Champions League Fussball-Kommentator – wirklich ein Traumjob?

Von Tobias Benz

13.12.2019

Sport-Kommentator Nicolas Emmenegger an seinem Arbeitsplatz im Giuseppe-Meazza-Stadion.
Sport-Kommentator Nicolas Emmenegger an seinem Arbeitsplatz im Giuseppe-Meazza-Stadion.
Bild: Teleclub

Fussball-Kommentator, ein Traumjob, möchte man meinen. Doch es ist wie bei jedem Beruf: nicht immer ganz so einfach. Wir haben einen Kommentator auf seinem Weg ins San Siro begleitet.

Montag, 9. Dezember, Mailand. Das Taxi biegt um die Ecke und zwischen den Häuserschluchten hindurch erhasche ich einen kurzen Blick auf das gewaltige Giuseppe-Meazza-Stadion. Keine Minute später ist die Fahrt zu Ende. Nicolas Emmenegger, Fussball-Kommentator bei Teleclub in der Romandie, steigt aus und macht sich auf den Weg zum Medieneingang. Ich folge ihm.

Viele würden das als Traumjob beschreiben, was Nicolas tut. Fussballspiele live im Stadion kommentieren – am Dienstagabend wird es das Topspiel in der Champions League zwischen Inter Mailand und dem FC Barcelona sein. Bis jetzt sieht es noch nicht nach einem Vergnügen aus. Der Technik-Koffer, den er seit der Abreise in Fribourg mit sich herumträgt, wiegt zwölf Kilo. Er trägt ihn auch in den dritten Ring des San Siros. Der Lift geht nicht.



Zunächst muss die Technik getestet werden, dann gibt es ein paar Aufnahmen für Social Media und im Anschluss findet zwei Stöcke weiter unten die Pressekonferenz von Barcelona-Trainer Ernesto Valverde statt. Nur das mit Social Media klappt reibungslos. Denn ausser unseren Handys scheint sich nichts mit dem Netz verbinden zu wollen.

Wir foltern das dubiose Modem so lange, bis es sich verbindet und können gerade noch rechtzeitig die Leitungskontrolle durchführen. Minuten später stehen wir im Presseraum für die offizielle Pressekonferenz. Etwas verschwitzt erfahren wir, dass Valverde eine halbe Stunde Verspätung hat. Die Pressekonferenz ist trist und trotz gewaltigem Journalisten-Aufgebot gibt der Spanier nichts preis.

Ein Fan-Erlebnis geht anders

Zurück im Hotel spreche ich Nicolas auf seinen Beruf an. Er schmunzelt. Die Arbeit gefällt ihm sehr, das merkt man. Aber er macht mich auch darauf aufmerksam, dass es nicht dasselbe ist, solche Spiele als Fan zu schauen oder als Kommentator. «Ich kann nicht derjenige sein, der nach dem Spiel in den Bus steigt und das Resultat nicht mehr weiss, weil ich so viel Spass hatte», lacht er.

Am Dienstag ist es dann so weit. Wir machen uns schon am Nachmittag auf den Weg zum Stadion. Es ist schwierig zu sagen, ob das Internet heute funktioniert, denn dieses Mal haben wir nicht einmal Strom. Das Problem ist aber schnell behoben und nach einem obligatorischen TV-Meeting mit der UEFA fängt für Nicolas die eigentliche Arbeit an. 

Vor dem Spiel steht ein Interview mit Inter-Manager Giuseppe Marotta an. In fliessendem Italienisch stellt er seine Fragen. Von lässig herumstehenden Fussballgrössen wie Lothar Matthäus oder Dejan Stankovic lässt er sich nicht beeindrucken. Später verrät er mir, dass er noch nie einen solchen Hochkaräter vor dem Mikrofon hatte.


Die Highlights der Partie mit dem Kommentar von Nicolas Emmenegger


Heute Barça, am Wochenende Servette

Das Spiel selbst vergeht dann wie im Flug. Nicolas wirkt entspannt, obwohl er genau weiss, dass den meisten Zuhörer jeder noch so kleine Fehler sofort auffällt. Aber er ist sehr gut vorbereitet. Vor ihm sind seine Notizen für das Spiel ausgelegt. Alles ist handgeschrieben und es sind so viele Blätter, dass vom Tisch fast nichts mehr zu erkennen ist. 

Inter Mailand unterliegt den Gästen aus Spanien 1:2. Mit dem Spiel ist Nicolas zufrieden, mit sich selber nicht ganz. In gewissen Situationen sei er ein wenig zu langsam gewesen. Ich finde nicht, aber das ist meine Meinung und als Fussball-Kommentator muss man es immer allen Recht machen. Und genau da liegt vielleicht das Problem.

«Es erwartet jeder von dir, dass du mehr weisst als er», erklärt Nicolas. «Ein Inter-Fan erwartet, dass du ihm etwas über Inter erzählst, dass er noch nicht weiss. Ein Barca-Fan erwartet dasselbe. Und so geht das weiter mit dem FC Zürich, Servette-Genf oder dem HC Davos. Das ist unmöglich.»

Trotzdem, die Arbeit scheint tüchtig Laune zu machen und ich komme zum Schluss, dass es für einen Sportbegeisterten einem Traumjob schon sehr, sehr nahe kommt. Einem Traumjob, für den man nicht viel Lob und Dankbarkeit erwarten darf.

Die Spiele des aktuellen Spieltags

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