Eine dänische Studie stuft das Ansteckungsrisiko für Covid-19 bei einem Fussballspiel als gering ein. Auch wenn das Modell mit Vorsicht zu geniessen ist, lässt sie doch für Geisterspiele positiv stimmen.
Die Verunsicherung in der Fussballszene ist gross: Während einige Regierungen (unter anderem Frankreich und Holland) Fussballspiele noch für mehrere Monate untersagt haben (und so quasi die Meisterschaften zum Abbruch gezwungen haben), hoffen die Schweiz und andere Länder, mittels Geisterspielen die Saisons noch fertig spielen zu können.
Die Studie «Spread of virus during soccer matches» der renommierten Universität Aarhus, der grössten Uni Dänemarks, lässt nun Grund für (vorsichtigen) Optimismus zu:
Für das Modell wurden Daten aus 14 Spielen der dänischen Superliga aus der Saison 2018/19 verwendet, was natürlich eine beschränkte Datenmenge (insgesamt 15'750 ermittelte Werte) ergibt. Die drei Forscher haben dabei als Grundlage einen der Spieler bei diesen Partien «infiziert» und schauten danach, wann und wo genau andere Spieler im Umkreis von 1,5 Meter oder in einer Risikozone vom Infizierten ausgesetzt waren. Bei den Berechnungen haben sie auch gemeinsames Jubel einbezogen – Spucken und Rotzen sowie jeglichen Handkontakt aber ausgeschlossen.
Die Daten zeigen, dass sich die Spieler durchschnittlich 87,8 Sekunden pro Spiel im gefährlichen Ansteckungsradius eines (risikobehafteten) Spielers aufhalten. Dieser Wert würde natürlich exponentiell steigen, falls mehrere Spieler infiziert wären. Nicht untersucht wurde dabei die Übertragung des Virus durch direkten Kontakt (z.B. während einer Grätsche).
Position hat Einfluss auf Ansteckungsrisiko
Dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zufolge wird gemäss aktuellem Stand das Coronavirus hauptsächlich bei engem und längerem Kontakt übertragen. Das heisst konkret: bei weniger als zwei Metern Abstand während mehr als 15 Minuten.
Am meisten Risiko setzten sich dabei Spieler aus, die in der Mittelzone vom Feld agieren (Innenverteidiger, zentrale Mittelfeldspieler oder Sturmspitzen), während Aussenverteidiger oder Flügelspieler weniger gefährdet sind. Eine Sonderrolle nimmt logischerweise der Goalie ein.
Umstrittene Ergebnisse
Die Macher der Studie selbst wollten keine Schlussfolgerung aufstellen. Einige Kollegen aus der Wissenschaft nehmen aber die Ergebnisse positiv auf: «Es besteht kein Zweifel an der Zeit, die sie in der Studie berechnet haben – die Dauer in der Risikozone ist nicht kritisch. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir aufpassen müssen, dass wir nicht hysterisch werden», so Allan Randrup Thomsen, Professor für Virologie an der Uni Kopenhagen.
Die Fussballforscherin und Professorin Magni Mohr bezeichnet die Studie als «super spannend und kreativ gemacht»: «Sie eröffnet eine Menge anderer Studien zu möglichen Infektionswegen. Zum Beispiel könnte es interessant sein, die gleiche Berechnung bei Trainingsübungen zu sehen, wo man sehr nahe beieinander ist.»
Mohr hält fest: «Die Studie ist gut durchdacht. Und das ist vielleicht der Anfang dafür, dass wir mit evidenzbasierten Empfehlungen beginnen und herausfinden können, wie wir am sichersten trainieren können.»
Wenig(er) Zustimmung erhält die Studie auf der Plattform «Reddit». Dort zweifeln die meisten User die Aussagekraft und die Ergebnisse des Modells stark an.