr als Heidenheim, um noch auf Platz 3 vorzustossen.

Zumindest keine Häme im Stadion

Dass Jansen sich der sportlichen Realität bewusst ist, liess er die Vereinsmitglieder und Fans schon im Frühjahr wissen. Sollte es am Ende der Saison nichts werden mit dem Aufstieg, nehme man in der nächsten Spielzeit wieder einen Anlauf, so Jansen. Im Fall eines Abstiegs von Werder Bremen und dem Nicht-Aufstieg des HSV kündigt sich aus norddeutscher Optik mit St. Pauli, Kiel, Hannover, Osnabrück und den möglichen Aufsteigern aus Braunschweig und Rostock aber auch in der 2. Liga eine attraktive Meisterschaft an.

Sollte es am Sonntag mit dem Sprung in die Relegation gegen den drittletzten der Bundesliga nicht klappen, wird den HSV-Protagonisten zumindest die Häme des Publikums im eigenen Stadion erspart bleiben. Vor einem Jahr, als der HSV durch ein blamables 0:3 gegen Ingolstadt am drittletzten Spieltag auf Rang 4 zurückfiel, pfiffen die gut 50'000 Zuschauer im Volksparkstadion ihr Team gnadenlos aus. Aber vielleicht meint es in diesem Jahr der Fussball-Gott für einmal ja auch gut mit dem Hamburger SV. 

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