Von wegen ewige Treue zum Verein: Eine Gruppe von Ultra-Fans in Israel vertreibt mit ihrem Rassismus treue Anhänger von Beitar Jerusalem. Diese haben eine passende Antwort.
Die Rufe des Hasses schallen durch das Stadion in Jerusalem. «Jigal Amir, König von Israel!», schreien mehrere Ultras. Sie stören damit das Gedenken an den ehemaligen Ministerpräsidenten Jitzchak Rabin. Jigal Amir ist der jüdische Rechtsextremist, der den Friedensnobelpreis-Träger Rabin 1995 ermordete.
Die Zwischenrufe liegen einige Jahre zurück. Doch noch immer machen die Ultras von Beitar Jerusalem, die sich «La Familia» nennen, immer wieder mit rassistischen Provokationen auf sich aufmerksam. Und sie haben die Fans gespalten.
Eigenen Klub gegründet
Vor den Toren von Jerusalem begrüssen an einem Sportplatz rund 50 Fans ihre Mannschaft mit Gesängen zum Trainingsauftakt. Nur schwer sind ihre Flaggen von denen der «Familia» zu unterscheiden. Doch hier zählt nur die Liebe zum Fussball. Männer und Frauen, Juden und Araber, verbindet eines: Sie haben wegen «La Familia» ihrem Lieblingsverein den Rücken gekehrt und einen eigenen Club gegründet. Er trägt den Namen Beitar Nordia.
Nach seiner Gründung im Jahr 2013 stieg der Verein im folgenden Jahr in den Spielbetrieb ein. Heute spielt Beitar Nordia in der semi-professionellen dritten israelischen Liga. «Ich hoffe natürlich, dass wir es in die 2. Liga schaffen, aber es gibt keinen Druck», sagt Uri Kotlarski aus dem Vorstand des Vereins. Wichtiger sei es, unabhängig von Beitar Jerusalem zu bestehen.
Laut Uri Levi von der israelischen Fussballplattform «Babagol» haben die rassistischen Ultras von «La Familia» in den letzten zehn Jahren immer stärker die Kontrolle über die Anhängerschaft von Beitar Jerusalem übernommen. «Beitar Jerusalem war früher der Klub der einfachen Leute. Auch wenn sie schon immer eher politisch rechts waren, fanden sich Fans im ganzen Land», sagt Levi.
Spieler und Anhänger geächtet
Der endgültige Bruch unter den Fans kam 2013, als die Vereinsführung versuchte, zwei muslimische Spieler in der Mannschaft zu etablieren. Rund 20 Prozent der Bevölkerung in Israel sind Araber. Doch auf Druck von «La Familia» blieb Beitar der einzige Verein im Land, in dem kein Araber oder Moslem aktiv ist. Die Ultras wüteten damals nicht nur gegen die tschetschenischen Neuzugänge Saur Sadajew und Gabriel Kadijew. «La Familia» ächtete auch jeden, der sich mit den muslimischen Spielern solidarisierte – sogar den eigenen Kapitän.
Der abgespaltene Klub Beitar Nordia schafft es mittlerweile, bis zu 4000 Fans zu den eigenen Spielen zu locken. «La Familia» versucht, das zu ignorieren. «Ich glaube, insgeheim respektieren sie uns, aber wollen es nicht wirklich zeigen», sagt Kotlarski. Spiele von Beitar Jerusalem anzuschauen, ist für ihn schwierig geworden: «Es ist manchmal, als würde man seine Ex-Freundin mit ihrem neuen Partner sehen.»
Manchmal werden Spieler des Erstligisten Beitar Jerusalem an Beitar Nordia ausgeliehen, um sich dort zu weiterentwickeln. Beim Ursprungsverein sieht man das als Statement für ein gutes Verhältnis. «Die Vereine sind wie zwei Brüder, die in unterschiedliche Richtungen gegangen sind», sagt Oschri Dudai, Sprecher von Beitar. «Vielleicht kommt man eines Tages ja auch wieder zusammen.»
Auch bei Beitar Nordia hofft man auf jenen Tag – das steht sogar in der Vereinssatzung. Doch für eine friedliche Zusammenführung der Brüder müsste erst noch das Problem der rassistischen Ultras gelöst werden.