«Bin nicht amtsmüde» Wenger gibt zu: Rücktritt wegen Fans – Wechsel zu Dortmund?

dpa/jar

23.4.2018

Zu viele «Wenger out»-Plakate: Arsène Wenger zieht den Hut.
Zu viele «Wenger out»-Plakate: Arsène Wenger zieht den Hut.
Getty Images/Twitter

Nach fast 22 Jahren tritt Arsène Wenger im Sommer als Arsenal-Trainer zurück. Der Franzose sagt, dass er nicht müde sei und macht die Fans für seinen Abgang verantwortlich. Derweil läuft die Suche nach seinem Nachfolger bereits auf Hochtouren. 

Julian Nagelsmann, Lucien Favre, Carlo Ancelotti oder doch noch Thomas Tuchel? Die Liste der Trainerkandidaten beim FC Arsenal wird immer länger. Nachdem Arsène Wenger zum Sommer seinen Rücktritt nach 22 Jahren angekündigt hat, wird in England fast reflexartig auch der deutsche Bundestrainer Joachim Löw gehandelt. «Wir müssen sehr aufgeschlossen und auch mutig sein in unserer Entscheidung», hatte Arsenal-Direktor Ivan Gazidis am Freitag erklärt.

Chefscout der Gunners ist der ehemalige Dortmunder Sven Mislintat, der auch bei der Trainersuche ein gewichtiges Wörtchen mitzureden hat. Ob er seinen Bossen wirklich Ex-BVB-Coach Thomas Tuchel empfehlen würde? Die beiden hatten sich bei Borussia Dortmund zerstritten. Und doch gilt Tuchel in London als Kandidat. Der «Kicker» hatte im März sogar vermeldet, Tuchel stehe als Wengers Nachfolger schon fest. Nun scheint ein Engagement bei Paris Saint-Germain wahrscheinlicher. 

Favre passt ins Anforderungsprofil

Arsenal-Direktor Gazidis nannte das Anforderungsprofil für den neuen Coach. «Es ist mir wichtig, dass wir die Fussball-Werte beibehalten, die Arsène diesem Klub eingeimpft hat», sagte er am Freitag. «Ich möchte jemanden, der auch in Zukunft progressiven, aufregenden Fussball spielt, der dafür sorgt, dass die Menschen von unseren Spielen mitgerissen und begeistert werden. Ausserdem ist es wichtig, der Jugend in diesem Verein eine Chance zu geben.»

Aufregender Offensiv-Fussball? Arbeit mit jungen Spielern? Es sind Anforderungen, die ein Mann erfüllen würde: Lucien Favre (Kommentar: Favre würde perfekt zu Arsenal passen). Der Schweizer, der mit Hertha BSC in der Saison 2008/09 um die Meisterschaft mitspielte und später aus dem Abstiegskandidaten Borussia Mönchengladbach einen Champions-League-Teilnehmer formte, soll der Top-Kandidat beim BVB sein. Nun könnte die Trainersuche in London für Unruhe in Dortmund sorgen.

Wenger gibt den Fans die Schuld an seinem Rücktritt

Nach dem 4:1 gegen West Ham, dem ersten Spiel seit Bekanntgabe seines Rücktritts, spricht Wenger über sein Aus nach 22 Jahren. Er macht keinen Hehl daraus, dass der immer grösser gewordene Vertrauensverlust der Fans ausschlaggebend für seinen Entscheid war. «Ich bin nicht amtsmüde. Ich glaube, dass dieser Klub überall auf der Welt respektiert wird, mehr als in England. Die Fans geben für mich aber nicht das Bild von Einheit ab, das ich mir in der ganzen Welt wünsche. Und das ist schmerzhaft», so Wenger. Seit der vergangenen Saison hatten sich immer mehr Anhänger vom langjährigen Erfolgscoach abgewandt und dies mit «Wenger out»-Plakaten zum Ausdruck gebracht.

Er wolle für keine dummen Schlagzeilen sorgen, «aber wenn meine Persönlichkeit dem entgegensteht, was unser Klub braucht, dann ist das wichtiger als ich selbst. Im Sport gibt es Siege und Niederlagen. Ihr werdet akzeptierten müssen, dass Spiele gewonnen und verloren werden, auch wenn ich nicht mehr hier bin». Wenger sagt, er könne verstehen, dass die Fans nicht glücklich waren. «Damit muss ich leben. Ich weiss nicht, ob es dem Klub geschadet hat, aber es passte nicht dazu, wie der Klub weltweit wahrgenommen werden soll.»

Wechsel zu Dortmund?

Ob der 68-Jährige schon nächste Saison ein anderes Team trainieren möchte, ist noch unklar. «Es ist eine neue Situation für mich», sagt Wenger. «Ich weiss noch nicht, wie es jetzt weitergeht.» Gemäss dem französischen TV-Sender «Telefoot» soll Borussia Dortmund aber bereits Interesse beim Noch-Arsenal-Coach, der übrigens fliessend Deutsch spricht, angemeldet haben. Berichten zufolge sucht auch der BVB einen neuen Trainer. Dass Peter Stöger den Klub im Sommer verlassen muss, ist laut der «Bild» beschlossene Sache.

Zumindest von der Philosophie her ist Dortmund ein ähnlicher Klub wie Arsenal. Auch beim BVB könnte Wenger mit einem jungen Team arbeiten, wie dies in London über all die Jahre immer der Fall war. Es wird angenommen, dass der Franzose auch das eine oder andere Angebot aus Asien erhalten wird. Vor seinem Engagement bei Arsenal war Wenger in Japan bei Nagoya Grampus tätig.

Happy End mit Europa-League-Sieg?

Seit 1998 ist Arsène Wenger Trainer bei Arsenal und mit drei Meistertiteln und sieben FA-Cup-Siegen der erfolgreichste Coach der Klubgeschichte. Nachdem er in der vergangenen Saison aber mit den Gunners erstmals die Champions League verpasste, hatte er seinen Kredit bei vielen Fans verspielt.

Aktuell befindet sich Arsenal auf dem sechsten Platz und wäre damit für die Europa League qualifiziert. Der Weg in die Champions League ist bei elf Zählern Rückstand auf Rang vier und noch vier ausstehenden Partien über die Liga praktisch unmöglich. Ein Hintertürchen bietet die Europa League: Als Sieger kämen die Londoner, die im Halbfinale auf Atlético Madrid treffen, noch in die Königsklasse.

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