Im Rahmen einer Pressekonferenz haben sich Nati-Coach Vladimir Petkovic und Direktor Pierluigi Tami zur Lage der Nation geäussert. Noch nicht gesichert ist, wie der Trainer nach der EM 2020 heissen wird.
Auf die Frage, ob er überhaupt Lust habe, über die EURO hinaus Trainer der Schweizer Nationalmannschaft zu bleiben, antwortet Petkovic: «Wir haben bereits ein Gespräch geführt und wir haben entschieden, dass wir weitere Gespräche führen wollen.» Dass es noch einiges zu bereden gibt, macht folgende Aussage Petkovics deutlich: «Der SFV und ich sind wie Sparring-Partner, wir müssen uns rempeln, aber schauen, dass beide mit den Füssen auf dem Boden bleiben.»
Motivation weiter zu machen, ist seitens Petkovics trotz des medialen Gegenwindes vorhanden. Der Ist-Zustand sei sehr gut und die Möglichkeit es besser zu machen gross. Die Dauerkritik bedeute für ihn «viel und nichts. Es gehört dazu, dass Medien Polemik machen.»
Nati-Direktor Pierluigi Tami sagt zur Trainerfrage, dass «Vlado» die erste Wahl sei. In letzter Instanz ist es aber nicht Tami, der den Trainer absegnen muss, sondern der Zentralvorstand. Es bleibt spannend, denn ein K.o.-Schlag ist nicht auszuschliessen. Bis Februar oder spätestens bis zum nächsten Zusammenzug Ende März soll die Personalie geklärt sein – zumindest diesbezüglich sind sich alle einig.
Petkovic über den Verjüngungsprozess
Nach der WM in Russland habe er versucht, etwas zu verändern. «Unser Hauptziel in den letzten anderthalb Jahren war es, unser Team zu verjüngen und neue Gesichter zu präsentieren. Wir sind voll in diese Richtung gegangen.» Die Nations League hat ihm diesbezüglich in die Karten gespielt. In diesem Wettbewerb konnte er «jungen Spielern die Chance geben, in wichtigen Spielen gegen hochkarätige Teams zu spielen».
Aber auch aufgrund diverser Verletzungen öffneten sich für den einen oder anderen Spieler Türen – 13 Fussballer hätten im vergangenen Jahr für ein oder mehrere Spiele absagen müssen, weiss Petkovic. Er habe in den entscheidenden Spielen gegen Georgien und Gibraltar Spieler eingesetzt, von denen niemand in der Schweiz, nicht einmal er selbst, gedacht hätte, dass sie in dieser Phase der Qualifikation für die Nationalmannschaft spielen würden. «Einige haben sich gut präsentiert, Tore gemacht, Tore verhindert, gute Spiele gemacht. Sie waren sehr präsent und haben Konkurrenz in die Mannschaft gebracht.»
Insgesamt habe er in diesem Jahr 29 Spieler eingesetzt, fünf davon waren Debütanten. «So haben wir auch etwas für die Zukunft des Schweizer Fussballs gemacht, man muss keine Sorgen haben», so Petkovic zufrieden.
Petkovics Warnung an die Bankdrücker
Weil die Integration der Neulinge so reibungslos funktioniert hat, ist das Team in der Breite gewachsen. Das bedeutet auch, dass Petkovic auf die formstärksten Spieler zurückgreifen wird. «Es ist sehr wichtig, dass die Spieler im Mai topfit sind. Wir haben nicht viel Zeit vor der EM, um die Formkurve bei jedem zu steigern. Sie müssen sofort bereit sein.» Deshalb sei es wichtig, dass sie im Verein spielen würden. «Der eine oder andere muss sich Gedanken machen, ob er im Klub bleibt oder wechselt», warnt Petkovic. Die Spieler seien selbst dafür verantwortlich, ob sie im Aufgebot stehen oder nicht.
Ob der Nati-Coach auch arrivierte Spieler wie Xherdan Shaqiri oder Ricardo Rodriguez ausboten würde, die derzeit im Klub kaum eine Rolle spielen, bleibt offen. Andere wie Albian Ajeti oder Kevin Mbabu, die noch nicht auf eine lange Nationalmannschaftskarriere zurückblicken können, müssen sich aber auf jeden Fall angesprochen fühlen. Petkovics Masterplan: «Am Ende will ich die 23 besten Spieler haben, die auch gut zusammen harmonieren. Ich betone das immer wieder und werde es noch hundert Mal sagen, dass ich individuell starke und talentierte Spieler brauche, aber sie müssen eine Einheit bilden mit einem grossen Teamspirit. Nur so kann man Grosses erreichen.»
Ausblick Euro 2020
Logistisch stellt die Euro 2020 für den SFV eine grosse Herausforderung dar, doch das braucht die Fans nicht zu kümmern. Schon mehr interessieren dürfte die sportliche Zielsetzung, die nur Viertelfinale lauten kann (so sehen das seltsamerweise grosse Teile der Medienschaffenden und auch der Bevölkerung). Petkovic aber sagt: «Step by step. Zuerst müssen die Spieler bereit sein, gesund bleiben und Spielpraxis haben.» Es bringe nichts, wenn er jetzt irgendetwas sage wie Halbfinal oder Final. «Es ist wichtig, gut ins Turnier zu starten und das erste Spiel zu gewinnen und natürlich wollen wir jedes Spiel gewinnen.» Um zu untermauern, dass es kein Selbstläufer werden wird, zählt er diverse Starspieler der Gruppengegner auf. Und er betont, dass sowohl Italien in Rom als auch die Türkei in Baku (gefühltes Heimspiel) je zweimal zuhause spielen würden.
Appell an die Medienschaffenden
An der Auslosung habe man gesehen, wie viel Respekt man der Schweiz entgegenbringe. Das sei eine Anerkennung für das Geleistete und um auf diesem Level zu bleiben, müssten sie immer 120 Prozent geben. «Um einen grösseren Schritt zu machen, müssen wir 150 Prozent geben. Da müssen wir eine Einheit sein, alle zusammen, nicht nur Spieler und Staff, auch ihr (in Richtung der Medienschaffenden gesprochen). Wir sitzen alle im gleichen Boot. Zusammen können wir auch etwas erreichen. Ihr braucht uns und wir brauchen euch. Das sollte so sein. Wir kämpfen nicht gegeneinander, wir kämpfen miteinander. Ich wünsche mir, dass wir in diese Richtung gehen werden. Wir haben jetzt eine sehr wichtige Zeit, die bereits begonnen hat.»